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Der Metzger holt den Teufel

Der Metzger holt den Teufel

Titel: Der Metzger holt den Teufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Maßanzug, ein Lächeln und eine gute Gesichtsfarbe genügen völlig, um die Welt hinters Licht zu führen.
    Petar Wollnar hat seine Wurstsemmel längst fertig gegessen, und um ehrlich zu sein, wäre ihm jetzt statt des brunzwarmen Mineralwassers ein kaltes Bier bedeutend lieber. Zumindest bis der schwarze Sportwagen mit überhöhtem Tempo den Weg zur Ausfahrt in Angriff nimmt. »Doch keine so gute Idee, Alkohol am Steuer«, erklärt er dem am Rückspiegel baumelnden Schlüsselanhänger in Gestalt eines Plüschtigers. Die Stofftiere hat sie fast alle dagelassen, seine Frau, wie sie eines Tages mit Sack und Pack und Kindern die Villa ihres Chefs, eines Zahnarztes, der Parterrewohnung ihres Mannes, eines Hausmeisters, vorzog. Jetzt baumelt die Raubkatze also nicht mehr als süßer Anblick an der Schultasche seiner Tochter, sondern als trauriger Rückblick am Rückspiegel seines Pritschenwagens. So ändern sich die Perspektiven.
    Willibald Adrian Metzger ist mittlerweile eingestiegen, deutet auf das Fahrzeug, klopft sich an die Stirn, und während Petar Wollnar Fahrt aufnimmt, erhält er einen Kurzbericht über die öffentliche Latrine in der Gartenabteilung. Am Ende dieser absurden Geschichte, da sind sie längst auf der Schnellstraße, kommt es zum nächsten ungeplanten Zwischenstopp. Von der Straße abgekommen, steht der Sportwagen im Grünen.
    Noch bevor der Metzger einige Meter dahinter aussteigen kann, packt ihn der Hausmeister zurückhaltend am Arm, überreicht ihm die Mineralwasserflasche und überwindet sich zu einer seiner seltenen Lautäußerungen: »Notfalls fest zuschlagen!«
    »Du meinst, das muss ich? Lieb von dir, Petar, aber was soll passieren?« Es gibt wohl keine unsinnigere Aussage, denn passieren kann immer etwas.

30
    »H ALLO! « D AS GIBT SCHON einen ziemlichen Knall, wenn eine Motorhaube zufällt. Natürlich vorausgesetzt, es ist nichts Weiches dazwischen. Gespalten ist der Kopf, den der Metzger nach Hochklappen des gewichtigen Stücks Blech zu Gesicht bekommt, zwar nicht, Rupert von Leugendorf wird allerdings ein Zeitchen brauchen, um sich im Spiegel wieder als Rupert von Leugendorf zu erkennen.
    Die erste Handlung, die der Metzger am schwer atmenden zukünftigen Universalerben eines gigantischen Imperiums setzt, ist, ihn aus dem Motorraum zu hieven und ihm den Inhalt der Mineralwasserflasche über den Kopf zu leeren – natürlich mit großer Vorsicht, dabei nicht die von der Stirn bis zum Kinn wie eine Teilungslinie verlaufende Rötung zu benetzen. Dann beugt er sich über den am Boden liegenden Körper und rüttelt behutsam an den Schultern: »Hallo, bitte kommen Sie zu sich!«
    Ob das Prickeln der Kohlensäure oder der Schmerz die gewünschte Wirkung erzielt, wird der Willibald nicht herausfinden können, den ihm entgegengebrachten Ausdruck des Dankes wird er allerdings nie mehr vergessen: »Was wagen Sie es, sich an mir zu vergreifen?«
    Das, was die angeschwollenen Augen an Sehschlitzen freigeben, bringt ausreichend Verachtung zum Ausdruck,um den Metzger ein angemessenes Stückchen zurückweichen zu lassen. »Sie sind mir etwas hilfsbedürftig vorgekommen, und ich hab mir erlaubt, Sie zu befreien!«, stellt er verwundert fest.
    »Befreien. Überfallen haben Sie mich, schätz ich mal, den Deckel auf den Kopf geknallt, während ich die Glühbirne des Abblendlichts gewechselt habe. Bei meinem Auto fällt die Motorhaube nicht einfach zu. Haben Sie registriert, was das für ein Wagen ist?«
    Der Metzger ist fassungslos. Rupert von Leugendorf aber legt noch einen Gang zu: »Das ist vielleicht bei Ihrem Schrottkübel so, dass da alles auseinanderfällt!« Panisch greift er sich in die Sakkoinnentaschen und brüllt: »Und jetzt geben Sie mir meine Geldbörse!«
    »Ihr Benehmen, Herr Leugendorf, kann ich nur als Folge einer heftigen Gehirnerschütterung deuten!«
    »Und woher, wenn nicht aus meiner Geldbörse, kennen Sie meinen Namen?«
    Das hätte er sich denken können, der Metzger. Rupert von Leugendorf hat keine Ahnung mehr, wer da alles auf dem Fest mit ihm bei Tisch gesessen hat. Er ist zwar ein gutmütiger Kerl, der Willibald, bei derart menschenverachtender Arroganz verliert jedoch selbst er an Zurückhaltung: »Ihren Namen? Der hat auf Ihrem Rücken gestanden, während Sie sich im Baumarkt nach Ihrem Urinalakt in der Gartenabteilung mehrfach selbst bedient haben und anschließend mit einem Lächeln im Gesicht durch die Glasschiebetür marschiert sind. Aber vielleicht reicht ja das Licht

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