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Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman

Titel: Der Menschensammler - Dicte Svendsen ermittelt Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elsebeth Egholm
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wenn keiner von uns in der Lage ist, einen Satz zu beenden?«
    Er warf ihr einen Blick zu und spürte, wie sich Schweißperlen auf seiner Stirn bildeten.
    »Verzeih«, sagte er und musste lächeln, weil ihr Lachen noch in seinen Ohren nachklang. »Ich kenne mich mit so etwas nicht besonders gut aus.«
    »Womit?«
    Er hörte, dass sie ihn ein bisschen aufziehen wollte.
    Er zuckte mit den Schultern.
    »Wie man mit hübschen Frauen umgeht und wie man sie zum Essen einlädt, ohne sich zum Idioten zu machen.«
    Er traute sich das nur, weil er den Wagen steuerte und den Blick auf der Straße halten musste. »Ich benehme mich so ungeschickt dabei.«
    |183| Er spürte, wie ihre Hand seine berührte, ganz flüchtig nur. War es zufällig oder eine freundliche Geste?
    »Ja, vielen Dank, ich würde gerne mit dir ein Steak essen gehen.«
    Natürlich kannte er das Gefühl, verliebt zu sein. Aber das Verliebtsein war immer nur ein Gast gewesen, ein Wochenendbesuch, der ihn am Montagmorgen wieder verließ. So hatte er das bisher gehandhabt.
    Während sie weiterfuhren und er ihre Nähe genoss, dachte er an jene Passion, die bisher sein Leben ausgefüllt hatte. Aber etwas Neues war im Begriff, sich dort hineinzudrängen und einen Platz an der Seite des Lebens als Nierenchirurg zu beanspruchen. Würde beides nebeneinander existieren können? War genug Platz für die Leidenschaft, die er für seinen Job empfand, und für dieses Gefühl, das hier die Regie übernahm. Oder galt etwa auch für ihn der Grundsatz, dass etwas sterben musste, damit etwas Neues existieren konnte?

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    |184| Kapitel 28
    Der Zeiger hatte schon lange im roten Bereich gestanden, sie hatte es einerseits bemerkt, andererseits ignoriert.
    Dicte ließ den Wagen an den Rand der Landstraße zwischen Århus und Viborg rollen, sie hatte keinen Tropfen Benzin mehr im Tank. Wie sie hierhergekommen war und was sie bisher gemacht hatte, konnte sie nicht mehr sagen. Die Dämmerung war vor langer Zeit angebrochen, und es war so dunkel, wie man eben in den Sommermonaten in die Nähe von Dunkelheit kommen konnte. Es war nach Mitternacht.
    Das Geräusch einer eingehenden SMS hallte durch das Wageninnere. Erneut war es Bo, und wieder wollte er wissen, wo sie war, dieses Mal mit einem wesentlich aufgebrachteren Ton als vorher. »Wo zum Teufel steckst du? Melde dich!«
    Sie riss sich zusammen und antwortete ihm: »Komme bald. Erklär es dir später.« Obwohl sie in diesem Augenblick nicht wusste, wie sie die Ereignisse dieses sonderbaren Tages sortieren sollte, um sie ihm erzählen zu können. Er erwiderte sofort ihre Antwort mit einer weiteren SMS, die sie allerdings nicht öffnete. Stattdessen stellte sie das Handy auf lautlos, lehnte sich in den Sitz zurück und schloss die Augen, während einzelne Fetzen des Tages im Innern ihres Kopfes explodierten. Aber es hatte gutgetan, nach der Arbeit wahllos die jütländischen Landstraßen entlangzufahren, um wieder einen klaren Kopf zu bekommen.
    Sie musste bei sich bleiben, das war der einzige Anhaltspunkt, den sie im Moment hatte. Es fiel ihr schwer, aber sie musste sich zwingen, alles mit einer gewissen Distanz zu betrachten, mit dem objektiven Blick eines fernen Beobachters. Wer war sie? Welche Rollen spielte sie? Journalistin, Geliebte, Mutter. Die Mutterrolle hatte sie viele Jahre lang beschäftigt, sie war in Abständen immer wieder ein Thema für sie, das sie aufs Glatteis führte, wo die Sorge und das schlechte Gewissen ein seliges |185| Bündnis bildeten. Dabei hatte ihre Vergangenheit eine große Rolle gespielt. Sie hatte sich eine neue Identität aufgebaut, außerhalb von Zeugen Jehovas und dem Kind, das sie damals zur Adoption freigegeben hatte. Die Adoption hatte sie ihr Leben lang bereut, und trotzdem hatte sie es getan. Sie hatte etwas von sich gegeben, was ihr Eigenes hätte sein können. Aber der Mann, dem sie Angesicht zu Angesicht gegenübergesessen hatte, war nicht ihr Eigenes, nur genetisch war er ein Teil von ihr. Sie spürte nach, konnte aber keine Gefühle entdecken. Keines, das ihr bekannt vorkam.
    Und dann verschwand die Welt in einem Taumel. Warum schien sie das offensichtlich so wenig zu berühren? Hatte sie einen Schock erlitten?
    Die Wahrheit war, dass sie es nicht wusste. Wie wurde man damit fertig, wenn einen ohne Vorwarnung die Vergangenheit einholte? Konnte man das in einem Buch nachlesen? Gab es einen Gefühls-Knigge?
    Das Handy signalisierte leuchtend den Eingang einer neuen SMS, sie erwachte wie

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