Der Mensch vom Mars. Roman.
hin und her bewegten. Diese Kegel hielten alle die Tentakel in gleicher Weise, sie bildeten Schlingen auf einem Abstellgleis. Sie zogen und zogen aneinander vorbei und dann wieder in eine gemeinsame Richtung. Und ich ging auch in diese Richtung. Ich ging an irgendwelchen Apparaten vorbei, von denen ich spürte, daß sie da waren, als hätte ich sie gleichzeitig von oben, von der Seite und von vorn gesehen.
Mächtige Maschinen, doch ohne bewegliche Teile, nur verbunden durch die Teile der Drehgestänge, nur winzige Schatten, wirkten noch düsterer als Punkte der Dunkelheit, die sich auf den gewölbten Flächen bewegten. Das Dröhnen kam näher. Das Dröhnen wuchs an, wurde immer gewaltiger. Waren das die unterirdischen Korridore des Mars? Die einzelnen Gänge und halbelliptischen Hallen verbanden sich zu einer größer und breiter werdenden, lichtdurchfluteten Galerie. In ihnen bewegten sich immer wieder die Reihen der Kegel. Es war ungewöhnlich und doch verständlich. Und plötzlich ...
Ein Raum. Ein riesiges Feld, denn ich kann es nicht Halle nennen, etwas, was sich meilenweit erstreckte. Ein riesiger, geometrisch aufgebauter Raum. Ein langer, über zwei Kugeln hinausragender Zylinder mit stumpf gerundeter Spitze stand schräg auf einer sanften Anhöhe. Und Tausende und Abertausende bewegliche schwarze Kegel. Jetzt erkannte ich, daß die Decke ein halbrundes Gewölbe aus einer homogenen, schwach glänzenden metallischen Substanz war. In der Mitte der Spitze gähnte eine Öffnung, einem Trichter ähnlich, durch den die Sonne glänzte. Die Öffnung führte auf die Oberfläche des Planeten ... Plötzlich verspürte ich, wie eine Welle durch die versammelten Maschinen lief. Das Feld der Kegel erstarrte – auf dem Podium verdichtete sich ein Wirbel, und dort, wo vor einem Augenblick noch durchsichtige Luft gewesen war, zeigte sich der Aeranthropos. Er näherte sich dem Zylinder und verschmolz mit seinem Schatten. Ob er sich wieder verflüchtigte? Jetzt war es, als käme das Dröhnen aus mir selbst, aufdringlich, laut befehlend. Es kam mir vor, als solle ich seine Schläge zählen, ich weiß nicht, warum. Beim sechsundzwanzigsten fühlte ich einen leichten Stoß. Ich zitterte. Der Zylinder war nicht da. Nur ein aufgeblasenes leeres Podium und zwei Kugeln, nun etwas kleiner, waren zu sehen. Über den Köpfen der Kegel schwebte Rauch oder Nebel, der sich auflöste ... weiter sah ich nichts mehr. Einen kurzen Augenblick fühlte ich, daß ich fiel. Ich verspürte totale Dunkelheit, als befände ich mich im Inneren eines senkrechten Rohres, das langsam versinkt, wie ein Öltropfen in Alkohol. Ich fiel bis zum Niveau einer tief gewölbten Halle mit leicht gerilltem Fußboden. Alles erlosch. Irgendeine Kraft zwang mich, in die Höhe zu blicken: über meinem Kopf tat sich eine rote Kluft auf. In ihrer Tiefe leuchtete das Sternenmeer der Milchstraße. Vor diesem Hintergrund huschte ein langes dunkles Geschoß mit stumpfer Spitze dahin, das hinten eine blasse, fächerförmige Flamme ausstieß. Das Geschoß fiel. Eine sich drehende Planetenscheibe näherte sich ihm, zuerst klein, dann sich vor den Augen ausdehnend, mächtig anwachsend. Die Leinwand verschwand, die Planetenscheibe füllte schon das ganze Gesichtsfeld aus, das Geschoß war ein winziges, leuchtendes Klümpchen, und der schrecklich große, grauschwarze Planet dehnte sich über den halben Horizont aus, der an den Rändern mit Sternen übersät war. Wie ein dichter, bodenloser Wirbel kam er dem Geschoß entgegen.
Dann spürte ich einen Schlag. Es schien mir, daß er leicht war; ohne etwas zu erkennen, hörte ich ein Knarren und Donnern, eine grausame Hitze hüllte mich ein, und ich verlor das Bewußtsein.
Ich öffnete die Augen. Es war völlig dunkel, und der Kopf tat mir entsetzlich weh.
Was war los? Ich tastete mit den Händen umher. Beton. Was war das? Beton – und das? Ein Kabel. Es war die Montagehalle. Aber wieso war ich hier? Ich öffnete die Augen: »Hallo! Hallo! Professor!« Stille.
»Mr. Lindsay!«
Stille.
»Mr. Frazer! Hallo, ich bin es. McMoor.«
Stille. Die Kehle tat mir weh, und der Kopf war buchstäblich zersprungen. Was war los? Es war ein Experiment, dann riß sich der Kegel, ach ja, der Kegel, los – und dann? War das ein Traum? Und wo steckten alle? Ich begann mich zu bewegen. Ich richtete mich auf, auf die Knie, dann auf die Füße, ich fuhr mit der Hand die Wand entlang, denn ich war sehr schwach.
Wo war ich? War ich bei der Hauptsäule
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