Der Messingmann
auch unsere Brüder und Götter sind, warten ? ( Anonymus)
Zerschmetterte Leichen lagen unter dem Rand der Plattform. Fethan erkannte die unmissverständlichen Verformungen und das Muster der Spritzer ringsherum und wusste, dass der Sturz von dort oben sie umgebracht hatte. Ohne große Hoffnung, hier noch jemanden am Leben vorzufinden, trat er näher heran und suchte an ein paar Gestalten nach einem Puls. In diesem Augenblick stellte er fest, wie sich die Verstärkerkreaturen zu befreien versuchten, wie sie die Beine streckten, um ihre Röhrchen aus den Köpfen der Leute zu ziehen. Er ging auf Distanz und vermutete, dass sie die Leichen aufgaben, um sich neue Beute zu suchen; dann jedoch sah er einen Mann aus der Verwüstung hervorstolpern und vor Schmerzen stöhnen, weil seine Verstärkerkreatur sich auch zu befreien versuchte.
Der Mann stolperte auf die Leichen zu, zerrte den nackten Körper einer Frau heran und barg ihren Kopf in seinem Schoß. Dann wurde er still, wiegte sich hin und her und streichelte ihre verformte Stirn. Fethan sah, wie flüssige Gehirnmasse aus ihrem Ohr lief; er hätte gern geholfen, wusste aber, dass er dem Mann nichts anbieten konnte. Er wandte die Aufmerksamkeit wieder dem Verstärker des Mannes zu und sah, dass sich das Ding beinahe ganz befreit hatte - dass jetzt Ringel blutiger Röhrchen zwischen ihm und dem Schädel zu sehen waren. Es schien jedoch, als hätte die Kreatur damit nichts gewonnen, denn sie begann zu vibrieren und färbte sich grau, hüpfte dann vom Kopf herunter, rollte sich im Staub zusammen, starb. Jetzt vernahm Fethan den Lärm eines Hagelschauers, was, wie er gelernt hatte, hier eine häufig auftretende Witterung darstellte.
Nur war es kein Hagel. Er drehte sich um und sah zu Tausenden graue, sterbende Verstärkerkreaturen von der Unterseite der Stadtplattform regnen. Er fragte sich, was diese Kopie des Killerprogramms empfand, wenn sie die eigene Umwelt zerstörte.
Ich habe keinerlei Selbsterhaltungstrieb, der über die Erfüllung meiner Aufgabe hinausginge, antwortete die Masterkopie, nachdem er die Frage innerlich gestellt hatte.
Aber deine Aufgabe besteht doch sicher darin, Skellor zu töten ?
Das tut sie, aber falls sich das als nicht mehr möglich erweist, verändern sich meine Imperative.
Du kannst Skellor nicht erreichen … Ich meine, diese Kopie von dir kann nicht mehr zu ihm durchdringen.
Korrekt. Skellor hat sich aus dem Netzwerk zurückgezogen.
Du stehst also mit deiner Kopie in Verbindung ? Ja- Wie lauten diese Imperative jetzt hier unten ?
Für meine Kopie: durch Vernichtung des versklavenden Netzwerks Menschenleben retten
- denn Skellor hatte seine menschlichen Datenknoten auf Selbstzerstörung programmiert.
Hätte ich mir denken können.
Fethan bemerkte, dass der Mann jetzt zu ihm aufblickte. Was sah er wohl? Dass da jemand stand, der Selbstgespräche führte und ins Leere blickte? Fethan ging auf den Mann zu.
»Wer bist du?«, krächzte dieser.
»Ich heiße Fethan.«
»Du … du bist nicht von hier.«
»Nein.«
Der Mann musterte argwöhnisch Fethans Schutzanzug aus Chamäleonstoff, während er sachte den Kopf seiner Geliebten vom Schoß nahm.
Fethan war für die Begriffe der hiesigen Menschen alt, und er konnte menschliches Verhalten deuten. »Ich bin nicht hier, um jemanden zu verletzen, sondern um zu helfen«, sagte er. »Es liegt an mir, dass diese Dinger … « Er stieß eine Verstärkerkreatur mit der Stiefelspitze an. » . . jetzt sterben.«
Der Mann stand auf. »Wo ist derjenige, der für das alles hier die Verantwortung trägt?«
»Ich weiß es nicht. Wahrscheinlich auf der Flucht, aber ich denke nicht, dass er weit kommen wird. Sag mir: Wie heißt du?«
Der Mann ließ die Schultern hängen, wirkte auf einmal sehr müde. »Tanaquil, Chefmetalleur dieser Stadt«, sagte er und setzte dann hinzu: »Drache hat uns gewarnt, aber wie hätten wir… das /«’«-glauben können?« »Ja, das fällt einem immer schwer«, antwortete Fethan.
Der Droon war durch den Dunst immer noch zu sehen, der Körper durch den Schmaus an Stone verformt, sodass weißliches Fleisch zwischen Panzerrippen hindurchschimmerte. Das Ding war böse, entschied Tergal. Es hatte das Sandschwein von Tergals Großvater umgebracht und nach diesem soliden Schmaus keinen Grund mehr, ihnen jetzt noch nachzusetzen. Die ganze Situation war einfach nicht fair. Tergal wischte sich wütend eine Träne des Selbstmitleids weg und wandte sich dem neuen Irrsinn zu,
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