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Der Metzger geht fremd

Der Metzger geht fremd

Titel: Der Metzger geht fremd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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eigenhändig so eine Sau abgestochen, zerlegt und zellophaniert haben.
    Da hat so ein Kind einer Bauernlende dem städtischen Nachwuchs an Ursprünglich-, Geradlinig- und Bedenkenlosigkeit schon einiges voraus.
    Und dass Benedikt Friedmann bedenkenlos seinen Feitel ziemlich geradlinig zum Einsatz bringen würde, daran zweifelt der Willibald natürlich keine Sekunde. Der ursprüngliche Gedanke an Gegenwehr, beispielsweise in Form eines Schreies über den Platz, eines Remp-lers mit anschließendem Davonlaufen oder gar eines Wortgefechts, kommt dem Willibald durch das an ihn angesetzte, ausgesprochen stichhaltige Argument nicht einmal mehr ansatzweise. Und so wird ein blasser Restaurator, dessen Geistesgegenwart gerade noch reicht, um sein Jackett vom Sitz zu nehmen, in den Opel Kadett mit Heckspoiler umgesiedelt.
    Trotz des deutlichen Alters dieses Wagens ist sein Innenraum äußerst gepflegt, um nicht zu sagen: von einer, im Gegensatz zum Hirzinger-Hof, direkt hysterischen Ordentlichkeit. Kein Krümel auf den Magnetsitzauflagen, kein Steinchen auf den Fußmatten. Der Vanilleduftbaum ist, dem Geruch nach zu urteilen, ganz frisch geschnitten, was dem Metzger natürlich sogleich eine wehmütige Djurkovic-Sehnsucht verpasst, und neben dem Bäumchen am Rückspiegel baumelt, so wie eben erst in Maria Zellhofers knöchernen Fingern, ein Rosenkranz. Der passt genauso gut zu Benedikt Friedmann wie ein » Ich bremse auch für Tiere«-Pickerl auf der Heckscheibe des Kühlfahrzeugs einer Fleischerei.
    Versteht sich von selbst, dass der pedantische Friedmann, bevor der Metzger einsteigen darf, die Auflage des Beifahrersitzes hochklappt und seinem Fahrgast die darunterliegende altersadäquat abgenutzte Sitzfläche anbietet. Dann durchschneiden quietschende Reifen und laute Motorengeräusche die Stille des Ortskerns, den die ausnahmsweise früher aus der Kirche kommende Maria Zellmoser gerade betritt, um so wie jeden Tag, in der Hoffnung auf eine kurze Plauderei, ein wenig auf einer der Bänke zu sitzen.
    Abermals läutet das Metzger-Handy, das Display zeigt: » Beste Frau für Willibald«.
    »Mach jetzt ja keinen Fehler!« Benedikt Friedmann reicht, während er in einem Höllentempo zurück Richtung Hirzinger-Hof fährt, dem Metzger das Telefon.
    »War wieder schlechte Netz?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Bekommst du gerade erste Fahrstunde, oder hat Auto nur drei Gänge?«, hört der Metzger abermals am anderen Ende die Djurkovic.
    »Nein, nein, wir beeilen uns nur!«
    »Sag Friedmann, soll er fahren wie Mensch, nicht wie Mann in Wechseljahre! Geh ich jetzt zu Förster.«
    »Pass auf dich auf!«
    »Du auch. Und, kommst du mit in Restaurant?«
    »Natürlich!«
    »Schick ich dir Kuss.«
    »Ich dir auch.«
    Benedikt Friedmann hält unmissverständlich die Hand auf, und der Metzger gibt ihm ohne weitere Aufforderung das Telefon.
    Mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit rast der Opel Kadett an einem am Straßenrand stehenden Traktor vorbei. Dann folgt nach einer kurzen, schweigsamen Fahrt etwas völlig Unvermutetes: Benedikt Friedmann biegt in einen Feldweg ein. Einige Kurven geht es rasant durch mannshohe Kukuruzstauden, bis schließlich ein Waldrand auftaucht. Dort endet der Weg, und der Wagen bleibt stehen.

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    S ASCHA F RIEDMANN HAT seinen Treibstoff bekommen und sich selbst hervorragend als solcher in Szene gesetzt. Denn der Grund für seinen Auftritt im Dorfgasthof Postwirt war genau der passende Stoff, der einem Besucher dieses Gasthauses vor lauter Gaudium nur so die Tränen in die Augen treibt. Und da an diesem Sonntag die männlichen Bewohner des Dorfes fast vollständig mit ihren Krügerln in der Hand versammelt waren, mangelte es auch nicht an der entsprechenden geistigen Verbrüderung, dem vom Obergärigen flüssig gemachten Wortwitz und dem gemeinsam angestimmten schallenden Gelächter.
    »Was brauchst du? Eine Tankfüllung? Na, deswegen sind wir doch alle da! Prost!«
    »Diesel? Wirt, kannst du dem Friedmann bitte aus deiner Zapfsäule eine Halbe Diesel runterlassen?«
    Am bemerkenswertesten fand Sascha Friedmann die überraschende Englischkenntnis des ansonsten weniger geistvollen Schober-Bauern: »Und deswegen kommst du zum Frühschoppen? Ha, der Friedmann-Rotzbub kommt zum Frühschoppen, weil er den Diesel für seine Rostschüssel alles andere als früh shoppen war.«
    Und obwohl diese feine verbale Klinge für einige der Anwesenden genauso wenig zu verstehen war wie das mit der Weibergleichberechtigung, ausgiebig

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