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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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die Metallhaube auf den Kopf und drückte mir einen Zettel in die Hand. Darauf standen einige Sätze; ein Paket numerierter Photos war beigefügt.
    Zunächst sollte ich fleißig die Karte vom Mars beobachten – ein aktives Sehen und kein bloßes Gaffen wie auf eine angemalte Puppe, hatte der Professor mit seiner unleserlichen Schrift unter das Photo geschrieben. Dann auf das Photo von der Erde. Weiter – die Karte Amerikas, dann die Gegend, wo wir uns befanden, und ich »sollte positive Gefühle, ohne Angst oder Haß« durchleben. Großer Gott, dieser alte Besserwisser! Ich war ziemlich irritiert über diese Befehle an meine Denkmaschine. Was glaubte er, daß ich eine Uhr sei oder was? Das nächste Photo stellte uns alle dar (außer mir), wie wir auf der Plattform beim Teleskop versammelt waren. Hier mußte man wieder an den Mars denken, aber bildlich, nicht wörtlich ... hatte der Professor an den Rand geschrieben. Schließlich waren da Photos des Geschosses, der Gegend, wo es niedergegangen war, und des Marsianers selbst. Bei diesen intensiven Vorstellungen sollte ich mich den Notizen des Professors zufolge bei guter Laune befinden und freundschaftliche Gefühle für unseren Gast hegen. Ich gebe zu, mein erster Gedanke, nachdem ich mich mit diesem Elaborat vertraut gemacht hatte, ging dahin, der Schlag möge dieses mechanische Gebilde treffen, das schon einige Menschen getötet hatte – aber ich beherrschte mich. Plötzlich läutete das Telephon – der Professor rief an. Er teilte mit, daß sie den Aeranthropen mit einer Spannung von drei Millionen Volt anregen würden, und bat uns, beim Signal sofort einzuschalten. Ich richtete mich auf dem Stuhl auf und wartete. Nach einer Weile verspürte ich ein leichtes Beben des Fußbodens.
    »Sie elektrisieren unseren Marsianer«, sagte Frazer.
    »Sie elektrisieren! Ein guter Ausdruck: drei Millionen Volt.« Mir lief ein Schauer über den Rücken. »Hoppla, ich soll ja guter Stimmung sein.« Ich begann an Schottland zu denken, an die bewaldeten Berge, an die Millionenauflagen der Zeitungen bei einer sensationellen Reportage.
    Ein Gesumme unterbrach meine Gedanken.
    »Was? Wo? Wie?« schrie Frazer in den Hörer. »Lauter. Ich höre nichts!«
    Selbst ich hörte aus einer Entfernung von mehreren Schritt, daß der Hörer vor Spannung knatterte – und kein Wunder: alle Hochleistungsgeneratoren arbeiteten mit voller Kraft, um die notwendigen Millionen Volt zu liefern.
    Frazer schleuderte den Hörer von sich. »Beim dritten Einschalten des Stroms fing er zu zittern an – er bewegte sich. Der Professor sagt, daß Sie sich bereitmachen sollen.«
    Inzwischen ließ Fink den Marsianer zu Boden fallen, brachte den Leblosen in die normale Position und beschäftigte sich dann damit, die einzelnen Kabel der Birne mit dem Stecker des Plasmas zu verbinden. Als er fertig war, deckte er die äußere Öffnung mit seiner Mütze ab und versuchte das Herz – oder das Gyroskop – durch die von uns gebohrte Öffnung anzuregen.
    »Herr Ingenieur, Vorsicht!« rief ich.
    »Nur keine Angst, er hat keinen Apparat für die Umwandlung von Atomenergie – und solange wir ihm nicht aus unserem Netz drei Millionen Volt zuschalten, ist er so harmlos wie ein Stück Holz.«
    Er steckte die Hand in die Öffnung und begann sie darin zu bewegen. Ich hörte das mir bekannte Schmatzen, wie von einem Ventil, plötzlich stöhnte der Ingenieur, wurde blaß und sank zu Boden, als wären es die letzten Zuckungen.
    Zum Teufel! Ich warf mich auf ihn, wollte ihn zur Seite ziehen und verspürte einen schrecklichen Schlag in der Hand. Ich stürzte gegen die Wand. Schon kam Lindsay in roten Gummihandschuhen gelaufen und zog den ohnmächtigen Fink zur Seite. Ich ergriff Finks Hand, obwohl mir die Beine schlotterten und die Finger der rechten Hand wie Feuer brannten, und legte seine beiden Hände auf den Tisch. Wortlos holte der Doktor sein Etui aus der Tasche, gab ihm schnell und geschickt eine Injektion, maß ihm den Puls, zählte dann mit einem Blick die Ampullen und sah mich an, als wolle er sagen: ›Na also!‹ Dann begann er mit der Herzmassage.
    Inzwischen hatte das Haustelephon geläutet, als wolle es von der Wand fallen, aber in dem Durcheinander hatte keiner abgehoben. Jetzt ging Lindsay hin und berichtete dem Professor, was geschehen war.
    »Vielleicht wäre es besser, wenn ich ihn hinauftragen würde?« sagte ich zum Doktor und wies mit den Augen auf Fink. »Wenn hier etwas passiert, wird er am ehesten

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