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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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Sturms zu begeben. Er hatte dieselben Vorahnungen wie Rachel. Würden er und die Frau, die vormals Sabina gewesen war, wiederholen, was sie einander angetan hatten? Und wieso erfüllte ihn der Gedanke an ein mögliches Wiedersehen mit Grausen statt mit gespannter Erwartung?
    Seit seiner Tätigkeit in der Stiftung hatte er etliche der älteren Kinder, die von Malachai und Dr. Talmage betreut wurden, von diesen Ängsten berichten hören. Sie manifestierten sich in den gepeinigten Blicken, in denen das quälende Bedürfnis lag, die Vergangenheit zu erforschen. Sie manifestierten sich in Joshs Spiegelbild und jetzt in Rachels Augen.
    Als sie die Hand hob, um die nun aufs Neue fließenden Tränen abzuwischen, entblößte sie ihr Armband, einen Ring aus massiven goldenen Kettengliedern, eigentlich zu wuchtig für ihr zerbrechliches Handgelenk. An den Gliedern selbst hingen ovale Edelsteine in schillernden Farben, die das durchs Fenster fallende Sonnenlicht so stark reflektierten, dass es Josh vorübergehend blendete.
    Überwältigt vom Duft von Jasmin und Sandelholz, rang er blinzelnd nach Luft. Die Lichter waren verschwunden, mit ihnen das Gefühl und der Duft. Übrig blieb allein Rachel, die ihn mit bangen Augen beschwörend ansah.

44. KAPITEL
    D r. Talmage saß hinter ihrem Schreibtisch, sodass man den Rollstuhl nicht bemerkte. Wenn man sie so sah, wäre man nie darauf gekommen, dass sie an MS litt. Ihre zeitlose, mit Zielstrebigkeit und Intelligenz gepaarte Eleganz erinnerte Josh an ein Bild des amerikanischen Porträt-Malers John Singer Sargent, das im Metropolitan Museum of Art hing.
    Von Haus aus Kinderchirurgin mit zwei weiteren Doktortiteln in Theologie und Psychologie, hatte sie vor dreißig Jahren, im Alter von erst fünfunddreißig, ihren Beruf als Ärztin aufgegeben, um mit ihrem Vater diese Stiftung zu betreiben. Inzwischen war sie bekannt für ihre Arbeit mit Tausenden von Kindern, die Reinkarnationserlebnisse hatten.
    “Ich kann mir vorstellen, Josh, wie gern Sie dieser Dame helfen möchten, aber es kommt nicht infrage.” Dr. Talmage war dünn bis zur Zerbrechlichkeit, und ihre Beine waren vermutlich zu schwach, um ihr Gewicht zu tragen. Doch wenn sie sprach, strahlte ihr gesamtes Wesen eine Kraft und eine Energie aus, die über jede Krankheit hinwegtäuschten. “Die Verantwortung können wir einfach nicht übernehmen”, ergänzte sie mit einem Nachdruck, der darauf schließen ließ, dass sie das Gespräch als beendet ansah.
    Josh hingegen war noch nicht fertig. Er hätte Rachel ja auf eigene Faust geholfen, außerhalb der Stiftung, wenn er sich für qualifiziert genug gehalten hätte. Was aber, wenn er sie hypnotisierte und dabei etwas schiefging?
    “Die Verantwortung ist doch nicht das Problem”, wandte er ein, womit er die Auseinandersetzung nicht nur fortsetzte, sondern verschärfte. “Ihnen geht es mehr um Ihre Anerkennung in der wissenschaftlichen Welt als darum, Menschen zu helfen.”
    “Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden.”
    “Oh doch!”
    Sie rollte sich hinter dem Schreibtisch hervor und steuerte auf Josh zu. Zwei hektische hellrote Flecken erschienen auf ihren Wangen. “Sie kommen hier reingeschneit und wollen mir erzählen, wie ich meine Stiftung zu leiten habe? Haben Sie etwa schon mal einen Vortrag vor Kollegen gehalten und sich das hämische Gekicher hinter Ihrem Rücken anhören müssen? Ich habe zwanzig Jahre gebraucht, bis man mich endlich toleriert hat und meine Veröffentlichungen liest. Also, Sie sehen das völlig richtig: Ich habe keine Lust, mich mit Erwachsenen abzugeben, die meinen, sie wären in einem früheren Leben die Königin von Ägypten gewesen. Haben Sie eine Ahnung, wie viele Menschen in der Weltgeschichte herumlaufen, die sich größenwahnsinnige Vorlebensfantasien zusammenspinnen? Wie sollen wir denn bitte Ihrer Meinung nach feststellen, wer zurechnungsfähig ist und wer ein kleines bisschen durchgeknallt?”
    “So, wie Sie es mit mir gemacht haben.”
    “
Ich
habe Sie nicht als Patienten aufgenommen, sondern mein Neffe. Ich habe Ihnen nur meine Bibliothek zur Verfügung gestellt. Als Gegenleistung dafür, dass Sie eine Fotoreportage über unsere Arbeit anfertigen. Deswegen sind Sie noch lange nicht mein
Projekt
.”
    Josh zuckte zusammen, ließ sich jedoch nicht beirren. “Sie haben recht. Geholfen haben Sie mir nicht. Auch so eine Unterlassung. Herrgott noch mal, Sie sind ein wandelndes Lexikon von Reinkarnationstheorien, aber Sie thronen da wie ein

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