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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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gesehen?”
    “Ich nicht, aber Professor Chase schon. Wäre sie nicht eher geeignet, Ihnen bei Ihren Ermittlungen zu helfen?”
    Tatti überhörte die Frage. “Woher wussten Sie, dass der Inhalt der hölzernen Schatulle gestohlen worden war?”
    “Weil nach dem Überfall die Holzreste auf dem Boden lagen. Dadurch bin ich erst darauf gekommen.”
    “Aber was in dem Kästchen war – das haben Sie nicht zu Gesicht bekommen?”
    “Nein.” Verdammt und zugenäht, das war nun mal die Wahrheit. Er hätte sie ja nur zu gerne gesehen, die Steine!
    “Sie sind doch beide für eine New Yorker Stiftung tätig, nicht wahr?”
    Josh nickte, Malachai bejahte.
    Der Commissario trank seinen Espresso aus und sog wieder genüsslich an seiner Zigarette. “Bei unserer ersten Vernehmung, Mr. Ryder, da sagten Sie aus, Sie seien Fotograf von Beruf, und Sie Psychologe, Mr. Samuels. Da Sie aber beide diesbezüglich nicht sehr gesprächig waren, habe ich eine Mitarbeiterin ein wenig recherchieren lassen. Und siehe da, auf einmal weiß ich, was Sie da fotografieren und woran Sie arbeiten.” Seine Augen sprühten vor Vergnügen; erneut blies er den Qualm durch die Nase. Oh ja, er war sichtlich stolz auf seine polizeiliche Cleverness. Am liebsten hätte Josh seine Seifenblase platzen lassen und ihm an den Kopf geworfen, so etwas könne jeder x-Beliebige im Internet nachschlagen. Dann hätte er in knapp zwanzig Minuten das Ergebnis.
    “Außerdem …”, knurrte Tatti, indem er sich vorbeugte und durch den Zigarettenqualm linste, “steht inzwischen für mich fest, dass es eine Verbindung gibt zwischen Ihrem Auftraggeber und dem Raubgut aus der Krypta. Wozu sollten Sie sich sonst in Rom aufhalten, Mr. Ryder? Warum hätte die Story von der Ausgrabung Sie in unsere schöne Hauptstadt führen sollen, wenn die Geschichte nicht etwas mit Ihrem Forschungsgebiet zu tun hätte?”
    Josh gab keine Antwort. Die Frage war sowieso rhetorisch, und dem Commissario jetzt auch noch zusätzliche Informationen zu liefern, wäre ihm nicht im Traum eingefallen. Offenbar dachte Malachai ähnlich, denn auch er schwieg sich aus.
    “Sagen Sie mal: was Sie da erforschen, diese Reinkarnation – ist das nicht antireligiös?”
    “Wohl kaum”, bemerkte Malachai. “Die religiösen Führer des Abendlandes haben nur geflissentlich vergessen, dass Reinkarnation bis vor sechshundert Jahren zur Theologie gehörte, auch zur jüdischen und christlichen, wohlgemerkt. Für das Judentum stellt die Wiedergeburt keine große Bedrohung dar, weswegen sie auch nicht bekämpft wird. Der katholischen Kirche hingegen ist sie nicht geheuer; die Vorstellung des Karmas wird als Gefahr empfunden, weil die Amtskirche einen Machtverlust befürchtet. Nach ihrer Auffassung ist allein der Klerus berechtigt, von Sünden freizusprechen und den Weg in den Himmel zu bahnen. Dass der Mensch selber Macht über seine Seele besitzt, zumal auch noch in nacheinanderfolgenden Lebzeiten, dass er ohne geistlichen Beistand ins Nirwana gelangen könnte – das ist für die Kirche unvorstellbar.”
    Josh wurde immer unruhiger. Das Ganze dauerte ihm zu lange. Er wollte zu Gabriella. “Was hat das Thema Wiedergeburt denn mit Ihren Ermittlungen zu tun, Commissario?”
    “Nach meinem Gefühl mit dem, was Sie in der Krypta zu finden hofften, Signor Ryder. Mr. Samuels, würden Sie bitte anfangen? Auf Mätzchen können wir verzichten. Was wollten Sie sich in Rom anschauen?”
    Malachai verfügte über ein fotografisches Gedächtnis. Schon über fünfzehn Jahre forschte er nun auf dem Gebiet der Reinkarnation, war wie besessen von Tod und Totenkulten, von Legenden und Mythen, von Glauben und religiösen Riten. Minutenlang unterhielt er Tatti mit Anekdoten über Leichenfunde, bei denen der Tote ohne jede Einbalsamierung begraben und doch mehr oder minder unversehrt freigelegt worden war. Solche unverwesten Leichen, so seine Erklärung, seien in bestimmten Religionen von immenser Bedeutung und würden als an Wunder grenzende Phänomene angesehen.
    “Wussten Sie beispielsweise, Commissario, dass ein nicht vermoderter Leichnam in der katholischen Kirche oft als eines der Zeichen für Heiligkeit betrachtet wird?”
    “Na, und ob ich das weiß. Ich bin ja schließlich Römer und Katholik!” Tatti wurde allmählich ungeduldig. “Was hat denn das alles mit Ihrem Aufenthalt hier zu tun?”
    Malachai bedachte ihn mit einem überraschten Blick. “Na, wir wollten natürlich die Tote begutachten.” Als hätte es in

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