Der Messingmann
gezuckt. »Gewisse andere Faktoren sind ins Spiel gekommen, Ian Cormac, nicht zuletzt die Priorität meines eigenen Bedarfs an ihr.«
Cormac verzog das Gesicht. »Ich habe Generalvollmacht von Earth Central erhalten, die du wahrscheinlich außer Kraft setzen durftest und dies wahrscheinlich auch aus den allerbesten Gründen, also habe ich nicht vor, in diesem Punkt Einwände zu erheben. Ich hätte nur gern eine Erklärung.«
»Simpel ausgedrückt«, erklärte die KI, »haben wir beschlossen, dass es wichtiger ist, die Dschainatechnik verstehen zu lernen, als einen einzelnen Verbrecher dingfest zu machen, der sie zufällig benutzt. Skellor ist gewiss gefährlich -jeder Separatist mit einer Schusswaffe ist gefährlich. Geht man gegen besagten Separatisten vor oder gegen den Waffenhandel? Die Antwort lautet schlicht, dass man gegen beides vorgeht, aber das Letzgenannte zwingend Priorität genießt.«
»Eine sehr elastische Analogie«, sagte Cormac gepresst.
»Da sind noch die übrigen Faktoren, von denen ich sprach.«
»Fahr fort.«
Jerusalem erläuterte weiter: »Asselis Mika wird sich bald einer schweren Operation unterziehen, ohne die sie sterben müsste. Sobald ich den Eingriff ausgeführt habe, bringe ich sie entweder auf der Intensivstation oder im Kälteschlaf unter, während eine meiner Sub-KIs vereinzelte, nachwachsende und möglicherweise mutierende Dschainafasern entfernt. Wäre sie an Bord der Jack Ketek, käme das gleiche Szenario zum Tragen: Sie wäre nutzlos für Sie.«
Als er das hörte, fragte sich Thorn, ob seine hartnäckige Forderung, nicht Mika zu begleiten, sondern an Bord der Jack Ketek zu gehen, eine allzu clevere Idee gewesen war.
»Aber dann ist sie doch auch für dich nutzlos«, wandte Cormac ein.
»Für einen Zeitraum von fünf bis zehn Tagen, an dessen Ende ich robotische T-Zellen entwickelt und nanotechnisch hergestellt haben werde, die alle verbliebenen Dschainastrukturen in ihrem
Körper aufstöbern und vernichten können. Offenkundig wäre auch Jack in der Lage, solche Nanobots einzusetzen. Aber wird die Suche nach Skellor Sie nicht, von Viridian ausgehend, entweder an die Grenze oder gar aus der Polis hinausführen?«
Cormac blickte unbehaglich drein und nickte.
Erbarmungslos fuhr Jerusalem fort: »Dann besteht nur eine geringe Chance für mich, diese Nanobots mit irgendeinem Medium zu übermitteln, denn dies müsste durch das Runciblenetz geschehen.«
»Ja, okay.«
»Es wäre auch sinnvoll, einen weiteren Punkt im Gedächtnis zu bewahren: Asselis Mika glaubt selbst, dass sie bei mir an Bord nützlicher sein kann.«
Cormac schwieg, und seine verärgerte Miene machte der Ausdruckslosigkeit Platz, als er die Arme verschränkte.
»Danke für deine Erklärung«, sagte er kalt.
Der Kopf nickte einmal, zog sich langsam zurück und ging aus. Kurz erschien der Ouroboros wieder, wie ein Freizeichen im Telefon, bis auch er verschwand.
Nach einer Pause wandte sich Cormac an Thorn. »Du hast die Prognose für Mika gehört, und für dich gilt in ein paar Tagen wahrscheinlich das Gleiche.«
Thorn richtete sich kerzengerade auf und bemühte sich, unter dem stechenden Schmerz an der Basis der Wirbelsäule nicht zusammenzuzucken. »Ich habe es gehört.«
»Du kannst ein Shuttle zur Jerusalem nehmen.«
Thorn schnaubte. »Was sollte ich auf einem solchen Schiff tun? Da liege ich lieber hier im Kälteschlaf.«
Cormac nickte und wandte sich an den Schiffsavatar: »Jack, bring uns in den Subraum.«
Sofort wichen die Sterne und die Schwärze einem tiefen Grau, und Thorn erlebte immer noch einen Schauder über diese seltsame zupfende Empfindung, die ihm verriet, dass sie unterwegs waren.
»Und wo wir gerade dabei sind, Jack«, fuhr Cormac fort, »überzeugen wir uns doch mal davon, was unsere tote Separatistin zu sagen hat.«
Ungeachtet seiner Schmerzen hatte es Thorn fasziniert zu erfahren, dass dieses Schiff über ein eigenes Gespenst verfügte. Er starrte hin, als eine Verzerrungslinie außerhalb der Salonzone durch die Luft lief. Mit einem Klicken und Wimmern schaltete sich der Jack-Automat ab; er ließ den Kopf hängen, und das Glitzern hinter der Brille erstarb. Anscheinend war es für die KI zu schwierig, gleichzeitig den Automaten und die Projekdon Aphrans zu steuern, die jetzt auftauchte.
Das war nicht die Frau, die Thorn von Bildern kannte. Die Frau auf den Bildern war voller Verachtung gewesen, wütend, enttäuscht darüber, dass sie nicht weiterkämpfen konnte … mit
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