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Der Meisterdieb

Der Meisterdieb

Titel: Der Meisterdieb Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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geherrscht hatten, breitete sich erwartungsvolle Stille aus. Arruf wäre es lieber gewesen, er befände sich auf einem Hafenmarkt Sarphands.
    Der Sarpha winkte. Er war mehr oder weniger der Herr über fünfhundert mal tausend Menschen.
    Arruf schritt näher an den Thron heran und blieb vor dem Podest stehen. »Hier bin ich«, sagte er.
    »Eine überflüssige Bemerkung. Noch sehen meine Augen gut. Du weißt, warum du hier bist, ich weiß es, wir alle wissen es. Es ist beschlossen worden, dich in den Adelsstand zu erheben und dir, damit du mit deinem… nun, schändlichen Treiben aufhörst, ein gut bezahltes Amt zu geben.«
    Arruf antwortete nach einer kurzen Pause, in der er eine Reihe erstaunter Ausrufe, zustimmender Bemerkungen und ein hämisches Gelächter registrierte, ohne die Spur von Sarkasmus: »Beides, Herr, ehrt mich mehr, als du dir vorzustellen vermagst. Aber ich kann weder das Amt noch die Ehrung annehmen.«
    Verwundert erhob sich der Sarpha halb von seinem Sitz. Dabei wurde trotz der geringen Beleuchtung deutlich, dass er alles andere als ein kraftsprühender Mann voller Energie und Tatkraft war.
    »Nein? Darf man den Grund erfahren?« grollte er.
    »Der Grund ist klar und einfach«, sagte Arruf leichthin. »Als Meisterdieb von Sarphand kann ich nicht garantieren, dass ich das Amt, welches auch immer, auch nur annähernd ehrlich ausübe. Und Frauen und Männer, die ihre Ämter ohne die erforderliche Ehrlichkeit ausüben, kennt diese Stadt übergenug.«
    Das Schweigen, das jetzt herrschte, war eisig und ließ erkennen, dass alle Anwesenden mit einem Wutausbruch und darauf folgender harter Bestrafung rechneten. Aber selbst zu Arrufs Verwunderung begann der Sarpha ein keuchendes Lachen auszustoßen, das seine schwammige Gestalt erzittern ließ.
    »Deine Antwort gefällt mir«, ächzte er, nachdem er sich mühsam wieder beruhigt hatte. »Sie ist ehrlich.«
    »Selbst Diebe können ehrliche Antworten geben«, pflichtete ihm Arruf bei. »Du anerkennst meine Gründe, Sarpha Yahid?«
    »Du hast mein Herz gewonnen. Also kein Amt, keine Ehrung! Aber der Sarpha von Sarphand wünscht sich, dass du deine Aktivitäten und diejenigen deiner Freunde anderen Städten und anderen Personen angedeihen lassen mögest. Kannst du das versprechen?«
    »Ich bin fast überfordert«, bekannte Arruf und senkte den Kopf, »aber ich werde versuchen, dieser Empfehlung Folge zu leisten.«
    Er wusste, dass er durch diesen huldvollen Akt der Gnade innerhalb der Stadt so gut wie unangreifbar geworden war. Seine Feinde waren, wenigstens für die nächste Zeit, in ihren Absichten gelähmt. Allerdings: Verließ er die Stadt, würde man alles versuchen, ihn unschädlich zu machen. Schon heute wusste er von einem halben Dutzend Männern, die auf seinen Kopf Prämien von erstaunlicher Höhe ausgesetzt hatten. Ausnahmslos befanden sich diese ehrenwerten Herren zwischen dem Thron und dem Eingang der Halle.
    »Es würde dein Leben verlängern und mein Leben angenehmer machen. Du darfst dich zurückziehen, Arruf. Der nächste Besuch an dieser Stelle wird weniger angenehm sein… für dich allerdings unangenehmer als für mich.«
    »Herr«, antwortete Arruf, und niemand erkannte, wie er es meinte, »deine Güte und Nachsicht lassen mich schwindlig werden.«
    Der Sarpha deutete auf den Ausgang und bemerkte ironisch: »Dann sieh zu, dass du nicht über die vielen Stufen stolperst. Der Fall von hier oben bis in die Höhlen der Diebe ist tief, und nur die besten Männer vermögen ihn zu überstehen.«
    »Ich weiß, Sarpha«, meinte Arruf, verbeugte sich knapp und verließ ruhig den Saal. Seine Freunde folgten ihm und beobachteten die Umstehenden sehr sorgfältig.
    Jetzt hatte er alles erreicht, was ihm Sarphand bieten konnte. Arruf aber wollte mehr. Er wollte die Macht. Zwar war er als Herrscher über die Diebesgilde der König eines Reiches der Macht. Zwar öffneten sein Lächeln, seine verbindlichen Manieren und seine Freigebigkeit ihm die Tür zu nahezu jedem Frauengemach, und über die Körper der Frauen erreichte er die Geldsäcke der Männer, doch nun hatte er keine Geduld mehr.
    Er wollte an die Macht, und er wollte es schnell.
    *
    Als Nachspeise brachten die Dienerinnen eine Mischung aus prickelndem weißem Wein, der mit gefrorenem Saft unbekannter Früchte gebunden war und in dem winzige Stückchen süßer Früchte schwammen. Arruf-Luxon hob seinen Becher und sagte: »Jetzt weißt du, mein sonnenhaariger Liebling, wie mein Leben bis vor etwa

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