Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Aus aristokratischem Besitz, Außereuropäische Kunst,
bis Z: Zorros Maske, der Zumpferlabguss von Elvis, die Zipfelmütze von Papa Schlumpf.
Da ist natürlich der Reiz sehr groß, wenn sich schon für 17 Uhr die Moderne und Zeitgenössische Kunst zuerst ein »Stelldichaus« vor versammeltem Publikum und dann ein »Stelldichein« im Wohnzimmer des jeweiligen Höchstbieters gibt.
So bemüht der Metzger also all sein schauspielerisches Talent, um sich freie Bahn zu verschaffen: »Meine Güte, wart ihr fleißig, vielen, vielen Dank. Ich würd vorschlagen, ihr macht euch einen schönen Nachmittag, den Rest schaff ich allein!«
Weitere Überredungskünste muss er gar nicht aus dem Ärmel zaubern, denn Danjela zeigt ohnedies bereits schwere Ermüdungserscheinungen, worauf Petar Wollnar sich verpflichtet fühlt, mit seinem Pritschenwagen den Chauffeur zu spielen.
Es ist ein ehrwürdiges palaisartiges Gebäude, das den Besucher in Empfang nimmt und ihm das Gefühl vermittelt, er wäre zu Hofe. Der Gast ist eben König, und je prunkvoller das Umfeld, desto königlicher fühlt er sich auch, was in puncto Steigerungslust ein Schaden nicht sein soll. Nichts anderes ist der Sinn dieses Unternehmens, der Verkäufer will verdienen, das Auktionshaus will verdienen, je geschmalzener also das Höchstgebot, desto besser der Reibach.
Zugänglich ist das höchst sehenswerte Spektakel für jedermann, Spannung ist garantiert, und je nach Themenfeld geht es mit unterschiedlichen Tonarten zur Sache. Die Welt der Briefmarken und Bücher ist auch im Auktionssaal hör- und fühlbar eine vergeistigtere und weniger geladene als die der historischen Waffen und Militaria – was natürlich nicht bedeutet, eine Frau X könne sich mit einer Frau Y eines Döschens wegen nicht in die Haare bekommen.
Und Alois Hudetschek kennt sie alle, die Damen und Herren, die hier regelmäßig aus und ein gehen. Nicht, weil er in diesen heiligen Hallen beschäftigt wäre, nein, Alois Hudetschek hat die Zeit der Erwerbstätigkeit längst hinter sich. Eine Erwerbstätigkeit als Respektsperson, an der keiner vorbeikam. Alois Hudetschek nämlich war Herr eines Gemeindeferraris, einer Bim, einer Tramway, und zwar zu Zeiten, wo in der Mitte des Straßenbahnwaggons noch ein Platzerl vorgesehen war für einen leibhaftigen Menschen, der die Fahrkarten verkauft, und nicht für ein so stummes Kasterl. Keinen schöneren Beruf hätte er ausüben können, davon ist er überzeugt, als den des Schaffners. Wozu sich husch, husch die große weite Welt anschauen, wenn man die kleine ganz genau begutachten kann.
Und auch damals schon kannte er sie alle, die Damen und Herren, die bei ihm tagein, tagaus ein- und ausgestiegen sind. Und viele davon hat er auch zum letzten Mal aussteigen gesehen, denn seine Tram war die im wahrsten Sinn des Wortes Heim-Strecke hinaus zum Friedhof: der Gießkannenexpress. Schwarzfahrer gab es in seinem Umfeld also genug, allerdings nur kleidungstechnisch, denn Begräbnisse standen beinah auf der Tagesordnung, Endstation eben.
Seit seiner Frühpensionierung sitzt Alois Hudetschek, soweit es ihm möglich ist, nun mit dem entsprechenden Katalog des Auktionshauses in der Hand auf einem der mit rotem Samt überzogenen Sessel. Möglich ist es ihm oft, denn eine Hudetschek-Nachkommenschaft gibt es nicht, und alle seine Freunde haben ihre finale Fahrt schon hinter sich. Hinten, rechts außen, sozusagen in der Verteidigung, das ist, wie einst in seiner Jugend am Fußballfeld, sein Stammplatz. Mit dem Laufen allerdings hat er es nicht mehr so, was aus seiner Sicht auch gewisse Vorteile mit sich bringt. Dort, wo man gerade ist, bleibt man zwangsweise länger und sieht folglich mehr, es wird einem der Kaffee gebracht und die Zeitung.
»Das ist die Morgige«, füllt sich nun der Platz neben ihm, und Alois Hudetschek freut sich. Er mag ihn einfach, den Metzger.
»No, lang warns auf keiner Versteigerung.«
»Stimmt, aber was sich bei mir die letzte Zeit getan hat, war nicht steigerungsfähig«, entgegnet der Restaurator, und Herr Hudetschek lacht, in sich hinein natürlich, denn laut werden gehört hier nicht zum guten Ton.
»Die Morgige also. Na, dann vielen Dank«, betrachtet Alois Hudetschek mit erleichtertem Seufzen das Tagblatt. »Des is fein, weil wenns mich heut noch erwischt, weiß ich trotzdem, was morgen passiert ist, und hab quasi an Tag länger glebt.«
Aufmerksam mustert er seinen Sitznachbarn: »Wollen Sie sich umorientieren oder haben
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