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Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
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Streetwear und Pitbull, aber auch Ralph Lauren und Burberry. Marken, die sie »Casuals Bar« nannten. Außerdem lernte sie, dass die Zahl 46 für die Organisation Dansk Front stand, auch hier aufgrund der Platzierung der Anfangsbuchstaben im Alphabet.
    All das hatte keine große Erschütterung in ihr hervorgerufen. Es war der Mann selbst gewesen. Es war die Hilflosigkeit hinter seinem resoluten Entschluss, jene Welt zu bekämpfen, in der sein eigener Sohn ein so bedeutendes Mitglied geworden war. Der Verlust eines Menschen, der ihm das Wichtigste war, und seine Methode, einen Sinn als Ersatz für das zu finden, was er verloren hatte. Dieses Gefühl hatte sich einen Weg in ihr Innerstes gebohrt und einen ganz wunden Punkt getroffen. Aber sie konnte die Augen nicht davor verschließen, dass die Art und Weise, wie der Vater mit der Wahl seines Sohnes umging, zwangsläufig zum Tode von einem von beiden führen musste. |96| Zum Tod des Sohnes oder des Vaters, das würde der Ausgang der Geschichte entscheiden. Entweder würde der Sohn den Vater töten oder der Vater den Sohn opfern.
    »Vergiss nicht, dass so etwas gefährlich ist«, sagte Bo. »In diesen Kreisen nützt es nämlich nichts, mit der Pressefreiheit oder der vierten Staatsmacht oder diesem ganzen journalistischen Bullshit herumzuwedeln.«
    »Was bitte schön ist denn ungefährlich?«
    Seine Hand griff in ihr Haar und bog ihren Kopf nach hinten. Dann stützte er sich auf seinen Ellbogen und beugte sich über sie. Im Mundwinkel sah sie ein kleines Lächeln, das am Rand der strengen Fassade aufgetaucht war.
    »Satzspiegel berechnen; die Themen im Vermischten; Artikel über das Programm des Stadtfestes und über die Eröffnung der Eislaufhalle; ich …«
    »Du?«
    Sie versuchte den Ball aufzufangen und ihn zurückzuwerfen, aber ihr Herz war nicht bei der Sache.
    »Du bist doch der Gefährlichste von allen.«
    Sie stieß ihn von sich und bemerkte sehr wohl seine Enttäuschung. Aber sie hatte keine Kraft für Körperkontakt. Söhne. Woher sollte man wissen, welchen Weg sie einschlagen würden? Was wusste man überhaupt von der Welt?
    Sie nahm ihr Weinglas, ging ins Wohnzimmer und schaltete den Fernseher ein. Nach einer Weile kam Bo dazu und setzte sich neben sie aufs Sofa. Sie vermisste seine Hand in ihrem Haar, aber sie hatte keine Lust auf das, was dem folgen würde.
    »Schon wieder«, sagte er und starrte auf den Fernseher. »Du machst es schon wieder.«
    Er hatte recht. Es war eine Wiederholung; eine jener Sorte, über die sie nicht stolz war. Ein Fall tauchte auf, und sie tauchte vollkommen darin ein. Sie ließ sich von Bo wegreißen und in einen dunklen Raum zerren, in dem das Böse und der Hass Händchen haltend mit dem Tod spazieren gingen. Sie konnte dagegen ankämpfen, wie sie wollte; ihre Erfahrung hatte ihr gezeigt, |97| dass es keinen Sinn hatte. Sie streckte ihre Hand aus und streichelte seine.
    »Es tut mir leid.«
    »Mir auch.«
     
    Der wachhabende Beamte im Polizeipräsidium erkannte sie sofort wieder.
    »Ich muss mit John Wagner sprechen. Könnten Sie ihn bitte anrufen?«
    Sie war bereits auf dem Weg zum Fahrstuhl, als er sie zurückrief.
    »Haben Sie einen Termin? Sie sind die Journalistin, richtig? Svendsen?«
    Sie drückte auf den Fahrstuhlknopf.
    »Dicte Svendsen. Aber sagen Sie ihm einfach, Dornröschen ist da.«
    Einen Moment lang sah er so aus, als würde er ihr nachsetzen, aber dann griff er nur nach dem Telefonhörer und wählte eine Nummer. Als sich die Fahrstuhltür öffnete, hörte sie, wie der Beamte ihren Besuch bei John Wagner anmeldete.
    Die Tür schloss sich wieder, und schon wurde sie in den dritten Stock emporgezogen. Und als sich die Tür abermals öffnete, kam Wagner ihr bereits entgegen.
    »Mehr Dornen als Röschen, wenn du mich fragst. Was willst du?«
    Zuerst dachte sie, er würde sie zurück in den Fahrstuhl stoßen, aber dann nickte er ihr zu, dass sie ihm in sein Büro folgen solle.
    »Jan Møller«, sagte sie, als sie ihm gegenübersaß, obwohl er ihr keinen Platz angeboten hatte.
    Weil er nichts erwiderte, sondern schweigend am Fenster stehen blieb, fuhr sie einfach fort.
    »Er ist derjenige, der seine Freundin totgeschlagen hat. Der Sohn von Erling Møller, dem Geschäftsführer von Jakta!«
    Wagners Reaktion fiel kurz angebunden aus.
    |98| »Erzähl mir was, was ich nicht schon weiß. Zum Beispiel, wo ich diesen Mann finde.«
    Es gab eben auch Nieten, damit musste man leben. Also griff sie in die Tüte und holte das

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