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Der Memory Code

Der Memory Code

Titel: Der Memory Code Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M.J. Rose
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darauf. Aha, anscheinend gut gefüllt. Prima. Er enttäuschte seine Auftraggeber nur ungern, zumal er sich bereits einen bösen Schnitzer geleistet hatte.
    Jetzt brauchte er sich bloß noch nach der Frühmesse mit dem amerikanischen Padre vor dem Petersdom zu treffen. Das hieß zwar, im Wagen zu nächtigen, aber das machte ihm nichts aus. Hauptsache, er verpasste seine Belohnung nicht. Der Pfaffe hatte nämlich versprochen, sich nicht lumpen zu lassen, was die Bezahlung anging.
    “Sie haben sich eine großzügige Aufwandsentschädigung redlich verdient”, so der Geistliche bei der letzten Zusammenkunft, als er Marco den gewünschten Vorschuss aushändigte. “Es handelt sich um ein Verbrechen gegen unseren Herrn Jesus Christus. Auf den ersten Blick mag es ja wie eine Bagatelle aussehen – ein kaputtes Fenster, ein paar Akten –, doch weit gefehlt. Es geht um Gotteslästerung, um Auflehnung gegen den Willen des Allmächtigen. Ja, nichts Geringeres als unsere ewige Seligkeit steht auf dem Spiel.”
    Mit demütig geneigtem Haupt hatte Marco sich von Father Dougherty segnen lassen und dann mit ihm besprochen, wie die Sache ablaufen sollte.

32. KAPITEL
    E s ist das Geheimnis der Welt, dass alle Dinge fortbestehen und nicht sterben, sondern nur vorübergehend von der Bildfläche verschwinden, um danach wiederzukehren. Nichts ist tot; die Menschen stellen sich tot und tun so, als ließen sie sich begraben. In Wirklichkeit stehen sie da und schauen aus dem Fenster, kerngesund und quicklebendig, in einer merkwürdigen neuen Verkleidung
.
– Ralph Waldo Emerson –
     
    Rom, Italien – Donnerstag, 07:20 Uhr
    Josh wachte auf, weil das Telefon klingelte. Aber er nahm nicht ab. Die Visionen des alten Roms, die Unterredung mit Lucas – all das erschien ihm realistischer als das Hotelbett, in dem er lag. Auch seine Kopfschmerzen waren wirklich. Nein, der mit den Kopfschmerzen, das war Julius gewesen, und zwar im Traum. Josh selber konnte unmöglich welche haben.
    Er wälzte sich auf die andere Seite, schloss die Augen und versuchte, sich wieder in die Vergangenheit sinken zu lassen, dorthin, wo er gerade gewesen war. Nach wie vor hatten Julius und Lucas unaufschiebbare Entscheidungen zu treffen, drohende Gefahren abzuwehren. Vor seinem geistigen Auge erschien die Szenerie, die er noch vor Minuten so deutlich gesehen hatte: der Horizont im zarten Rosa der Morgenröte, das Standbild des Augustus, die hohen Zypressen. Schließlich auch das Problem, welches einer Lösung bedurfte: Sabinas Rettung.
    Wie nur zurückfinden in die Antike? Oder war er ihm wieder entglitten, jener mentale Schwingungsgeber, der ihn mit seinen Traumgebilden verband? Als Josh sich die Augen rieb, merkte er, wie ihm die Finger wehtaten. Unter mühsam geöffneten Lidern hervor begutachtete er seine Hände: Die Hautabschürfungen, die er sich in dem Stollen zugezogen hatte, hatten sich tags zuvor verkrustet. Jetzt aber waren viele, zu viele, wieder aufgescheuert. Aus den hässlichen offenen Schrammen quoll Blut.
    Schlagartig fiel Josh die unmittelbare Gegenwart wieder ein, den vor Stunden erlebten Überfall, als er der Gejagte war und sein Jäger plötzlich selber zur Beute wurde.
    Vorsichtig, um nicht an die fingerlange Platzwunde zu stoßen, wischte er sich das Haar aus der Stirn. Verblüfft bemerkte er, dass er gar nicht verletzt war. Die eingebildete Beule gab es nur in seinem Zeitensprung. Allmählich hatte er das Gefühl, als drehe er durch. Wieso hatte er überhaupt daran gezweifelt? Das hier war kein Zickzackkurs mehr zwischen einem früheren Leben und dem, was er jetzt war. Nein, seine Psyche spielte verrückt – Folge des Selbstmordattentats vom letzten Jahr und jetzt noch verschärft durch die Attacken der jüngsten Zeit. Klar, genau so war es. Je eher er aus Rom abreiste und sich den endlosen Flashbacks entzog, desto besser für ihn.
    Nein. Bleib. Löse das Problem. Rette sie!
    Ihm war, als würde er durch ein viel zu enges Mauerloch gequetscht. Warum war er mit einer anderen Epoche verkettet? Mit einem anderen Ort? Mit Menschen, die doch schon lange tot waren? Sie waren kaum mit Worten zu beschreiben, die Qualen, die man aussteht, wenn man zurück in die Gegenwart gezwungen wird, obwohl man im Grunde der Seele weiß, dass man eigentlich unbedingt noch in der Vergangenheit verharren müsste. Weil man ahnt, dass ein geliebter Mensch zugrunde gehen wird, sofern man nichts unternimmt. Falls Julius nicht kam, um sie zu retten, musste Sabina

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