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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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sich als feudaler Landsitz und der wieder fahrtüchtige Wagen als genau das richtige Gefährt, um sich allein schon bei der Ankunft als dazugehörig auszuweisen. Beim Aussteigen allerdings trennt sich dann die Spreu vom Weizen. Was um Himmels willen mach ich hier?, stellt sich der Metzger die Frage, während sein Auge fasziniert all die geparkten Nobelkarossen samt deren Nummerntafeln fixiert. Da kann man was lernen: Zum Beispiel, dass der Gedankenschluss von Reichtum samt der entsprechenden Privatschulbildung auf Intelligenz genauso stupide ist wie der von Armut auf Dummheit. Denn da stehen sie alle: Ein HERZI1, ein LOVE6, ein CHEF01  & ein CHEF02, ein REICH1, MILLE1, GELD99 und GOLD24, ein schon etwas einfallsreicheres DDUCK1, ZORRO7 oder JB007 und ein ganz besonders originelles, da braucht man dann die Privatschule wirklich, OVID1, PHI314 und HZ440 mit durchschimmernd auf der Heckscheibe angebrachtem Violinschlüssel. Natürlich würde dem Metzger diese HZ440 nicht besonders ins Auge stechen, sieht ja aus wie ein gewöhnliches Kennzeichen, wäre da nicht sein Erinnerungsvermögen. Manches vergisst man eben nicht mehr, selbst wenn man möchte. Das kann einem nämlich nachhaltig die besten Leberknödel oder Frittaten versalzen, so ein in der Schulzeit bei jeder Gelegenheit mit erhobenem Zeigefinger hingepfeffertes:

    »Ist der Löffel konkav, bleibt die Suppe brav,
    ist der Löffel konvex, macht die Suppe klecks!«

    Kein Wunder also, wenn das Hirn des Willibald in Anbetracht dieses HZ440 nun völlig automatisiert bei seinem alten Musiklehrer Professor Greiner landet:

    »440 Hertz, trara,
    das ist das Kammertönchen a,
    der erste Geiger spielt es rein,
    dann stimmt sich das Orchester ein!«

    Womit er wieder bei seiner eingangs gestellten Frage wäre: Was um Himmels willen mach ich hier? Eine rein rhetorische Frage natürlich, denn bei seiner traurigen Auftragslage liegt die Antwort auf der Hand: Da muss man schon einmal über seinen Schatten springen. Groß ist der im Augenblick aber nicht, denn die Sonne steht hoch und zeigt, was sie kann. Heiß ist dem Metzger in seinem schwarzen Sakko, was ihn in Anbetracht der herannahenden Truppe etwas mit Neid erfüllt.
    Ein Mann in fliederfarbenem Hemd, schwarzer Hose und ab dem dritten Hemdknopf versenkter dunkelvioletter Krawatte übernimmt den Wagen, ein anderer des reichlich vorhandenen und identisch gekleideten Servicepersonals empfängt die beiden mit einer Liste, markiert ihre Namen und erklärt: »Fräulein Sophie Widhalm und Herr Willibald Adrian Metzger, für Sie hat Herr Freiherr von Mühlbach zwei Einzelzimmer im Hotel ›Zum goldenen Bären‹ reserviert, Ihr Gepäck übernimmt unser Transportdienst, wenn Sie mir bitte folgen!«
    Zu dritt besteigen sie genauso ein Elektrofahrzeug, wie es sich gerade eben am Golfplatz als Herrschaftsfahrzeug vor ihnen eingebremst hat. Mit einem surrenden Geräusch geht es in beachtlichem Tempo am Anwesenvorbei zur Rückseite. Eine gigantische Wiese zwischen einer herrlichen Gartenanlage tut sich auf, aus deren Mitte ein kolossales, etwas orientalisch anmutendes Partyzelt emporragt. Gäste, darunter hochrangige Wirtschaftspersönlichkeiten, bekannte konservative Politiker und Vertreter der Kulturszene, schlendern mit Sekt- oder wahrscheinlich Champagnergläsern durch die Gegend: wunderbare Kleider, Hüte, Maßanzüge, hie und da ein buntes Sakko, ein Glitzerhauberl, wahrscheinlich ein Künstler, und, da wird dem Metzger immer ein wenig unwohl  – Trachten. Nicht dass er grundsätzlich etwas gegen regional gewachsene Bekleidungsgepflogenheiten hätte. Schwieriger wird’s mit dem Hinschauen erst dann, wenn pseudoaristokratische Stadtmenschen ihre maßgeschneiderten Lederhosen, Knickerbocker, Pfoardhemden und Dirndln vorwiegend zur Sommerfrische am Gebirgssee, zur Bauverhandlung in gehobene Skiorte oder zum Stelldichein auf weidmännische Tanzveranstaltungen ausführen. Und beinah Netzhautschäden verursacht es ihm, wenn sich diese Faschingsgilde dann mit dem wahren Adel durchmischt, um unterwegs im Ledersattel mit Büchsen, Steck- und Halstüchern inmitten privater Ländereien nicht nur ein bisserl herumzuballern, sondern nebenbei auch die Politik des Landes zu bestimmen.
    »Wir bringen Sie kurz in Ihr Quartier, der ›Goldene Bär‹ gehört zum Anwesen und bildet seine Außengrenze, zum Palais sind es dann in etwa zehn Gehminuten. Sie können aber jederzeit unseren Shuttleservice nutzen. Der Empfang findet um vierzehn Uhr auf

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