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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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der Festwiese statt, die Festtafel wird um neunzehn Uhr im Sonnensaal eröffnet, und das Frühstück gibt es wieder ab acht Uhr aufder Festwiese. Wenden Sie sich bei jedem Anliegen bitte gerne an uns!«
    Ein längeres Stück Föhrenwald lassen sie hinter sich, dann bremsen sich die kleinen Gummireifen ein. Es folgt ein »Genießen Sie Ihren Aufenthalt!«, und die nächste lila Krawatte übernimmt.
    Erst auf seinem Zimmer ist er wieder allein, der Metzger. Es ist ein im Landhausstil gehaltener Raum, der feine, süße Duft von Zirbe liegt in der Luft, und sogar der Klodeckel und das Telefon sind aus Holz  – was keineswegs bedeutet, dass Danjela Djurkovic deshalb abhebt. Mittlerweile macht sich der Metzger wirklich Sorgen, seit gestern Vormittag hat er sie weder erreicht noch sonst etwas von ihr gehört.

    Was sich gehört, weiß Sophie Widhalm. Dreizehn Uhr dreißig bei der Rezeption haben sie ausgemacht, und um dreizehn Uhr dreißig erscheint sie. Ja, sie erscheint, und dass sie dabei ihr Erscheinungsbild verändert hat, überrascht den Metzger keineswegs. So bilden sein Jackett, die bereits beim Reifenwechsel getragene Schnürlsamthose und sein nicht mehr reinweißes Hemd das perfekte diametrale Ensemble zum kurzen Schwarzen seiner dem Olymp entstiegenen Halbschwester. Eines ist sicher, auffallen werden sie beide.
    Dann beginnt der Spießrutenlauf. Wie oft sich der Metzger an diesem Nachmittag mit neiderfüllten Blicken das »Oh, was für wunderschöne Begleitung; wo und vor allem wie haben Sie sich denn so eine Göttin geangelt; oh, was für eine Anmut; oh, Unternehmensberaterin, phantastisch!« und mit herablassenden Blicken das »Ah, Restaurator, interessant; aha, dann sind Sie also sozusagenein Bediensteter unseres lieben Wernher!« anhören muss, weiß er nach seinem gewiss bereits weit über dem geplanten Pro-Kopf-Verbrauch liegenden Verzehr dieser stehend gereichten mobilen Happen nicht mehr.
    Natürlich hat sich seine Halbschwester, die dank einer Mischung aus Mitleid, Belustigung und Sadismus keinem erzählt, sie sei mit dem Dicken da blutsverwandt, bisher blendend unterhalten. Sophie Widhalm könnte spielend den Plan einiger hier versammelter Damen in die Tat umsetzen, sich auf der Stelle von einem Jungfreiherrn ihrer Wahl in den Föhrenwald abschleppen lassen und allerhöchstens neun Monate später dem erlauchten Kreise angehören. Folglich mutiert sie auf der Festwiese dank der ihr zuteilgewordenen Aufwartung auch in Windeseile zum Todfeind Nummer eins aller hier versammelten alleinstehenden Adelstöchter.
    Logisch, dass der Metzger bis auf ein kurzes Gespräch mit Wernher von Mühlbachs rothaarigem Neffen Albert, der sich nach der flüchtigen Begegnung vergangenen Samstag in der Pause des Konzerts noch an den Restaurator erinnern konnte, nicht viel zu Wort gekommen ist. Beinah wäre er schon einem der Elektrofahrzeuge zugelaufen, hätte ihn nicht endlich der Gastgeber erwischt: »Ahhh, mein Willibald Adrian!«
    Bei diesem überschwänglichen »Mein« staunen dann zusätzlich zum Restaurator auch ein paar der im Umkreis stehenden Aha-dann-sind-Sie-also-sozusagen-ein-Bediensteter-von-unserem-Wernher.
    »Und wo ist die Schönheit des Abends?!«
    Lächelnd nähert sich Sophie Widhalm, und könnte er Gedanken lesen, der Willibald, würde sie ihm in den Köpfen so mancher Dame nicht entgehen, diese schauerlicheLektüre: »Schönheit des Abends, jetzt bist du richtig tot!«
    »Gehen wir?«, erklärt Wernher von Mühlbach, umarmt linker Hand den Metzger, rechter Hand dessen Halbschwester und steuert zufrieden auf seinen Wohnsitz zu.
    »Wir spazieren jetzt eine Runde. Ich zeig Ihnen das Anwesen. Die da …«, dabei deutet er zurück in die Runde seiner Gäste, »… die brauchen uns nicht! Die haben ihren Champagner und genug zu essen, deshalb sind ja auch die meisten gekommen!«
    Und wie es der Teufel so will, sind noch nicht alle da.
    »Wird Zeit, dass du auftauchst!«, schmettert Wernher von Mühlbach einem der offenbar im Palais einquartierten Spätankömmlinge überraschend unhöf lich entgegen. Dann umarmt er beinah väterlich die Schönheit des Abends und erklärt stolz: »Darf ich vorstellen: Das sind Sophie Widhalm und Herr Metzger. Ja, und das ist Eugen, mein Sohn!«
    Nein, nein, nein!, denkt sich der Metzger, ich schließe jetzt nicht von den Kindern auf die Eltern! Nur kann er denken, was er will, dieses seltsame Gefühl lässt ihn nicht mehr los.
    Sophie Widhalm bleibt ungerührt: »Na, wir

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