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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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seiner Recherche; er seinerseits konnte es kaum erwarten, sie ihr zu zeigen, glaubte er doch, seine Entdeckungen würden zumindest ein Hoffnungsschimmer für sie sein. Sie ließ ihn nicht aus den Augen, als er den Rucksack öffnete und den braunen Umschlag herauszog. Wie ein bettelndes Kind streckte sie ihm die geöffneten Handflächen hin, und er legte ihr einen Stein nach dem anderen hinein: einen Smaragd, dann noch einen, einen Saphir, einen dritten Smaragd, wieder einen Saphir und einen Rubin. Die Juwelen wie ein Baby an die Brust gepresst, sackte Gabriella zu Boden und brach in Tränen aus.
    Josh kniete neben ihr nieder, nahm sie in die Arme und ließ sie weinen. Binnen fünf Minuten hatte sie ihre Fassung wiedergewonnen und war die Entschlossenheit in Person. “Wir müssen sie fotografieren”, murmelte sie. “Sofort. Und dann an Rollins mailen. Er wartet darauf. Er hat bis jetzt gebraucht, um die anderen sechs zu entschlüsseln. Ich weiß nicht … Und wenn die hier nun ganz andere Zeichen haben? Die er nicht …” Sie brach ab und biss sich auf die Unterlippe, die schon blau angelaufen war.
    “Ich habe meine Fotoausrüstung mitgebracht. Die kann ich im Wohnzimmer aufbauen, und dann sind die Fotos in zehn Minuten fertig.” In ihren Augen stand keine Erleichterung, höchstens ein Nachlassen der Panik. Immerhin etwas!, durchzuckte es ihn.
    Nachdem Josh die Edelsteine aus verschiedenen Winkeln aufgenommen hatte, schickte Gabriella die Fotodateien per E-Mail an Rollins. Innerhalb einer Viertelstunde rief er zurück, um ihr mitzuteilen, dass alles wohlbehalten angekommen sei. Er wollte sich unverzüglich an die Arbeit machen.
    Nach dem Telefonat wirkte Gabriella allerdings noch ausgelaugter als zuvor bei Joshs Ankunft. “Stimmt was nicht?”, fragte er sie.
    “Auf diesem zweiten Satz sind die Zeichen wohl anders. Keine Wiederholung der ersten Gruppe. Er wird die ganze Nacht brauchen, um sie zu dechiffrieren. Wenn er es überhaupt so schnell schafft …” Wie so oft in letzter Zeit, blieb auch dieser Satz unvollendet in der Luft hängen.
    “Er schafft das, Gabriella.”
    “Meinst du?” Sie wirkte alles andere als überzeugt. “Aber du kannst es nicht wissen! Keiner von uns kann das. Ich halte das nicht mehr aus! Ich fühl mich so furchtbar machtlos. Sie ist doch meine Tochter! Könnte ich doch irgendetwas tun, um sie zu retten …” Sie fuhr sich mit der Hand durch ihre wirre Mähne. “Großer Gott!”, stöhnte sie. “Wenn ich nur etwas tun könnte … Irgendetwas …”
    “Aber du hast doch etwas getan! Du hast den einzigen Menschen aufgetrieben, der dir helfen kann. Er wird dich nicht hängen lassen! Hör mal, ich …”
    Bisher hatte sie ihn nicht angeschaut, doch nun wandte sie sich ihm zu. Der Ausdruck in ihren Augen war ihm vertraut. Er hatte ihn im Nahen Osten gesehen, wenn er Mütter fotografierte, deren nichts ahnende Kinder Terroranschlägen zum Opfer gefallen waren. Es war eine andere Trauer als bei den Müttern von gefallenen Soldatinnen oder Soldaten. Die konnten sich an den Gedanken klammern, dass ihre Kinder eine Art Heldentod gestorben waren – ein Trost, so zuverlässig wie die seidenen Fäden von Spinnweben, die zwar zart und zerbrechlich wirken, in Wirklichkeit aber unglaublich haltbar sind und zäh.
    “Nimm erst mal eine Dusche. Ich mache uns derweil einen Drink und einen Happen zu essen. Du hast doch sicher seit Stunden nichts mehr in den Magen bekommen, oder?”
    “Du kannst kochen?” Um ein Haar hätte sie gelächelt.
    “Überrascht?”
    “Irgendwie schon.”
    “Erwarte kein Cordon bleu, aber wenn du ein paar Eier hättest, könnte ich …”
    “Ich glaube nicht, dass ich überhaupt einen Bissen herunterbekomme …”
    “Keine Widerrede. Du musst etwas essen, sonst nützt du morgen niemandem was. Also, wo ist die Küche?”
    Auf dem Weg dorthin erzählte er ihr, dass Malachai vorhatte, ihnen am nächsten Tag zu folgen.
    “Und wenn sie uns beschatten?”, fragte sie, die Stimme aufs Neue gepresst vor lauter Nervosität. “Wenn er einem von ihnen auffällt?”
    “Malachai sieht sich bestimmt vor. Es ist ja nur eine Vorsichtsmaßnahme. Stell dir vor, mir passiert was? Dann wärst du ganz allein mit diesem Monster.” Er streichelte ihr über die Wange. “Los, ab nach oben mit dir.”
    Sie rührte sich aber noch nicht vom Fleck. “Wenn das alles vorbei ist … und Quinn wieder zu Hause … bei mir – dann finde ich vielleicht die Worte, um mich angemessen bei dir zu

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