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Der Messingmann

Der Messingmann

Titel: Der Messingmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Asher
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geschafft.
    Etwas dockte mit einem dumpf metallischen Schlag an, und die Zentrale erbebte; Menschen stolperten durcheinander, denn die Gravoplatten kompensierten den Impuls ohne Computersteuerung nicht mehr. Dann öffnete sich die Irisblende vor dem Hauptzugang und gab den Blick in einen unglaublich langen, geraden Tunnel frei.
    »Na, da wartet ja unsere Reise nach Jerusalem«, witzelte Colver.
    Mika hatte mit einer Art Rettungsschiff gerechnet, aber kaum war sie in dem Teleskoptunnel, da wurde ihr klar, dass Jerusalem diesen aus dem eigenen Rumpf ausgefahren haben musste. Bald war das gesamte Personal in der Schwerelosigkeit des Tunnels und brachte die lange Distanz mit Hilfe der dünnen Wandgriffe hinter sich. Hinter ihnen schloss sich eine zweite Irisblende, und Mika gewann den Eindruck, dass diese Blende wie in einem Albtraum niemals zurückzufallen schien, egal wie weit Mika selbst sich vorarbeitete. Dann bemerkte sie, dass sich der Tunnel von dort aus zusammenzog und sich dabei ein Metallfilmsegment ins andere schob. Später erhellte ein kurzer Blitz die durchsichtigen Wände.
    »Das war der Außeninput«, stellte Colver grimmig fest.
    Wie lange dauerte es wohl noch, fragte sich Mika, bis sich Jerusalem auf die gleiche Art mit einem kontaminierten menschlichen Instrument befassen musste?
    Mr. Crane marschierte unermüdlich durch die Dunkelheit und unterbrach seine Wanderung nur, um sich der regelmäßigen Angriffe von Sleer des zweiten Stadiums zu erwehren, die weder albinotisch noch saphiräugig waren. Als die Nacht etwa halb vorbei war, hörten diese Angriffe auf, und er kam sogar an einem Drittstadler vorbei, ohne eine Reaktion zu provozieren: Das Tier hockte auf einer niedrigen Kuppe, und die Albtraumbeißzange zeichnete sich vor dem sternenhellen Himmel ab. Später blieb er mal stehen und sah sich an, wie etwa zwanzig hintere Brütersegmente von Sleer des zweiten und dritten Stadiums zu einem orgiastischen Tumult vereinigt waren, der an kopulierende Frösche erinnerte. Crane sah sich das eine Zeit lang an und stellte fest, wie sich ihre zweigliedrige Tentakelauswüchse miteinander verschlangen, klebrige Flüssigkeiten und dunkles Blut vergossen, wie bei dem ganzen Durcheinander Sand an Chitingliedmaßen und Körpersegmenten hängen blieb und zu Kugeln und Klumpen geballt wurde, die klebrig davontrudelten.
    Crane hatte den Befehl, so lange weiterzugehen, bis er Drache erreichte, aber um das zu tun, musste er sich auch schützen, also eine Situation widerstreitender Imperative. Jetzt stellte er die fadenscheinige Überlegung an, dass er diese Kreaturen betrachtete, weil sie ihn im kompletten Zustand angriffen, weshalb er schon im Vorfeld erkunden musste, welche Gefahr von ihnen ausging. Zu keinem Zeitpunkt räumte irgendein Fragment im zersplitterten Chaos seines Verstandes einem anderen Fragment gegenüber ein, dass hier wohl jener Zustand vorlag, den man Neugier nannte.
    Schließlich entwirrte sich das Durcheinander, und die Sleer-Brütersegmente stolperten davon und erinnerten dabei an Festgäste, die trunken nach Hause torkelten. Einige bewegten sich auf vier Beinen und andere auf zweien, wie aus dem Garten der Lüste entwichen. Eine dieser höchst bizarren Kreaturen geriet, wie Crane sah, in den Hinterhalt der Front- oder Jagdsektion eines anderen Sleers und wurde davon verschlungen, während sich das Brütersegment des Fressenden wieder mit diesem vereinigte. Nachdem auch die letzten harten Partygäste ihres Weges gegangen waren, setzte auch Crane seinen Marsch fort - und erneut stürzten sich Kreaturen, die einfach nicht anders konnten, als alles zu probieren, was sich bewegte, aus der Dunkelheit auf ihn und zerbrachen ihre Fresswerkzeuge an seinem diamantharten Körper. Unmittelbar vor Sonnenaufgang hörten diese Angriffe von neuem auf, und der Grund, warum alle kleineren Sleer jetzt lieber die Köpfe einzogen, wurde rasch erkennbar.
    Ihre Beißzangen waren riesig und mörderisch scharf; die Sägemandibeln übertrafen alles, was Crane bislang erblickt hatte, und waren jeweils auf beiden Seiten scharf. Darunter und unter dem eigentlichen Maul ragten zwei Gliedmaßen hervor, deren Spitzen exakt wie Eispickel aussahen. In einem Winkel seines Verstandes vermutete Crane, dass sich diese zusätzlichen Horrorinstrumente entwickelt hatten, um ähnlich dick gepanzerte Kreaturen zu fressen - Sägen, Hämmer und Hebel, um an das Fleisch darin zu gelangen -, aber ihm war auch klar, dass sich diese Instrumente

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