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Der Metzger bricht das Eis

Der Metzger bricht das Eis

Titel: Der Metzger bricht das Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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schneidend durch die Dämmerung klingen. Hinweise zur küchentechnischen Verarbeitung derartigen Kleinviehs werden lautstark kundgetan, der Gehstock des alten Kalcher wird auf seine Speerwurftauglichkeit getestet, alles vergeblich. Edgar ist, verfolgt von Lisl, untergetaucht, direkt unter den in der Scheune geparkten Traktor, und widmet sich genüsslich dem wunderbar bissfesten Hartgummi.
    Angesichts der Zornesröte in den ihr entgegenblickenden Gesichtern startet Danjela Djurkovic umgehend den ersten Schlichtungsversuch: »Bitte ich Sportlerrunde, bin ich mit Hund gerade gestraft genug, brauch ich nix auch noch so böse Blicke von ansonsten sicher freundliche Menschen!«
    Mit dieser charmanten Parade hat wohl keiner der Anwesenden gerechnet. Auch dem zögerlichen: »So ein Viech gehört doch an die Leine!«, wird ein einsichtiges: »Fast selbe Wortlaut hör ich schon ganze Zeit von meine Erziehungsberechtigten!« entgegengesetzt. Ein gestreckter Zeigefinger deutet auf den ins Flutlicht tretenden Metzger.
    »Aber wie Sie sehen: Das Weibchen ist genauso schlecht abgerichtet wie der Hund!«, fügt dieser hinzu, und nun ist es gebrochen, das Eis.
    »Was soll das gwesen sein, ein Hund?«, ist der erste humorvolle Beitrag, und zugegeben, etwas seltsam sieht er schon aus, der mehrfach im Schnee gewälzte Edgar. Da kleben die Haare eben ein wenig beisammen und stehen in alle Himmelsrichtungen.
    Für weiteres Amüsement wird also gesorgt:
    »A Hund kanns net gwesen sein, eher a Faschingsperücken!«
    »Aber nur wennst als Kingkong gehen willst!«
    Das Gelächter ist groß, die Versuchung des Metzgers auch:
    »Männchen mit ähnlicher Frisur sind ja hier auf der Piste keine Seltenheit, sogar als Skilehrer.«
    »Mit Kindergruppen?«, ist die Frage, und da nickt er natürlich erfreut, der Willibald.
    »Die Schiachperchten kann dann nur der ältere Thuswalder Bub gwesen sein. Ein feiner Kerl, so wie sein Vater!«
    »Im Gegensatz zum Jüngeren, den Suam. Die zwei sind ja wia Tag und Nacht!«
    »Ein kleiner Verrückter ist er aber schon auch, der Laurenz – so wie euer Hund«, ergänzt ein anderer.
    »Aber im Gegensatz zum Laurenz is das Haustier hoffentlich noch nicht ausgwachsen? Da is ja bald deine Meersau größer, gell, Lisl!«, ertönt eine Stimme aus dem Dunkel.
    Dann tritt der fehlende, gerade eben erst zu Fuß eingetroffene Teilnehmer aus dem Schatten der Flutlichtanlage: Heinrich Thuswalder. Und genau deshalb ist sie hier, die Djurkovic: »Muss man sagen Männern ein ums andre Mal: Kommt nix auf Größe an!«, sorgt sie für Stimmung. Herzlich ist die gegenseitige Begrüßung, und nicht ganz so erfreut wird im Hinblick auf das einsame Herz des Robert Fischlmeier Willibald Adrian Metzger registriert. Dann ist Danjela Djurkovic gleich für das nächste Gelächter verantwortlich: »Und jetzt will ich probieren, schaut ja Herumgerutsche wirklich nix schwer aus. Also, welche Stock kann ich nehmen?«
    Lustig haben sie es jetzt, die Herren.
    »Na, leicht is so ein Stock nicht, fast vier Kilo!«, erklärt der Erste.
    »Außerdem schaut dein Hund mehr nach Hund aus, als du nach Eisstockschiaßen!«, der Zweite. Mitten hinein in diese gute Stimmung legt Danjela Djurkovic ihren Arm um die Schulter des Ersten, ein schmächtiges, um einen Kopf kleineres Männlein, und erklärt: »Heb ich Stock noch locker, selbst wenn sitzt du obendrauf!«
    »Na, dann pack mas!«, erklärt Heinrich Thuswalder.
    Acht Herren und eine Dame müssen sich nun in zwei Mannschaften teilen, was erst dank der freiwilligen Spielverzichtserklärung des Metzgers kein unmögliches mathematisches Problem mehr darstellt. Höchstens ein zwischenmenschliches, denn wer will schon eine Anfängerin in der Gruppe haben. Fairnesshalber landet also der Kalcher-Uri im einen und die Djurkovic, natürlich gewählt von Heinrich Thuswalder, im anderen Team.
    Zwecks Annäherung wird eine selbstverständlich vorhandene Ersatzdaube auf das Mittelkreuz des Spielfeldes gelegt, dann geht es los, und es passiert das Unmögliche.

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    »Entweder du lügst, oder dein Stock ist magnetisch«, meint Heinrich Thuswalder begeistert. Eine andere Erklärung scheint auch in Anbetracht dessen, was da vom ersten Versuch an von einer selbst erklärten Anfängerin mit der, wie sie betont, »schlechteren Hand!« aufs Eis gezaubert wird, nicht denkbar.
    »Is nix der Stock magnetisch, sondern bin ich magisch!«, entgegnet Danjela Djurkovic vergnügt und ist überzeugt, sie nach all den Jahren voll zig

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