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Der Mensch vom Mars. Roman.

Der Mensch vom Mars. Roman.

Titel: Der Mensch vom Mars. Roman. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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der Professor. »Na also, der Anfang ist gemacht – jedenfalls weiß er bereits, daß wir keine Wilden sind. Also, in Gottes Namen, er soll hier sitzen bleiben.«
    »Ich würde die Zentralbirne herausnehmen«, sagte der Doktor, und der vorsichtige Mr. Gedevani stimmte ihm zu.
    »Aha, damit Sie ruhige Träume haben, was?« erwiderte der boshafte Alte. »Nichts dergleichen, mein Herr, es sei denn, Sie sitzen die ganze Nacht hier und gaffen durchs Fensterloch, ob die Lebenspulsation normal ist – denn im Falle ihres Zusammenfallens müßte man ihm eine Injektion geben und sie wieder in den Kegel praktizieren.«
    »Entschuldigen Sie«, mischte ich mich ein, »aber wenn es keinen Strom gibt, nimmt er keine Energie zur Speisung auf, denn seine energetische Atomapparatur wurde von Ingenieur Link demontiert.«
    »Aha, demontiert, na gut, demontiert, denn warum liegt er oben verkehrt da, was? Es steht fest, daß diese rätselhafte Flüssigkeit für ihn von großer Bedeutung ist – vielleicht ist sie unentbehrlich – er soll also darin sitzen und seine Füße darin baden, und wir werden schaukeln.« Nach diesen Worten ging er zur Marmorschalttafel und begann die Bogenlampen der Reihe nach auszuschalten.
    »Aber er kann vielleicht plötzlich, in der Nacht ...«, stöhnte Mr. Gedevani.
    »Schreien Sie ihm ins Ohr, daß er brav geworden ist«, sagte der unerbittliche Professor und fuhr fort, die Lampen zu löschen. Es blieb also nichts übrig, als den Saal zu verlassen. Als wir beim Aufzug alle zusammentrafen, sagte der Professor: »Meine Herren, wir haben uns jetzt ein Abendessen verdient, nicht wahr?«
    »Gewiß«, stimmten wir im Chor zu.
    »Nun denn, veranstalten wir ein lukullisches Abendmahl, wir werden nur kurz bei dem armen Fink reinsehen. Bitte rufen Sie Frazer, und Burke soll alles im Speisezimmer vorbereiten.«
    Der Aufzug hielt, wir traten auf den Korridor hinaus. In meinem Zimmer schlief Ingenieur Fink einen fiebrigen, unruhigen Schlaf. Der Doktor prüfte seinen Puls, gab ihm eine Beruhigungsspritze und ließ alle gehen.
    Im Speisezimmer brannten Kerzen, eine Idee des Professors. Ihr gelblicher sanfter Glanz beruhigte die Nerven.
    Burke deckte den Tisch. Übrigens waren alle Speisen aus Dosen und wurden nur auf der elektrischen Platte gewärmt. Wir spürten also den Mangel eines Koches nicht.
    Nach dem Abendessen begann der Professor seine Brotklümpchen zu drehen und sagte: »Meine Herren, endlich sind wir einen Schritt weitergekommen. Vielleicht hat unser Marsianer auf unsere Röntgentelegramme mit einer ähnlichen Strahlung reagiert. Ich wollte das lieber nicht aufzeichnen, obwohl ich in dem Saal ein paar empfindliche Geigerzähler mit automatischer Aufzeichnung hätte aufstellen können. Die Aufzeichnung wäre für uns ohnehin unverständlich, können wir doch nicht einmal den Inhalt der eigenen Enzephalogramme entziffern, geschweige denn die elektrische Sprache vom Mars. Der Versuch ist gelungen, wir können uns mit Bildern verständigen, wir versuchen irgendwelche Zeichen zu lernen, vielleicht ein Zeichenalphabet – oder vielleicht wird er uns etwas beibringen, was den Kontakt erleichtert. Jedenfalls hoffe ich, daß die schlimmsten Mißverständnisse vorbei sind. Lächeln Sie nicht, Doktor, so hinterlistig und ironisch, utinam bonus vates sim. Gibt es irgendwelche Vorschläge?«
    »Ich denke«, sagte ich, »daß eines klar ist: seine lebende Substanz funktioniert annähernd – wenn es um die Wirkung geht und nicht um den Aufbau – wie unser Gehirn. Er ist sichtlich so konstruiert, daß er sozusagen nur den wesentlichen Inhalt der Phänomene aufnimmt, nicht aber ihre äußeren Nebenmerkmale – also die Stimme, das Licht sind genauso wichtig wie die energetischen Umwandlungen, wie die Strahlung, die Unterschiede in der Stromspannung. Andererseits ist die Anzahl der Bilder, die man auf diese Art übertragen kann, ziemlich beschränkt. Man kann lediglich Bilder konkreter Begriffe übertragen, und ich glaube nicht, daß all diese freundlichen, geneigten Stimmungen, von denen der Professor berichtete ...«
     
    5. Kapitel
     
    In dieser Nacht schlief ich einen bleischweren Schlaf. Ich kann mich nur dunkel erinnern, daß ich mich auf das Sofa warf, denn im Bett stöhnte leise der Ingenieur Fink, und im Schlummer versank wie in einer Gruft. Schwerer Donner weckte mich auf. Schlaftrunken sprang ich von der Liegestatt und eilte ans Fenster. Es war still, über dem Teich stieg eine leichte Wolke von Morgennebel

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