Der Metzger holt den Teufel
Bellen.
Eduard Pospischill betrachtet kurz den Fundort und dreht sich energisch um: »Kogler, benachrichtigen Sie die Spurensicherung!«
Wenig später landet er also doch an einem Tatort, der Metzger, und es wird nicht sein letzter sein.
Ziemlich bald wird rein durch das genaue Betrachten der Umgebung klar, dass die Blutspuren von zwei unterschiedlichen Personen stammen müssen. Die Sportschuhabdrücke der Größe 43 deuten auf einen Mann hin, die Abdrücke der nackten Füße mit der geschätzten Größe 36 auf eine Frau.
Eine dermaßen große Blutlache samt Schleifspur und dann diese vereinzelten in der Gegend verteilten Tropfen Blut, das passt einfach nicht zusammen. Die dunkle Pfütze mit der daraus hervorgehenden kurzen Schleifspur dürfte zur Dame gehören, ebenso wie der kleine türkise Stofffetzen. Die Patronenhülse wiederum lässt auf den vom Restaurator geschilderten und von Antonia Lenz als solchen enttarnten Schuss schließen.
Wenn der Schuss, wie der Metzger nun felsenfest behauptet, vor dem nächtlichen kurzen Solokonzert der Annabelle Wertheim-Müllner abgegeben wurde, könnte das bedeuten, dass einer der beiden Anwesenden durch die Patrone verletzt wurde. Weiter führt das Vorhandensein der zur Selbstverteidigung gedachten Pistole von Fräulein Annabelle Wertheim-Müllner zu der Schlussfolgerung, der Schütze könnte sie selbst gewesen sein, was weiter bedeuten könnte: Angeschossen wurde der Mann.
Theoretischer Handlungsverlauf: Frau schießt Mann an, Frau spielt Cello, Frau wird verletzt, eventuell tödlich, Frau wird ein Stück weggeschleift, dann getragen oder im schlimmsten Fall irgendwo verstaut, Mann versorgt seine Wunde. Der Aussage Eugen von Mühlbachs nach zu urteilen, der Annabelle Wertheim-Müllner als musikalischen Zwischengang des feierlichen Galadiners bewundern konnte, könnte diese Wundversorgung mit einem Fetzen des von der Musikerin getragenen türkisen Kleides erfolgt sein.
Warum das Ganze? Diese Frage bleibt offen. Warum war die Vermisste barfuß? Wozu auf jemanden schießen, wozu dann noch spielen? Klingt nach Zwang, so Eduard Pospischill, klingt besorgniserregend.
Sosehr der Restaurator von Grauen erfüllt ist, beeindruckt ihn doch, wie präzise und vor allem mit beinah hellseherischen Fähigkeiten hier gearbeitet wird.
Von einem Streifenfahrzeug wird Willibald Adrian Metzger schließlich heimgebracht, heilfroh, mit der Sache nun nichts mehr zu tun zu haben, und heilfroh, endlich seine Bestellung aufgeben zu können.Für Eduard Pospischill ist es dann ein Leichtes, die Namen der geladenen Gäste zu organisieren. Wie das Who’s who der einheimischen konservativen Innenpolitik, des Bankenwesens und der Wirtschaft liest sich diese Liste.
Diese Liste durchzuarbeiten bedeutet Krieg an allen Fronten, das weiß der Kommissar jetzt schon. Beim geringsten Anzeichen von polizeilicher Ermittlung verwandelt sich das Umfeld dieses Personenkreises in eine Sperrzone und umgibt sich mit einem schier unüberwindbaren Schleim aus heuchlerischer Hilfsbereitschaft.
Da werden sie alle an die Front ziehen müssen: Herbert Homolka kann sich seine Krankheit an den Hut und alle anderen anstecken; Irene Moritz kann sich an Härte und Durchsetzungsvermögen selbst übertreffen; Gerhard Kogler kann endlich einmal zeigen, dass er zur Demonstration seiner Männlichkeit den Schnauzbart gar nicht bräuchte; selbst der obrigkeitshörige Vorgesetzte Oberst Reinfried Jung wird seinen Kopf aus diversen Mastdärmen herausziehen müssen, um sich einen Überblick zu verschaffen; Eduard Pospischill kann sich nun noch mehr in seine Arbeit vertiefen, und Willibald Adrian Metzger kann sich seinen Wunsch, mit der Sache nichts mehr zu tun zu haben, noch ein Zeitchen genauso in die Haare schmieren wie Eugen von Mühlbach seine Pomade.
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E INE DRECKIGE S CHLAMPE , erfüllt von Hochmut und Wollust, gut in dem, was sie tat, aber nicht gut genug für den Platz, den sie anderen wegnahm, genau das ist sie gewesen. Ihre Zeit war gekommen. Der Ablauf, wo es zu geschehen habe und wie es zu Ende gehen würde, alles war geplant. Doch es kam anders, völlig unvermutet. Ihre geöffneten Beine, das zwischen ihren Schenkeln ruhende anmutige Instrument, ihre sich sanft bewegenden Brüste, während sie den Bogen über die Saiten gleiten ließ, ihr ekstatisches, an sich manierliches Spiel, all das, kombiniert mit seinem Wissen über ihren bevorstehenden Tod, ließ in ihm eine ungeahnte Erregung hochsteigen, der er nicht
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