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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Sofa und Fernsehgerät, also grundsätzlich alles von der väterliehen Erwartungshaltung Abweichende. Und weil da im Laufe der Ehe eine recht stattliche Menge zusammengekommen war, blieb schließlich nur noch eine letzte Enttäuschung der väterlichen Erwartungshaltung übrig: die Ehe an sich. Wie dann Willibalds im Türrahmen stehender, als entlarvter Seitenspringer zur Rede gestellter Vater gegenüber seiner Frau so feinfühlig erklärte: »Kann ja nicht sein, dass du dich deshalb so aufregst!«, war es das letzte Mal, dass im Hause Metzger diese Floskel gebraucht wurde. »Doch, das kann sein!«, lauteten die ihm vehement zu Gehör gebrachten Abschiedsworte, dann fiel die Tür zu. An diesem Tag stieg seine Mutter hinter ihrem eigenen Schatten hervor und brachte sich selbst zur Welt. »Alles ist möglich!«, wurde dann zum Leitsatz der zurückgelassenen Metzger-Kleinfamilie.
    Also: Vielleicht ist Ferdinand Anzböck von selbst ins Haifischbecken gestürzt und Paula Hirzinger noch am Leben. Obwohl der Metzger inzwischen wohl noch eher an die Auferstehung der Totgeglaubten glauben will.
    Und während er so seinen Zettel anstarrt, als könnte unter seinem Stammbaum die Lösung ganz von selbst erscheinen, läutet das Telefon: »Wo bist du?«
    »Hallo, Danjela! Einen netten Ausflug hab ich gemacht, mit Herrn Friedmann. Hatte vorhin kein Netz mehr.«
    »Na, hoffentlich ist Ausflug ohne Netz nicht auch freie Fall. Passt du bitte auf. Mach ich übrigens auch gerade Ausflug, in Büro von Masseur Jakob Förster. Nur in Bademantel!«
    »Nur im Bademantel? Hoffentlich erlegt dich der Förster nicht und zieht dir dein Frotteefell ab!«
    Die Djurkovic muss lachen, und der Metzger ist froh darüber, anscheinend geht es ihr gut. »Nein, nein, bin ich braves Mädchen. Außerdem hat mich Förster gejagt, nix umgekehrt. Wegen Schlüsselkarte. Hab ich liegen lassen in Massageraum. Kurzer Förster-Anruf auf meine Handy, und bin ich schon unterwegs in seine Hochstand. Fällt mir Stein von Herzen. Hab ich Nachmittag noch dichtes Programm. Seh ich meine Willibald bei romantische Abendessen in Restaurant?«
    Ein wenig zu lange denkt er nach, der Willibald, vor allem zu lange für die von Damenseite erwartete Begeisterung über das bevorstehende gemeinsame Abendessen.
    »Hallo, bist du noch auf andere Seite?«
    »Ja, ich bin dran«, antwortet der Metzger und täuscht sich. Denn dermaßen erschrocken zuckt er zusammen, dass ihm das Telefon aus der Hand fällt, direkt vor seinen Stammbaum. So heftig war das Klopfen an der Scheibe.
    Die Tür wird aufgerissen, und der Zettel auf dem Schoß des Willibald wechselt den Besitzer.
    »Was machst du da?«, zischt es herein.
    »Willibald?«, klingt es noch aus dem Telefon, bevor ihm auch dieses mit einem schnellen Handgriff entrissen wird.
    »Was erlauben Sie sich!« Der Metzger ist völlig fassungslos und erkennt augenblicklich, wie wirkungslos seine Bemerkung samt der angedeuteten Wehrhaftigkeit ist: Beängstigende Feindseligkeit ist ihm ins Gesicht geschrieben und in die Hand gelegt – dem von der Hausmauer spuckenden Tankräuber Benedikt Friedmann.
    »Da schleichst du Saukerl in unserem Haus am Dachboden hin und her, und dann stierlst du auch noch in unserem Leben herum. Was soll das? Bist du ein verdammter Schnüffler? Bist mir ja schon in der Kuranstalt aufgefallen!«
    Sein aufgeklappter Feitel drückt sich in die reichlich gepolsterte Seite des Restaurators. Und obwohl es die Länge des Taschenmessers nur schwer mit der Dicke der Fettschicht um Willibalds Hüfte aufnehmen kann, reicht der glänzende Auftritt einer polierten Klinge zur Einschüchterung des nicht gerade abgebrühten Restaurators durchaus, obwohl er aus der Vorstadt kommt.
    Benedikt Friedmann verdeutlicht nun seine Drohgebärde zusätzlich verbal, nur damit keine Missverständnisse aufkommen: »Ich stech dich ab wie eine Sau, wenn du einen Muckser machst. Und jetzt steig aus!«
    Das glaubt er ihm, der Metzger, dass da mit dem Abstechen von Säuen reichlich Erfahrung vorhanden ist. Eigentlich sollte ja prinzipiell ein jeder, der gelegentlich mit Serrano-, Parma-, Prager, Press-, Spargel-, Maroni-, Bärlauch-, Kren-, Jagdherrn-, Gutshof-, Gewürz-, Sauna-, Winzer-, Vital-, Bein-, geselchtem, geräuchertem, gekochtem, gepökeltem Schinken, Spanferkerl, Schweinsbraten, Kümmelbraten, Stelze, Schnitzerl, Knacker, Käsekrainer und Wurstkonsorten dem Cholesterinspiegel ein wenig auf die Sprünge hilft, wenigstens ein einziges Mal

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