Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Herren beantwortet zu wissen. Hier wird also beinah scharf geschossen, und ins Schussfeld geraten will er nicht. Ein toter Hund, ein dunkelhäutiger diebischer Kerl, der vor Eichner und Szepansky davonläuft und am nächsten Tag erzählt, ein anderer sei tot, ein weiterer dunkelhäutiger Junge, der mit seinem zertrümmerten Knie gar nicht mehr laufen kann, ein versuchtes Attentat in den Wogen des Meeres, alles irgendwie verbunden mit höchst undurchsichtigen Gestalten, die im Leben des Herrn Dr. Konrad Maier herumstöbern und diesem übermorgen etwas offenbar Wertvolles für sein Museum übergeben, unter derartigen Umständen ist das Verduften auch in den Augen des Metzgers eine wirklich hervorragende Idee: »Machen wir doch zum Urlaubsabschluss einen Ausflug, jetzt, wo du wieder fit bist. Heut soll Markt sein. Im Nachbarort.«
Es sind Augen gefüllt mit kindlicher Vorfreude, die da neben dem Metzger vom Fensterplatz aus auf die vorbeiziehende Landschaft blicken. Von einem betagten Dieselmotor und dem böenartigen Wind durchgerüttelt, überquert der Bus die mit Schlaglöchern übersäte Landstraße.
Danjela ist selig, und das, obwohl sie zur völligen Verwunderung des Restaurators vor der Abfahrt im Hotel vergeblich die Digitalkamera suchen musste. Spurlos verschwunden ist das gute Stück. »Bist du große Wohltäter, weil hast du dir klauen lassen funkelnagelneue Fotoapparat!«, war ihr Kommentar.
»Hoff ich, bist du auch auf Markt große Wohltäter«, greift sie nun nach seiner Hand, schenkt ihm einen liebevollen Blick, ein Lächeln, und ja, das muss sich der Metzger schon eingestehen, auch wenn der Ansatz diesmal ein völlig falscher war, auch wenn die Absicht komplett in die Hose gegangen ist, die Grundidee stimmt: Sie müssen sich einfach öfter Urlaub gönnen, Ausflüge unternehmen, in trauter Zweisamkeit dem Alltag und der gewohnten Umgebung den Rücken kehren. »Ich versprech dir, Danjela, wir starten demnächst einen neuerlichen Urlaubsversuch.«
»Wo?«
»Das suchen wir uns gemeinsam aus, ja?«
»Na, dann suchst du!«, wandern ihre Lippen auf seine Wangen, und der Metzger lächelt wohlwissend, denn dieser Sprache ist er mächtig: Wenn seine Herzdame sagt: »Sollte man!«, meint sie: »Solltest du!«, und wenn sie sagt: »Suchst du, oder machst du, oder besorgst du!«, meint sie: »Am besten so, wie ich das will, obwohl ich noch gar nicht weiß, wie.« Und diesem Willen ist der im Augenblick wieder sehr verliebte Willibald hörig.
So geht es allerdings nicht jedem. Dem hierzulande in göttlichen Gefilden heimischen Jupiter zum Beispiel dürfte es reichlich egal sein, wenn so ein Frauenherz in Vorfreude bereits gedanklich von einem Stand zum anderen eilt und Berge an Textilien durchwühlt.
Die 200 Meter durch die drückende Schwüle von der Busstation über das Kopfsteinpflaster hinein in den idyllischen Ort können die beiden eingehängten Turteltäubchen allerdings noch spazieren, und ja, bei einem der vielen im Ortszentrum aneinandergereihten Zelte darf Danjela inmitten des sie umgebenden Touristengedränges noch um den Preis eines der hier reichlich vorhandenen eineiigen Geschwisterchen einer Louis-Vuitton-Tasche feilschen, sogar zum Käse- und Salamistand lässt Jupiter die zwei noch marschieren, dann aber reißt ihm der Geduldsfaden, und es folgt ein Aufmarsch der anderen Art. In Sekundenschnelle verwandelt sich der böenartige Wind in einen heftigen Sturm und schiebt ein Gebirge aus Wolken vor sich her, waagrecht stellen sich die von den Zelten hängenden Plastikkleiderbügel, wie bunte Flaggen flattern die wahrscheinlich allesamt aus China stammenden Stoffe, als wollten sie ausreißen und wieder nach Hause fliegen. Zu fliegen allerdings fängt hier nichts an, nur zu fliehen. Flugs werden die Waren in die hinter den Zelten geparkten Fahrzeuge gehievt und die Augen einiger auf Schnäppchenjagd fokussierter Touristen feucht. Die Stände aber bleiben aufgebaut. Die Einheimischen wissen eben, was kommt, wissen, dass es bei den feuchten Äuglein nicht bleiben wird. Dann verfinstert sich der Himmel, so schnell hat er sein Lebtag den Himmel noch nicht finster werden gesehen, der Metzger.
»Ich glaub, wir sollten uns schleunigst wo unterstellen!«, schlägt er seiner Danjela noch vor, doch zu mehr als dem besorgten An-die-Brust-Pressen ihrer funkelnagelneuen Tasche kommt sie nicht mehr. Dann platzt der Himmel, ergießt sich wie aus Kesseln über die Menschen. Kein einzelner Tropfen ist zu
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