Der Mensch vom Mars. Roman.
reflektiert; dort gab es gewölbte glasige Einsätze, wie blinde Augen. Ein Schauer lief mir über den Rücken, und erleichtert schloß ich die Tür. Wir gingen paarweise durch den Korridor, der zum Aufzug führte.
»Was meinen Sie, Doktor, können sich die Strahlendosen summieren? Das heißt, wenn wir jetzt einige Minuten aussetzen oder eine halbe Stunde oder eine Stunde – wird die neue Strahlendosis, was die schädliche Wirkung angeht, sich zur ursprünglichen addieren?«
Der Doktor breitete die Hände aus.
»Ich weiß es nicht, lieber Professor, ich weiß gar nichts. Wenn eine Analogie zum Radium gegeben ist, dann müßte man längere Pausen einlegen – mindestens einige Tage.«
»Oh, schlimm«, murmelte der Professor. »Hier muß. man handeln, und zwar sofort.«
Nach einigen Minuten saßen wir in den bequemen Sesseln der Bibliothek. Erleichtert zog ich an einer Zigarette. Meine Muskeln zitterten noch immer von der Anstrengung: Wir hatten das unschädlich gemachte Ungeheuer allein in die Forschungskammer schleppen müssen, bevor es zu einer Remission gekommen war.
Der Professor zündete seine erloschene Zigarre an.
»Meine Herren, die Situation ist klar: Entweder wir lassen die Finger von unserem netten Gast und machen uns aus dem Staub – je weiter, desto besser – oder wir fangen zu handeln an, sofort, in diesem Augenblick. Eine dritte Möglichkeit sehe ich nicht – wenn wir nicht wollen, daß er uns hier unter den Fingern zergeht und wir uns in Atomstaub verwandeln.«
»Herr Professor, erlauben Sie«, begann Frazer. Sein Gesicht glänzte in der untergehenden Sonne. »Die einzige Möglichkeit, die ich sehe, ist die Zerlegung der Maschine in sichere Teile, oder das Abschalten des Behälters, d.h., des regulierenden lebenden Zentrums. Dieses Zentrum besitzt bekanntlich im Fenster einige kleine Öffnungen, die wahrscheinlich zum Atmen dienen – wenn dem nicht so wäre, hätten wir es nicht so schnell vergiften können. Ich wiederhole also, man muß die Maschine irgendwie abschalten ...«
»Dieser Versuch kommt einem Todesurteil gleich«, bemerkte der Professor still. »Wenn ich gefragt hätte, wer von den Herren versuchen würde, diese Operation unter der Leitung und nach den Anweisungen unserer beiden Ingenieure durchzuführen – wer hätte sich gemeldet?«
Ohne einander anzuschauen, standen alle Männer auf. Ich weiß selbst nicht, wie ich es fertigbrachte aufzustehen, doch in diesem Augenblick sah ich die auf uns gerichteten schwarzen, jetzt warm leuchtenden Augen des Professors.
»Ich danke Ihnen, meine Herren. Ich war mir dessen sicher. Doch ich werde Leben nicht vergebens aufs Spiel setzen. Herr Ingenieur, haben Sie einen Plan?«
Fink zeichnete fieberhaft etwas in seinen Notizblock. Er warf irgendwelche Formeln aufs Papier, bis er sich aufrichtete:
»Meine Herren, da ist es! Man muß Filmaufnahmen machen.«
»Aber das taugt nichts, habe ich schon gesagt, diese Strahlen werden gewiß den Film verbrennen.«
»Auch wenn es so sein sollte: Das macht nichts.« Fink schien von meinem Einwand gar nicht angetan zu sein. »Wir werden eine Reihe von Filmen belichten, indem wir sie an verschiedenen Stellen der Maschine ansetzen. Auf diese Weise werden wir erstens die strahlende Stelle finden und zweitens vielleicht eine zumindest blasse Ahnung von der inneren Struktur der Maschine bekommen.«
»Und wie?« fragte der Doktor.
»Ganz einfach: Die verschiedenen Teile des Apparates absorbieren die in seinem Inneren produzierten Strahlen in unterschiedlichem Ausmaß und ergeben auf dem Film, der an den Kegel angelegt wird, Schatten, die Röntgenschatten ähneln, und anhand derer wir möglicherweise die Umrisse des inneren Baues erkennen.«
Der Professor nickte.
»Herr Ingenieur, tun Sie das – sofort«, fügte er hinzu. »Jemand soll mit Ihnen gehen und durch die Spalte in der Panzertür kontrollieren, daß Ihnen nichts zustößt. Eine solche Kontrolle wird in Zukunft notwendig und obligatorisch sein ... Wir hingegen fahren fort.«
Da es schien, als wollte niemand die interessante Sitzung verlassen, meldete ich mich und folgte dem Ingenieur. Auf dem Weg zu der Kammer nahm er ein dickes Paket Filmrollen mit, das er mit mächtigen Bleiplatten verpackte. Sie wogen so viel, daß wir sie nur mit Mühe zum Bestimmungsort tragen konnten. Hier ließ mich der Ingenieur durch das Filter aus Bleiglas schauen, das in die Panzerplatte der Tür eingebaut war. Er selbst nahm einige Platten in die Hand und betrat
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