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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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Flehendes.
    »Nein«, sagte Alex.
    »Ist es nicht offensichtlich?«, wiederholte der Mann. Seine toten Augen wanderten über sie alle, von Gesicht zu Gesicht. »Was geschieht mit jedem von euch? Ist es nicht offensichtlich, was er tut?«
    34
    Rice setzte sich auf die Bank. Der Wind hatte sich gelegt. Das Wasser war glatt.
    Er hatte sein Handy herausgenommen. Seine Hände zitterten, die Handinnenflächen waren voller schwarzem Schlamm. Er drückte sein Telefon, nur um etwas zu fühlen. Nur um sich zu beruhigen. Sein Bauch wurde ganz heiß, und er drehte sich um und spuckte auf die Erde.
    Rice wählte eine Nummer.
    »Ja?«
    »Black«, sagte er. »Sie müssen herkommen. Es ist Aldiss. Melissa Lee … sie ist tot. Sie liegt im See hinter seinem Haus. Ich habe sie gefunden. Ich habe sie gefunden, und es ist alles vorbei. Hören Sie mich, Black, es ist alles vorbei.«
    »Ich habe Sie verstanden«, sagte der Detective. Er rannte. Rice hörte das Rauschen des Windes, das Klacken einer Autotür. Das Geräusch wurde von dem schwächer werdenden Empfang verzerrt. Dann ließ er den Motor an, und das Handy wackelte durch die Bewegung des Lenkrads.
    »Kommen Sie her«, sagte Rice, seine Stimme gebrochen und schwach. »Sie ist hier, Black. Die Frau ist im Wasser. Dieser Scheißkerl hat sie im Wasser versteckt, und ich habe sie gefunden. Ich habe ihre Hand berührt. Ich … mein Gott, ich habe sie in seinem Haus gerochen.«
    »Zehn Minuten«, sagte Black. »Zehn Minuten, und ich bin bei Ihnen. Aber Sie müssen sich von diesem Haus fernhalten, Dekan. Er könnte immer noch dort sein.«
    »Nein«, sagte Rice. Seine Stimme klang jetzt verzweifelt, atemlos.
    Black sagte nichts. Er wartete. Er schien es bereits zu wissen.
    »Richard Aldiss ist fort«, sagte Rice. »Er ist auf der Flucht.«
    Dann wurde der Anruf unterbrochen, und Dekan Rice lehnte sich zurück und sah in den Himmel, dachte an diese Hand. Wie sie sich angefühlt hatte. Wie sie nach ihm zu greifen schien, als er sie berührt hatte, wie sie ihn zu ziehen schien. Näher. Nach unten.

Iowa
    1994
    35
    In der Dämmerung fuhren die beiden Studenten nach Hamlet, Iowa.
    Keller hatte das Steuer des Mazda übernommen, weil er befürchtete, dass Alex ihn zu Schrott fahren würde. Aber das war ihr egal. Sie wollte sich die Landschaft anschauen. Wollte den Ort in sich aufnehmen, wie es Richard Aldiss vor Jahren getan hatte, ihn kennenlernen, wie er es getan hatte.
    Hamlet war ein Ort mit zwei Ampeln. Die Grenzen waren flach, die rahmenlose Geografie breitete sich wie die Fläche eines Tischs in den rosa Himmel aus. Ein durchschnittliches Zentrum, Viertel aus quadratischen Betonklötzen, die aneinandergrenzten, gerissenes Pflaster und eine Gruppe alter Männer, die vor einem verlassenen Gebäude auf einer Bank saßen. Autos fuhren die Main Street entlang zum Ende der Stadt, wo möglicherweise mehr los war.
    »Scheißiowa«, sagte Keller.
    »Ja«, stimmte sie zu.
    Sie fuhren langsam weiter. Ihr Plan war, dass sie keinen hatten. Wenigstens noch nicht. Keller glaubte wie sie, dass Aldiss sie tatsächlich hierhergeschickt hatte. Die Hinweise in Die Windung , das seltsame Foto, das Keller bekommen hatte, und die Tatsache, dass die zwei Opfer von Dumant kurz vor ihrer Ermordung hier gewesen waren – all das deutete darauf hin, dass es das Zentrum des literarischen Rätsels des Professors war. »Auf geht’s«, hatte Keller an diesem Morgen gesagt. »Lass uns Fallows finden.«
    Jetzt fuhr er an den Betonklötzen vorbei, und sie kamen am Ende des Ortes an. Braun vergilbte Maisfelder erstreckten sich endlos zu beiden Seiten des Mietwagens. Um diese Uhrzeit schien der Himmel in Flammen zu stehen. Alex dachte: Das? Das war’s? Sie sah aus dem Autofenster, um ihre Enttäuschung zu verbergen.
    Aber was hatte sie erwartet? Was hatte sie tatsächlich gehofft, an diesem Ort zu finden?
    Gib nicht auf , ermahnte sie sich. Sie waren hier. Die beiden Opfer des Dumant-Mörders sind genau dieselbe Straße entlanggefahren.
    Hier kreuzten sich die beiden Rätsel. In Hamlet würden sie Fallows’ Identität enthüllen und Aldiss von den Verbrechen entlasten, die er nicht begangen hatte. Darauf hatte sie sich vorbereitet, seit sie das Buch in der Fisk-Bibliothek gefunden hatte. Das war das Ende.
    »Dreh um«, sagte sie nun zu Keller. »Ich will noch einmal durchfahren.«
    »Du willst was?«
    »Ich will den Ort noch einmal sehen.«
    Also wendete er den Wagen mitten auf dem leeren Highway, und wieder betrachtete

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