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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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hockt und den Ratgeber seiner Danjela liest, versteht sich von selbst. Obwohl, in Wahrheit liest er ihn ja gar nicht, der Willibald. Keiner schmökert offiziell im »Schlüssel zum Glück«, genauso wenig wie niemand rechtsradikale Parteien wählt, niemand keine Mülltrennung betreibt, niemand mit zuckendem Fernlicht auf der Überholspur auffährt und natürlich niemand im Internet an einen FKK-Strand surft.
    »Was du tun willst, tu jetzt!«, eröffnet dem Metzger nun fett gedruckt das nächste Kapitel, und ja, in gewisser Weise hat es schon seine Faszination, so ein als Neuentdeckung verkaufter Sammelband längst bekannter Klugheiten. Das, was hier abgedruckt als Erleuchtung verkauft wird, kann einem zwar alles frei von der Seele weg die Urli-Oma erzählen, aber weil eben die wenigstennoch eine Urli-Oma haben oder mit ihren Großeltern seltener kommunizieren als mit ihrem Automechaniker, verkaufen sie sich hervorragend, diese Machwerke.
    Für den Metzger jedenfalls ist das eben Gelesene der notwendige Schub, um diese eine einzige für ihn bedeutsame Nummer zu wählen: »Stört es dich, zu wissen, dass du mir fehlst?«
    »Willibald, rufst du so spät an und stellst du dann so blöde Frage!«
    Am Küchentisch sitzt sie gerade, die Djurkovic, Wattebausche zwischen ihren wulstigen Zehen, auf dass er trocknen kann, der frisch lackierte Rotton auf ihren Nägeln. Sie wird zwar nie und nimmer eine Sophie Widhalm, aber darauf ankommen lassen, dass eines Tages wirklich so ein blöder Trampel aufmarschiert, der ihr ihren Willibald wegschnappt, will sie es auch nicht.
    »Stört es dich dann, wenn du heut Nacht ein wenig rüberrutschen musst?«
    »Ist Frage zwar genauso blöd, aber schon viel besser!«

    Was dem Metzger am nächsten Morgen von Eduard Pospischill zu Gehör gebracht wird, bleibt nicht lange dem Auge der öffentlichen Wahrnehmung verborgen. Noch am selben Tag wird es zur Schlagzeile Nummer eins, wer da in der parkartigen Gartenanlage des weit über die Grenzen bekannten und im eigenen Land höchst unbeliebten Millionärs Dr.  Gottlieb Wertheim-Müllner im Cellokoffer anstelle des dazugehörigen Instrumentes gefunden wurde. Der Stolz der ganzen Familie: Tochter Annabelle. Bereits am zweiten Tag nach diesem abscheulichen Fund wird die erste Tageszeitung darüber berichten,wie es dieser Musikerin überhaupt gelingen konnte, neben der Tochter des Diplomaten Dr.  Alexander Schukow und der Harfenistin Käthe Henrikshausen als dritte Instrumentalistin in wohl einem der weltbesten Orchester unterzukommen. Weiter wird zu lesen sein, dass seit der Gründung dieser Virtuosenvereinigung, von diesen dreien abgesehen, noch nie ein anderes Weibchen durch die Reihen der Herren marschieren durfte, außer die Königspudeldame Fatima des ersten Geigers Viktor Hubertus vor, maximal eine Flitzerin während und schließlich eine Putzfrau nach dem Konzert.
    Umgehend wird das Konkurrenzblatt reagieren und gefinkelte Theorien darüber aufstellen, warum gerade diesen beiden Damen die Kehle durchgeschnitten wurde, und anhand einer verbildlichten Darstellung erläutern, welcher Art ein Körper gefaltet werden muss, um überhaupt in einem Cellokoffer Platz zu finden. Auch werden in weiterer Folge die Informationen darüber nicht ausbleiben, wie lange ein solcher Koffer mit entsprechendem Inhalt unbemerkt im Garten hätte liegen bleiben können, bevor dem häufig geschäftsreisenden Herrn Dr. Wertheim-Müllner zum röstfrischen Kaffeegeruch noch ein anderes Düftlein in die Nase gestiegen wäre. Es werden quer durch alle Tageszeitungen Berichte über die fragwürdigen Geschäfte der trauernden Familie das Land überfluten, im Gegensatz dazu wird die Familie die Öffentlichkeit zuerst an ihren Schmerzen und schließlich an ihren Klagen teilhaben lassen.
    »Denn klagen kann er, der Wertheim-Müllner, das hätte den Herausgebern dieser Schmierblätter ja ausreichend bekannt sein müssen! Immerhin hat er während der letzten Jahre so ziemlich jeden Prozess gewonnen.Und gönnen tu ich es dieser pietätlosen Brut, das sag ich euch.«
    »Ich« ist in diesem Fall Kommissar Eduard Pospischill‚ »euch« seine ansonsten so diensteifrige Truppe, und ansonsten heißt es, weil den eifrigen Kollegen in Anbetracht der Orchestermitglieder der Diensteifer allmählich abhandenkommt.
    Bereits am heutigen ersten Tag, an dem umgehend mit den Befragungen begonnen wurde, hat Irene Moritz Gerhard Kogler wissen lassen: »Eine Menge an aufgeblasenen Hohlköpfen ist

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