Der Memory Code
sind.”
“Aber wie wollt ihr garantieren, dass die Kinder nicht vorher programmiert wurden oder ihre Geschichten eingetrichtert bekamen? Oder dass sie sich die nicht einfach zusammenspinnen? Etwa unter dem Einfluss von dem, was sie im Fernsehen vorgesetzt bekommen? Kinder verstehen das, was sie hören, schon lange bevor sie richtig sprechen oder sich artikulieren können. Vielleicht haben sie Eltern, die an Vorlebenserlebnisse glauben und sich vor den Sprösslingen darüber unterhalten – auch vor Säuglingen oder Kleinkindern.”
“Gut möglich. Bei uns geht es ja nicht um materielle Dinge, die wir konkret analysieren können. Zuweilen müssen wir uns einfach auf unsere Ausbildung verlassen, auf unsere Erfahrung.” Er führte die Kaffeetasse zum Mund, schlürfte kurz daran und stellte sie wieder ab. “Da kommt noch was, stimmt’s? Du stellst nämlich immer mehr Fragen, als ich Antworten parat habe.”
“Beryl beschreibt da den Fall einer Mutter, die davon überzeugt ist, dass ihre Tochter die Reinkarnation eines anderen Kindes ist, das schon in frühem Alter gestorben war.”
“Ich erinnere mich.”
“Vielleicht war die Mutter so gramgebeugt, dass sie die Geschichte einfach erfunden hat und nun behauptet, in dem zweiten Mädchen sei die Seele der toten Tochter. Und …”
Malachai kniff die Lippen zusammen – kaum merklich zwar, aber doch so, dass es Josh auffiel. “Was ist?”
“Nichts”, erwiderte der Psychologe und forderte Josh auf, weiterzureden.
Josh hätte zwar gern gewusst, ob Malachai wohl ein Problem mit dem gerade besprochenen Fall hatte, aber er nahm seinen Freund beim Wort und den Faden wieder auf.
“Wäre doch denkbar, dass die Mutter der Kleinen von der verstorbenen Schwester erzählt hat, oder? Und das Mädchen hat sich dann eingebildet, seine Mami wäre glücklicher, wenn es sich genau so verhält wie das tote Geschwisterchen in den Berichten der Mutter. Und wenn diese Kinder so etwas Ähnliches auch auf andere Weise erfahren haben – könnte es dann nicht bei mir genauso sein? Dass ich die Geschichten, die ich in meinen Visionen sehe, mal irgendwie erfahren haben könnte?”
“Natürlich gibt’s auch andere Möglichkeiten.”
“Wäre es vorstellbar, dass das alles bloß auf Wunschdenken beruht?”
“Durchaus.”
“Ist das deine ganze Antwort?”
“Vorläufig. Falls nötig, können wir darauf zurückkommen. Wie lautet deine nächste Frage?”
“Die Mehrzahl der Fälle, die ihr in der Stiftung untersucht, stammt aus Ländern und Kulturen, in denen Reinkarnation zum Glaubenssystem gehört. Wie kommt das?”
“Es fällt den Menschen schlicht und ergreifend leichter, darüber zu sprechen, wenn sie wissen, dass sie deswegen nicht geächtet werden. In Indien beispielsweise wird ein Kind, das über sein Vorleben spricht, ernst genommen. In Amerika bekommt es dagegen zu hören, es habe sich da was ’eingebildet’. Hierzulande können oder wollen die meisten Menschen Erinnerungen an ein Vorleben nicht als solche erkennen, wenn sie damit konfrontiert werden. Und warum nicht? Weil sie sich nicht der Möglichkeit bewusst sind, dass sie damit ihr wahres Wesen erfassen können. Und da wir schon über Möglichkeiten reden: Wir kommen nicht daran vorbei, dass Wiedergeburt möglicherweise existiert. Nimm zum Beispiel folgende Frage: Im Alten Testament steht geschrieben, dass Moses Stimmen vernahm, die ihm sagten, was er tun soll. Wenn es sich dabei nicht um eine Metapher handelt – und eine ganze Menge Menschen gehen davon aus –, war Moses dann verrückt, oder verfügte er über hellseherische Fähigkeiten? Ich gebe dir noch ein Beispiel: Das Christentum fußt auf der Auferstehung Jesu. Für Millionen von Menschen ist dies buchstäblich die frohe Botschaft. Was aber sagt uns das über die Apostel, die Zeugnis von der Auferstehung ablegten? War ihnen tatsächlich jemand erschienen, der tot im Grabe lag? War es Wunscherfüllung? Oder eine mystische Erfahrung? Und so könnte ich endlos weitermachen, Josh. Nahezu jede Religion basiert auf Erfahrungen, die wissenschaftlich nicht zu erklären sind. Hat deswegen jeder religiöse Mensch von vornherein unrecht?”
“Das nicht, aber der Glaube könnte auch ein Allheilmittel sein.”
“Sicher könnte er das sein, kann er das sein. Du bist nicht der Erste, der so argumentiert. Wenn es zwei gleichwertige Theorien gibt, nimm die einfache … Ja, sicher, damit könnte man unserem Problem zu Leibe rücken.”
“Ich will nur einen
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