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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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grübelt der Kommissar auf dem Weg zurück in sein Notquartier vor sich hin: Nicht werden wie ein Herr Konrad, der irgendwo im Ausland hockt; nicht dazu beitragen, dass die Exfrau mit materiellem Überfluss versucht, dem verlassenen Kind gerecht zu werden, und dabei doch nur Fehler macht, Fehler, die sie aus ihren strengen, verbitterten Augen nur noch traurig auf ihr Leben blicken lassen; und schließlich nicht dafür verantwortlich sein, dass die eigenen Kinder eines Tages vor ihrem Zuhause davonlaufen müssen, auf Heimatsuche ins Niemandsland.

    Zumindest ist ihr nichts passiert!, flüstert der Metzger vor sich hin und beschließt, bevor er sich im »Goldenen Bären« eine kleine Abendmahlzeit genehmigt, noch ein wenig seine aufgestauten Energien loszuwerden.
    Gemächlich marschiert er durch den Föhrenwald und landet beim zurzeit für ihn wichtigsten Thema: Was treibt die Danjela ausgerechnet zu Trixi Matuschek-Pospischill, an der sie ja sonst kein gutes Haar lässt, und wieso ruft sie nicht zurück?
    Grübelnd bleibt er stehen: »Wieso?«
    »Wieso sind Sie nicht beim Essen? Das ist die Frage.«
    Hinter ihm steht, wie aus dem Nichts aufgetaucht, Albert von Mühlbach. Seine helle Haut hat sich zumindest im Gesicht dem Rot seiner Haare angepasst, der übrige Farbton ist undefinierbar, denn das, was der Metzger vom Restkörper zu sehen bekommt, ist überzogen von Sommersprossen. Unter einem ärmellosen Leibchen ragensehnige Arme hervor, und weil die Beine von ebenso dünner und drahtiger Ausführung sind, wirkt die Laufhose eher wie ein keckes Röckchen.
    »Ich bin nicht so der Gesellschaftsmensch!«, beantwortet der Metzger die Frage. »Und Sie?«
    »Ich esse nach achtzehn Uhr nichts mehr. Außerdem ist mir heute Morgen meine Laufeinheit ausgefallen! Also, ich muss dann weiter.«
    Es folgt ein höf liches Armzeichen, dann nimmt er ein Tempo auf, das dem Metzger eindrucksvoll verdeutlicht, wie Albert von Mühlbach sozusagen aus dem Nichts auftauchen konnte. Logisch, dass der Retourweg mit ambitioniertem, deutlich schnellerem Schritt in Angriff genommen und in weiterer Folge der Gastgarten des »Goldenen Bären« ignoriert wird.
    So landet Willibald Adrian Metzger nach einem neuerlichen vergeblichen Anrufversuch und einer erfrischenden Dusche viel zeitiger als sonst in dem wohl besten Bett, in dem er jemals liegen durfte.
    Schlafen gehen bedeutet aber nicht gleichzeitig auch schlafen können. Kurz vor halb zwölf erhellt ein bombastisches Feuerwerk nicht nur den Nachthimmel, sondern gewiss auch die Gehirnwindungen der übrigen Waldbewohner: »Mit was für Schwachköpfen muss ich mir da meinen Lebensraum teilen!«
    Der Metzger hat sie eigentlich noch nie mögen, diese Volksbelustigungskrachereien, seit er jedoch hautnah am Probanten Edgar, Danjelas kleinwüchsigem Promenadenmischling, miterleben darf, mit welch blankem Entsetzen so ein Hunderl den Jahreswechsel samt den hirnlos in den Himmel geschossenen Millionen feiert, empfindet er nur noch Verachtung für all die Knallfrösche.
    So ist er also putzmunter, wälzt sich gereizt auf dieser wunderbaren Biomatratze, und wenn er den Zeiger richtig deutet, ist es mittlerweile eins. Um zehn nach eins beschließt er mit einer gehörigen Portion Ärger im Bauch, zumindest sein geistiges Tohuwabohu zu beenden.
    Einmal hat es geläutet: »Metzger, das ist ja lustig, ich bin grad bei der Tür herein. Komisches Gefühl, allein in deiner Wohnung. Also, was ist im Kühlschrank, hast du mir was vorgekocht?«
    »Bin ich ein Wirtshaus? Cholesterinhaltiges Obst wäre verfügbar: Eine geschmalzene Ohrfeige kannst du haben, wenn ich zurück bin!«
    Lachend erwidert der Kommissar: »Meinst du vielleicht so eine, wie sie dich erwartet, wenn du einer gewissen Danjela Djurkovic über den Weg läufst?«
    Da ist er nun sprachlos, der Metzger.
    Eduard Pospischill, der am anderen Ende der Leitung mit fragendem Blick eine steinharte Scheibe Schwarzbrot in die Höhe hält, scheint sich prächtig zu amüsieren. »Schau, Metzger, wenn wir Männer Stille Post spielen, dann kommt das Startwort ›Treue‹ beim Letzten als ›Schatz-ich-muss-noch-mal-ins-Büro‹ an. Wenn Frauen Stille Post spielen, dann weiß jede aber so was von hundertprozentig, was da weitergegeben wird, und zwar bis ins Detail. Der Mann ist eben vorrangig mit einem Fortpflanzungs-, die Frau mit einem Mitteilungsbedürfnis ausgestattet! Offenbar haben sich unsere Damen inhaltlich ausgetauscht! Also, du kleiner Schurke, das hätte

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