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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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zwei Tage weg und meld mich von unterwegs!«
    Dass die Djurkovic-Mailbox zurzeit nur über Lautsprecher und von vier Ohren abgehört wird, versteht sich von selbst: »So ein Schwein, der ist um keinen Deut besser als mein Eduard. Jetzt verbringt dein sogenanntes Herzblatt mit dieser Drecksschlampe auch noch das Wochenende.Sag, Danjela, hat dich der schon jemals irgendwohin auf ein Wochenende eingeladen?«

    Keine drei Minuten nach der vereinbarten Zeit fährt ein silberner Wagen vor. Und weil Autos neben ihrer Mobilität ebenso dazu dienen, in Sekundenschnelle ein trügerisches Symbol des Wohlstands, des Ansehens und der Lebensauffassung ihrer Insassen abzugeben, unabhängig von der Laufdauer des Leasingvertrages, erwartet ein dominantes Männchen beim Stichwort »junge Dame« am ehesten einen Opel Corsa, Renault Clio oder irgendeinen Schrumpfasiaten. Bei dem, was da nun um die Kurve kommt, gäbe manch unrasierte Kinnlade den Zahnbelag frei. Weil dem Metzger aber in Ermangelung eines eigenen Führerscheins diesbezüglich jegliche Wahrnehmung fehlt, gilt in Anbetracht des bulligen Geländewagens sein einziger Sinneseindruck der offenkundigen Tatsache: Da kann ich gut einsteigen.
    Sicher, dass das Fahrzeug neu ist und nicht wenig Geld gekostet haben wird, fällt ihm schon auf, viel stärker jedoch registriert er den wunderbaren Duft im Inneren, die makellose Schönheit der Lenkerin und seine ungeputzten Schweinsledernen.
    »Da stört’s ja dann gar nicht, wenn wir von der Fahrbahn abkommen!«, beginnt er das Gespräch, mit Blick auf seine Schuhe.
    »Ja, aber glaub mir, bei Wintereinbruch bin ich froh über den Allrad!«
    So ist das mit der Kommunikation, man spricht vom Gleichen und meint was völlig anderes.
    Es folgen zum Bühnendeutsch der sonoren männlichen Stimme des Navigationsgeräts verschiedene Erörterungen:
    – über die Launenhaftigkeit des Wetters – dabei geht es hinaus aus der Stadt;
    – über die weiten berufsbedingten Fahrten einer selbstständigen Unternehmensberaterin  – dabei geht es die Schnellstraße hinunter durch den wald- und villenreichen Süden der Metropole;
    – über Taktiken zur Motivation der Mitarbeiter eines Unternehmens, denen in puncto Arbeitsfreude die Luft ausgegangen ist – dabei geht es nach einer scharfen Rechtskurve beinah über eine ebenso scharfe Randsteinkante.
    Beinah, weil darüber für dieses beeindruckende Reifenprofil kein Problem gewesen wäre. Das kann natürlich leicht passieren, sogar auf Staatsebene: ein selbstgefälliger Lenker eines massiven Gefährts, der ein wenig auf rechts außen vergisst. Der einmal eingeschlagene Kuschelkurs bleibt nicht ohne Konsequenzen. Viel zu schneidig, vor allem im Hinblick auf das rechte Vorderrad, nimmt Sophie Widhalm also die Kurve, und an der Außenseite der mächtigen Gummierung kommt es zur einschneidenden Reiberei. Nach einem selbst durch die geschlossenen Scheiben hörbaren, immer lauter werdenden Zischlaut wird dem Metzger klar: Einen Allrad stört es nur dann nicht, von der Fahrbahn abzukommen, wenn er ganz dem Namen entsprechend auch auf alle Räder zurückgreifen kann.
    Willibald Adrian Metzger weiß nun endlich, dass der protzige Haltegriff direkt vor ihm am Armaturenbrett nicht nur zum kommoden Einsteigen gedacht ist, und Sophie Widhalm beweist, dass sie nicht nur als Unternehmensberaterin eine Ahnung davon hat, was zu tun ist, falls jemandem die Luft ausgeht. Denn obwohl das Gefährt schlagartig sein Fahrverhalten ändert und von derFahrbahn abkommt, betätigt sie seelenruhig die Kupplung, lässt den Wagen kontrolliert durch ein wunderbar gestutztes Buschwerk gleiten und in einer Wiese ausrollen.
    Platz dazu bietet sich genug: Da stehen sie nun, die Widhalm, der Metzger und der Geländewagen, inmitten einer wunderbar gepflegten Landschaft, auf einem weitläufigen Rasen. Pedantisch geschnittenes Grün, kein Grashalm länger als das Nachbarpflänzchen, kein Herbstblatt, keine Tierlosung, kein Blümchen, kein Bienchen, kein Grashüpfer, wahrscheinlich nicht einmal ein Regenwurm. Da braucht es kein Schild, nicht einmal für Einzeller, hier kapiert jeder: Betreten verboten, ganz zu schweigen von Befahren.
    »Jetzt wären feste Schuhe ein Hit!«, erklärt Sophie Widhalm mit Blick auf ihren hohen Absatz.
    »Dass man damit überhaupt Auto fahren kann!«, murmelt der Metzger und setzt selbstlos, mit den Worten eines wahren Gentlemans, hinzu: »Aber wenn du mich einweist, mit und ohne stummes H, ich mach das!«
    »Aber

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