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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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tragenden Ziegelfundamente, und wegen der Böschung beiderseits des Brückenbogens fiel die Erhebung im Gelände nicht auf.
    Als Junge hatte Josh jeden Winkel von Manhattans grüner Lunge durchstöbert, unter anderem auch diese Ecke hier. Mit der Wiederentdeckung der Bogenbrücke bei seinen ersten Wanderungen zur Stiftung in den vergangenen Monaten hatte er allerdings festgestellt, dass sie für ihn als Auslöser diente. Mehrmals hatte er, wenn er daran vorbeikam, Zeitensprünge erlebt, die ihn ins späte 19. Jahrhundert versetzten – in Begegnungen mit einem jungen Mann namens Percy Talmage. Er und seine Schwester Esme kamen häufig hierher. Zuerst als Kinder, um zu spielen, und später dann als Heranwachsende, um den unerträglichen häuslichen Verhältnissen zu entfliehen. Anders als Josh mussten sie nicht den halben Park durchstreifen, um zur Bogenbrücke zu gelangen. Nein, die Geschwister Talmage gelangten dorthin über einen versteckten, in den Fels gehauenen Durchgang, der zu einem Stollen führte. Und dieser wiederum verband den Central Park mit ihrem Elternhaus, exakt dem Gebäude, das nunmehr die Stiftung beherbergte.
    Bei ihrer ersten Begegnung war Malachai völlig baff gewesen, als Josh ihm berichtete, er kenne Percy und Esme. Dr. Talmage hingegen nahm das schon weniger erstaunt zur Kenntnis. Was Reinkarnationserlebnisse und Gegenwartsereignisse anging, gab es nach ihrer Ansicht keine Zufälle. Dass Josh aber auch den Stollen beschreiben konnte, hatte sogar sie in Erstaunen versetzt. Weder in den Bauunterlagen der Villa noch in den Entwürfen des Parks fanden sich Hinweise auf diesen unterirdischen Geheimgang, der irgendwann in den frühen Zwanzigerjahren eingestürzt war und geschlossen werden musste.
    Josh hatte mehrmals versucht, den Tunneleingang in der Nähe der Brücke aufzuspüren, allerdings vergeblich. Dagegen waren Percys Erinnerungen an gemeinsam hier verbrachte Tage mit Esme weniger schwer zu finden.
    Als Josh den Kopf um den Türpfosten steckte, führte Malachai gerade ein Telefongespräch. Er winkte ihn trotzdem herein und wies auf einen Stuhl.
    Während Josh auf das Ende des Telefonats wartete, fiel ihm auf Malachais riesigem Schreibtisch ein antiquarisches Buch auf. Im Schein der Tischleuchte konnte er den in Goldlettern geprägten Titel lesen: “Bahnbrechende Entwicklungen bei der Entdeckung von Leben zwischen den Welten.”
    Als er das Buch aufschlug, war ihm fast so, als würde es seufzen. Wie lange mochte es her sein, dass diese Seiten das letzte Mal durchgeblättert worden waren?
    Bahnbrechende Entwicklungen
bei der Entdeckung von Leben zwischen den Welten
Von Christopher Drew
1. Ausgabe 1867
Verlag Ackitson and Kidd
New York City
    Die erste Seite wies zwar einen erheblichen Wasserschaden auf, aber die Einleitung ließ sich trotzdem problemlos lesen.
    “Nie zuvor in der Geschichte der Menschheit hat es ein weniger spirituelles Zeitalter gegeben. Nie zuvor haben wir der Seele so wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Nie zuvor waren wir mehr von der materiellen Welt besessen und weniger mit der metaphysischen verknüpft. Das Ergebnis ist eine Generation von Unglücklichen, die ihre Schwermut hinter Machtstreben und materiellem Reichtum verbergen. Die Frage, wer wir sind, lässt sich nicht stellen, ohne dass wir darüber nachsinnen, wer wir waren. Tun wir dies nicht, so verzichten wir auf das Wissen von vergangenen Dingen, auf Erkenntnisse, welche Auswirkungen auf unsere Zukunft haben. Dieses Buch hat sich zum Ziel gesetzt, dem geneigten Leser bei der Entdeckung seiner Vergangenheit zu helfen, auf dass er …”
    “Entschuldige, hat ein bisschen gedauert”, bemerkte Malachai und legte den Hörer auf. “Wie war der Rückflug?”
    Josh setzte ihn ins Bild und stellte ihm dann dieselbe Frage.
    “Ich habe eine Schlaftablette genommen und von Gladiatoren geträumt.” Malachai lächelte und schenkte Josh ungefragt einen Kaffee ein. “Du siehst aus, als könntest du eine Dosis Koffein vertragen.”
    Josh nippte an dem dampfenden Gebräu, ohne darauf zu achten, dass er sich die Lippen verbrühte. Malachai hatte recht. Ein Kaffee kam jetzt genau richtig. “Wir hätten nicht abreisen dürfen”, klagte er mit gepresster Stimme. “Wären wir noch geblieben, hätten wir eventuell herausgekriegt, wer hinter dem Grabraub steckt und wo die Steine sind. Und Tatti hätte uns vielleicht verraten, wo …”
    Malachai ließ ihn nicht ausreden. “Wir waren in einem fremden Land, Josh. Zwei Tote! Dich

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