Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman
zu bevölkern. Sie konnte Susanne und Nina sehen. Sie nickte und ließ sich vom Stuhl gleiten. Auf dem Weg zur Tanzfläche spürte sie seine Hand auf ihrer Hüfte, und die Vorfreude ließ ihr fast den Atem stocken.
Sie tanzten sofort eng umschlungen. Er hatte seine Hände auf ihrem Hintern, sie ihre auf seinem. Er war hart, das konnte sie deutlich spüren. Sein ganzer Körper war wie ein Granitblock. Er würde sie zermalmen können. Mit einer einzigen Umarmung würde er das Leben aus ihr herauspressen können.
»Zerquetsch mich«, sang es in ihr. »Zerquetsch mich, bis nur noch Stückchen und Krümel von mir übrig sind.«
Die Wohnung war ordentlich und maskulin auf eine etwas unpersönliche Art und Weise. Nur sein Hund verriet mehr über ihn. Es war ein American Stafford Terrier. Eine Rasse, die sowohl als Kampfhund aber auch – das wusste sie von Freunden – ausgezeichnet als Familienhund gehalten werden konnte.
Dieses Exemplar wirkte zumindest an der Oberfläche wie ein freundlicher Vertreter seiner Art. Allerdings verhielt es sich mit dem Hund wie mit seinem Besitzer, hinter den braunen Augen verbarg sich ein Geheimnis.
»Sekt?«
Er holte eine Flasche aus dem Kühlschrank, ehe sie antworten konnte.
»Warum nicht!«
Die Sprudelblasen würden ihr in den Kopf steigen und sie betäuben.
|32| Der Korken sprang mit einem dumpfen Plopp ab. Er hatte seinen Pullover ausgezogen. Darunter trug er ein langärmeliges, eng sitzendes T-Shirt. Sie genoss den Anblick und stellte sich vor, wie ihre Hände die Muskeln unter dem Stoff berühren würden.
Er schenkte den Sekt in hohe Gläser, setzte sich neben sie aufs Sofa und prostete ihr zu.
»Ich möchte dir weh tun«, sagte er mit milder Stimme. »Du magst das, wenn es weh tut, oder?«
Der Raum verschwamm vor ihren Augen. Die Sprudelblasen prickelten in ihrem Hals, er fühlte sich trocken an, und sie musste noch einen Schluck trinken. Er fuhr fort: »Du magst den Geschmack von Blut. Du magst das Gefühl, wenn die Peitsche dich trifft und auf deine Arschbacken knallt. Ich kann es dir ansehen. Du willst mit Handschellen gefesselt werden und einen großen Schwanz in deinen Hals gestoßen bekommen. Tiefer und tiefer.«
Ihr Herz raste. Sie wurde warm und feucht im Schritt. Eigentlich würde sie sich am liebsten zusammenreißen und ihm sagen, dass er sich zum Teufel scheren könnte mit seinen kranken Phantasien. Eigentlich würde sie am liebsten aufstehen und gehen. Aber er hatte sie bereits mit seinen Worten in Fesseln gelegt, und ihr blieb nichts anderes übrig, als zu flüstern, ein schwaches, atemloses und bettelndes:
»Ja.«
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Kapitel 5
Die Redaktion in der Frederiksgade war schon seit Jahren viel zu klein für die sechs festangestellten Journalisten und die paar freiberuflichen, Preise einheimsenden Fotografen, zu denen Bo gehörte.
Trotz der regelmäßigen Höhenflüge und Niederlagen der |33| Morgenzeitung hatte sich über die Jahre hinweg die Personaldecke relativ stabil gehalten. In guten Zeiten wurden neue Kollegen eingestellt und neue Redaktionen gegründet, wie zum Beispiel die Kriminalredaktion, zu deren Leiterin Dicte Chefredakteur Kaiser vor kurzem erst gemacht hatte. In schlechten Zeiten wurde die Jagd auf die erst kürzlich Eingestellten oder jene eröffnet, die kurz vor der Pensionierung standen. Die Letztgenannten konnten das Glückslos ziehen und eine Abfindung kassieren, die sie in die Lage versetzte, die Welt in der ersten Klasse zu bereisen.
»Na prima, das Redaktionsfräulein beliebt zu kommen!«
Holger Søborg warf ihr von seiner sicheren Position hinter dem Bildschirm einen strafenden Blick zu. Dicte schluckte ihre Irritation hinunter, so wie sie es sich vorgenommen hatte. Ihrer Meinung nach stand Holgers Hirnkapazität in einem umgekehrt proportionalen Verhältnis zu seinen breiten Fußballerschultern und seinem mindestens genauso breiten Grinsen. Aber er war nun einmal in ihrer Redaktion gelandet, darum war sie gezwungen, wenn sie ihn schon nicht lieben konnte, ihn wenigstens zu dulden. Was sie an diesem Tag dadurch zum Ausdruck brachte, dass sie seine Begrüßung ignorierte.
»Könnt ihr euch noch an diese Stiefel von den Schlägern in dem Film Clockwork Orange erinnern? Wie heißen die noch gleich?«
Sie hatte die Frage in den Raum geworfen, damit auch Helle eine Chance bekam. Bis vor kurzem war sie noch Praktikantin gewesen, jetzt ergänzte sie das Redaktionsteam der
Krimizone
, das eine wöchentliche Sonderbeilage
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