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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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die Kammer. Nachdem er die Bleihülle abgenommen hatte, belichtete er zuerst die eine, dann eine weitere Aufnahme und machte so weiter, indem er die Filme an immer anderen Stellen des schwarzen Kegels anlegte und systemisch in einer Spirallinie vorging. All das vollzog sich in absoluter Stille, die nur vom fernen leisen Ticken aus dem Inneren der Maschine unterbrochen wurde.
    Als der Ingenieur herauskam, bemerkte ich, daß sein Gesicht gerötet war. Wie mir schien, war das das erste Symptom einer schädlichen Strahleneinwirkung. Ich verlor jedoch kein Wort darüber, weil ich ihn nicht beunruhigen wollte, und folgte ihm ins Labor.
    Der Ingenieur ging mit mir in die Dunkelkammer. Die Reagenzien glucksten, und ein kleines rubinrotes Licht glühte. In den Mixern wirbelten Flüssigkeiten, aus dem Wasserhahn rann ein Strahl. Ich setzte mich auf einen Schemel. Eine gewaltige Müdigkeit überkam mich, und es schien mir, als hätte ich seit Monaten nicht mehr geschlafen. Als sich der Ingenieur aber über die Filme beugte, vergaß ich sofort Müdigkeit und Schlafmangel. Der Film zeigte im Licht eine kleine schwarze Stelle, etwas unklare parallele Streifen, in der Mitte selbst war er völlig verbrannt. Der zweite Film zeigte ein ähnliches Bild. Alle anderen, die ich nicht in die Hand nahm, waren verbrannt.
    »Alles umsonst, zum Teufel«, fluchte der Ingenieur. »Man muß es noch einmal versuchen. Wir werden lediglich die Belichtungszeit um die Hälfte verkürzen.«
    »Sie gehen nicht mehr, Ingenieur«, sagte ich, »jetzt bin ich an der Reihe. Sie haben genug – als Sie aus der Kammer kamen, war Ihr Gesicht gerötet, und Sie wissen, was das bedeutet.«
    Der Ingenieur protestierte, aber ich bestand darauf. Wir machten uns wieder auf, Platten zu holen, und ich betrat die Kammer mit dem neuen Vorrat. Ich gebe zu, daß ich mich im ersten Augenblick unwohl fühlte. Zum ersten Mal war ich mit unserem geheimnisvollen, todbringenden Gast allein – und sein Ticken, das manchmal einem schwachen menschlichen Röcheln ähnelte – oder war das nur ein Spiel meiner Phantasie – wirkte auch nicht gerade beruhigend.
    Ich legte schnell die Filme an, schaute auf die Stoppuhr und lief mit den belichteten Filmen aus der Kammer. Draußen nahm sie mir der Ingenieur ab. Als der letzte Film belichtet war, gingen wir in die Dunkelkammer.
    Und wieder diese sich dahinziehenden Minuten der Spannung. Die Platten glucksten in den breiten Schüsseln, Schatten waren zu sehen, verstärkten sich, wurden heller ... Zwei Filme waren verbrannt. Der Ingenieur überprüfte ihre Nummern, verglich sie mit dem Plan der Maschine und sagte:
    »Das radioaktive Zentrum liegt zwischen den beiden unteren glasigen Öffnungen. Dort sind diese beiden Platten verbrannt worden.«
    »Und die übrigen?« fragte ich und versuchte, ihm über den Arm zu schauen.
    »Noch einen Augenblick – ich füge ein Fixiermittel hinzu.« Die Stoppuhr tickte in der Dunkelheit, man hörte ein beschleunigtes Atmen. Endlich holte der Ingenieur die Platten aus dem Bad, und wir traten auf den Gang hinaus.
    »Nun die ersten: ein Geflecht von hellen und dunklen Streifen, irgendwelche Linien – und das – ist das nicht ein ovaler schwacher Schatten?«
    »Ja, aber das ist. Das ist ...«
    »Ja, das ist die Zentralbirne. Sie haben recht. Dieser Schatten weist darauf hin, daß sie für die Strahlen undurchdringlich ist. Das erklärt eines: daß die Wirkung der Emission für das in der Birne befindliche Plasma nur deswegen unschädlich ist, weil sie aus einem rätselhaften Stoff besteht, der diese Wellen nicht durchläßt.«
    Der zweite und dritte Film: weitere Einzelheiten in Form überlagerter Schatten, sich kreuzende dunkle und hellere Schatten ...
    »Diese schärferen«, erklärte mir der Ingenieur, »stammen von Kabeln oder Röhren, die knapp unter der Oberfläche liegen, wo Sie den Film angelegt haben, und diese verschwommenen von entfernten Teilen.«
    »Erkennen Sie etwas, finden Sie sich zurecht?« fragte ich leise.
    Der Ingenieur lächelte.
    »Sie haben eine allzu gute Meinung von meinem Wissen ... vorläufig weiß ich soviel wie Sie. Wir müssen einige Skizzen anfertigen.«
    Wir begaben uns ins Labor, wo Fink einen Bleistift zur Hand nahm und auf einem großen, auf einem Reißbrett aufgespannten Bogen Geraden und Kurven zu zeichnen begann. Er drehte die Filme in die verschiedensten Richtungen, bis endlich auf dem weißen Papier ein Konturengeflecht entstand, das in seiner Gesamtheit den

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