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Der Menschen Hoerigkeit

Der Menschen Hoerigkeit

Titel: Der Menschen Hoerigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W. Somerset Maugham
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waren sie angezogen, und sie machten sich auf den Heimweg. Sally sah auf seine Hände.
    »Nun, sieh nur: Sie sind ganz blau.«
    »Ach, das macht nichts. Nichts als Kreislaufstörungen. In einer Minute ist das Blut wieder drin.«
    »Gib sie mir her.«
    Sie nahm seine Hände in die ihren und rieb sie, erst die eine, dann die andere, bis die Farbe wiederkehrte. Philip sah ihr gerührt und verwundert zu. Er konnte, der Kinder wegen, nichts zu ihr sagen und konnte auch ihren Blick nicht erhaschen. Er wusste jedoch genau, dass sie ihm nicht etwa mit Absicht auswich, es war reiner Zufall. Den ganzen Tag über verriet auch nicht die geringste Änderung in ihrem Benehmen, dass etwas zwischen ihnen vorgefallen war; als wäre sie sich dessen nicht bewusst. Vielleicht war sie ein wenig redseliger als gewöhnlich.
    Als sie wieder alle im Hopfenfeld saßen, erzählte sie ihrer Mutter, wie achtlos Philip gewesen war, weil er nicht aus dem Wasser ging, obwohl er schon ganz blau war vor Kälte. Es war unglaublich, und doch schien es, dass die einzige Wirkung der vergangenen Nacht die war, dass in ihr ihm gegenüber ein Schutzgefühl aufstieg: Sie hatte ein instinktives Verlangen, ihn zu bemuttern, wie sie es mit ihren Brüdern und Schwestern tat.
    Erst gegen Abend hatte er Gelegenheit, mit ihr allein zu sein. Sie kochte das Abendessen, und Philip saß neben dem Feuer im Gras. Mrs.   Athelny war zum Dorf hinuntergegangen, um ein paar Besorgungen zu machen, und die Kinder trieben sich sonst wo herum. Philip zögerte. Er war sehr nervös. Sally ging ruhig und überlegt ihrer Arbeit nach. Sie nahm das Schweigen, das ihn so unsicher machte, voll Gleichmut hin. Er wusste nicht, wie er es anfangen sollte. Sally sprach selten, wenn sie nicht unmittelbar angesprochen wurde oder etwas Bestimmtes zu sagen hatte. Schließlich konnte er es nicht länger ertragen.
    »Du bist mir nicht böse, Sally?«, platzte er plötzlich heraus.
    Sie hob ruhig die Augen und sah ihn still an, ohne dass ihr Blick eine Regung verriet.
    »Ich? Nein. Wieso denn?«
    Er war ganz verblüfft und antwortete nicht. Sie nahm den Deckel vom Topf, rührte das Essen um, deckte es wieder zu. Ein würziger Duft stieg daraus auf. Sie sah ihn nochmals an, ein leises Lächeln, ihre Lippen öffneten sich kaum. Es war ein Lächeln, das eigentlich nur in den Augen lag.
    »Ich habe dich immer gerngehabt«, sagte sie.
    Das Herz sprang ihm gegen die Rippen, und er merkte, wie ihm das Blut in die Wangen schoss. Er zwang sich zu einem Lächeln.
    »Das wusste ich nicht.«
    »Weil du ein Dummer bist.«
    »Ich weiß nicht, warum du mich gernhast.«
    »Das weiß ich auch nicht.« Sie legte etwas Holz nach. »Ich wusste es von dem Tag an, als du damals zu uns gekommen bist; du hattest im Freien geschlafen, und du hattest nichts zu essen gehabt, erinnerst du dich noch? Mutter und ich, wir machten dann Thorpes Bett für dich zurecht.«
    Er errötete von neuem; er hatte nicht gewusst, dass ihr der Zusammenhang damals klargeworden war. Er selbst dachte nur voll Scham und Entsetzen daran.
    »Deshalb wollte ich auch nichts mit den andern zu tun haben. Erinnerst du dich an den jungen Burschen, der Mutter so gut für mich gefallen hätte? Ich habe ihn zum Tee kommen lassen, weil er mir so in den Ohren lag, aber ich wusste von vornherein, dass ich nein sagen würde.«
    Philip war so überrascht, dass er nichts herausbringen konnte. Ihm war seltsam ums Herz; er wusste nicht recht, wie – vielleicht war es Glück.
    Sally rührte wieder in dem Topf.
    »Wenn doch die Kinder endlich kommen wollten. Ich weiß nicht, wo sie wieder stecken. Das Abendessen ist fertig.«
    »Soll ich sie suchen gehen?«, fragte Philip. Er war erleichtert, von praktischen Dingen sprechen zu können.
    »Das wäre keine üble Idee… Da kommt Mutter.«
    Als er dann aufstand, sah sie ihn ohne jede Verlegenheit an.
    »Soll ich ein bisschen mit dir spazieren gehen, wenn ich die Kinder ins Bett gebracht habe?«
    »Ja.«
    »Gut, dann warte unten beim Zaun auf mich. Ich komme, sobald ich hier fertig bin.«
    Er wartete unter dem Sternenhimmel. Er saß auf dem Zaun; an beiden Seiten standen die hohen Hecken mit ihren reifenden Brombeeren. Von der Erde stiegen die reichen Düfte der Nacht auf; die Luft war milde und still. Das Herz schlug ihm wie irre. Er konnte nichts begreifen von allem, was ihm gerade geschah. Mit Leidenschaft verbanden sich für ihn Tränen, Schreie und Heftigkeit; aber Sally hatte nichts von all dem. Was sonst aber

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