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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Reiz bekommt, besonders für Pfarrer Bichler: »Servus, Maria! Hast du mir da einen Gast zu deinem täglichen Rosenkranz mitgebracht?« Dabei erntet der Metzger einen Blick von der Sorte: »Na, Sie hätt ich kein zweites Mal sehen müssen!«
    Zum Glück lässt er den »Sohn« weg, offenbar sucht er sich seine Kinder selbst aus: »Haben Sie sich also ein Herz gefasst und sind in meine schöne Kirche gekommen.«
    Seine Kirche? Er ist mir einfach zuwider, denkt sich der Metzger und meint, den Pfarrer unfreiwillig einseitig anschmunzelnd: »Ein Herz hatte ich zwar schon vorher, aber schön ist die Kirche Ihrer Gemeinde tatsächlich.«
    Maria Zellmosers Kicherer ist nicht zu überhören, was Pfarrer Bichler natürlich keineswegs gefällt, aber immer noch besser als das, was er da in ihrer Hand entdeckt.
    »Das sind ja die Hirzinger-Schwestern. Wo hast du denn das her?«
    »Da schaust, Alois, gell. Fotos von der Paula. Die Bilder hat der nette Herr gfunden!«
    »Ach wirklich! Gefunden? Und wo bitte?« Ein ernster Blick durchbohrt den Willibald, und es folgt die unverhohlen anklagende Frage: »Wo haben Sie die her?«
    Und noch bevor der Metzger sich zu einer Antwort aufraffen kann, die wohl in einem ziemlichen Herumgestammel enden würde, erhält er unerwartet Schützenhilfe.
    »Du musst dich ja an die Gschichte mit der Paula recht gut erinnern können. Des is ja alles in dem Jahr passiert, wo du nach deiner Zeit hier als Kaplan endlich die Nachfolge vom Pfarrer Wieland angetreten hast.«
    Pfarrer Alois Bichler schwenkt ein wenig vom Metzger ab: »Ja, der Pfarrer Wieland, Gott hab ihn selig!«
    »Den hat der Herrgott sicher selig, so ein liaber Mensch, wie der wor.« Deutlich ist Maria Zellmoser anzusehen, dass das mit dem lieben Menschen ihrer Meinung nach wohl auf Pfarrer Bichler nicht ganz so zutrifft.
    »Natürlich erinnere ich mich. Sehr tragisch war das.« Der Priester umfasst mit einer Hand sein silbernes Kreuz, lässt sich aber nicht weiter ablenken und gibt, den Metzger dabei völlig übergehend, mit nachdrücklichem Tonfall die Anweisung: »Das Beste ist, ich bring die Fotos dem Hirzinger Hans zurück, dem sie wohl auch gehören. Hergeschenkt wird er sie ja nicht haben! Würdest du mir bitte die Bilder geben, Maria?«
    Viel Phantasie muss der Metzger nicht aufbringen, um sich dieses vorwurfsvolle Von-oben-herab-Gesicht noch ein paar Meter weiter oben in der Kanzel vorzustellen. Eine Bichler-Sonntagspredigt über den Ohren eines gehörigen Katholiken kann einem Katholiken gewiss gehörig den Tag verderben.
    So streng kann der Pfarrer allerdings gar nicht dreinschauen, dass dem Willibald die hypnotische Wirkung entgeht, die die beiden Fotos in der Hand von Maria Zellmoser auf Alois Bichler ausüben. Der Metzger nimmt die Bilder an sich und nimmt Abzüge in der Beurteilung seines eigenen Sozialverhaltens in Kauf: »Sie wissen also vom Hinschauen, dass diese alten Fotos dem Hans Hirzinger gehören und er sie garantiert nicht hergegeben haben kann? Interessant. Und selbst wenn man davon ausginge, dass das stimmt, dann wäre es doch naheliegender, sie gleich dem Sascha Friedmann in die Hand zu drücken, mit dem ich gerade unterwegs bin, denk ich.«
    Pfarrer Bichler braucht keine Kanzel: »Denken Sie! Ohne von der Geschichte eine Ahnung zu haben, ohne in Erwägung zu ziehen, dass es emotional vielleicht von Vorteil ist, wenn die leidgeprüfte Familie Hirzinger jetzt, wo auch noch August-David Friedmann verschieden ist, nicht neben dem Sterbebildchen des verstorbenen Vaters, Ehemanns und Schwiegersohns zusätzlich noch diese tragischen Fotos vorgesetzt bekommt, sozusagen als dunkle Erinnerung. Sie denken also. Überlassen Sie das Denken in dieser Geschichte bitte anderen! Hören Sie auf mich, und vor allem, hören Sie auf Ihr Herz!«
    Sich mit einem redegewandten Menschen, was ja ein Priester allemal ist, auf einen Disput einzulassen kann ziemlich nach hinten losgehen. Genau das zu tun ist jetzt auch dem Metzger ein dringendes Bedürfnis: »Sie meinen, ich soll vor allem auf mein Herz hören? Das ist eine wirklich gute Idee!« Er steht auf, verabschiedet sich freundlich von Maria Zellmoser, am liebsten hätte er ihre weiche, faltige Hand ein Zeitchen länger gehalten, und geht zurück zum Ausgang.
    Die Wut ist dem Pfarrer ins Gesicht geschrieben, und der Metzger fragt sich: Warum? Was bringt ihn an zwei verblichenen Fotos so in Rage?
    »Das Böse ist nicht aufzuhalten, ich sage es immer wieder«, wirft ihm der Hochwürden

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