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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Metzger natürlich nicht zweimal bitten, springt auf, eilt von Schatten zu Schatten über den mittlerweile brennheißen Untergrund und entreißt einen Zettel nach dem anderen den Klauen des Windes. Und nein, ans Klauen denkt er vorerst dabei natürlich nicht. Das ändert sich beim Blick auf das Schriftgut in seinen Händen allerdings rasch: Es ist ein ihm wohlbekanntes Gesicht, das da die linke Ecke des obersten A4-Zettels ziert. Wohlbekannt, weil es ansonsten in Farbe gelegentlich über den Bildschirm des Fernsehers, den Innenpolitik- beziehungsweise Wirtschafts- und so gut wie nie Societyteil einer Tageszeitung huscht. Schwarzweiß ausgedruckt allerdings mutet es wie das Foto einer Verbrecherkartei an, obwohl der hohe Herr natürlich, so viel ist zumindest offiziell bekannt, mit Verbrechen nichts am Hut hat. Inoffiziell natürlich weiß mittlerweile jeder Grundschüler, dass Banken garantiert alles haben, nur keine weiße Weste.
    Nun also befindet er sich hier in Willibalds Hand, vor der Kulisse einer scheinbar heilen Urlaubswelt, auf hoch verschuldetem Boden, einer der angesehensten Köpfe seiner Heimat, drei abgeschlossene Doktorratsstudien, Medizin, Wirtschaftswissenschaften und Kunstgeschichte, Generaldirektor der größten dort ansässigen Privatbank und nebenbei ein weltweit angesehener Mäzen und Kunstsammler. Dr. Dr. Dr. Konrad Maier also, einer von Abertausenden Maiers, Meiers, Mayers, Mayrs … und doch einer der wenig namhaften. Logisch, dass so ein namhafter Maier auch ein Vereinsmeier ist, vernetzt bis in den hintersten Winkel der Wirtschaft und Politik dieses Landes. Ein Mann von Welt eben und ein Mann, der schlau genug ist, sein Privatleben vor den Medien zu schützen, Society-Berichterstattungen zu meiden wie ein Frosch seinen Laichplatz in einem von Schlangen bewohnten Tümpel.
    So drosselt Willibald Adrian Metzger also den Schritt und bringt in bedächtigem Tempo die vom Winde verwehten Zettel zum Platz der beiden Herren zurück, klarerweise nicht ohne sie dabei zu begutachten, und muss sich eingestehen: Das noch nicht gezeugte Kind der Prinzessin von Irgendwo in allen Ehren, aber dieser Lektüre in seiner Hand kann er nun doch eine Spur mehr abgewinnen.
    Penibel stehen hier sämtliche Privatdaten Dr. Konrad Maiers aufgelistet: Telefonnummern, E-Mail-, Wohnadresse, Adressen der Nebenwohnsitze, auch im Ausland. Auf den nächsten Seiten Name und Alter seiner ersten und seiner aktuellen Ehefrau, was klarerweise nicht dasselbe ist. Klassisch eben: Die erste hat stolze 64 Lenze auf ihrem Buckel, deutlich zu viel Ballast an den Hüften und hört auf Heidemarie, die zweite, sprich aktuelle, bringt mit ihren 39 Jahren knackige 58 Kilo auf die Waage und hört nur auf Marie, was durchaus erklärt, warum da wer sein Privatleben unter Verschluss hält, so etwas steigert nur bedingt die Beliebtheitswerte.
    Dann die Namen und das Alter der dazugehörigen Kinder, drei großjährige aus der ersten Ehe und ein Säugling, die kleine Tamara, aus der aktuellen.
    Dann seine Hobbys, wie der Reitsport, Golf, Tarock, Zigarrenclub, samt Angabe, wann, wo und bevorzugt mit wem Derartiges praktiziert wird, seine Vorlieben, Schwächen, dann die Aufschlüsselung seines Einkommens, Vermögens, Grundrisse diverser Liegenschaften. Was ein Liter Milch, ein Kilo Brot und ein Sack Erdäpfel kosten, weiß er also garantiert nicht, der liebe Herr Konrad Maier.
    Dann hört der Metzger auf zu lesen, denn nun hat er sein Ziel, den Platz der beiden Herren, erreicht. Vor seinen Füßen steht die grüne Kühlbox, und auch er nimmt kurzfristig einen eingefrorenen Zustand ein, zu sehr rumort es in seinem Hirn.
    Sie ist eben eine irdische Höllenqual, die Neugierde, nicht umsonst verbirgt sich in ihrer Mitte die Gier, als Hinweis auf die Eventualität der Besessenheit. Schweiß steht dem Metzger auf der Stirn, vorsichtig blickt er sich um, fühlt sich unbeobachtet, dann tut er es, gibt der Versuchung nach, und gut geht es ihm dabei nicht. Er war eben nie ein Lausbub, hat nie mit Feuerzeugen in Erwartung eintretender Personen im Vorfeld Türklinken angeheizt, hat nie mit U-Hakerln und Gummiringerl vorbeiwippende Hintern anvisiert, hat nicht einmal ein einziges Stollwerck, einen Gummispruch, -schnuller, -schlumpf oder was es damals, bevor der Greißler ums Eck endgültig seinen Rollbalken ins Schloss hat sausen lassen, sonst noch Erfreuliches für den Zahnschmelz zu erwerben gab, mitgehen lassen. Er war ein braver Junge, und jetzt will

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