Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)
Moritz. »Zufälligerweise aber erfährt Dr. Konrad Maier von seinem loyalen Mitarbeiter Gustav Eichner, der mit Szepansky ein paar Tage Urlaub gemacht hat, über die nicht zu unterschätzende Möglichkeit eines von Szepansky geplanten Einbruchs und informiert die Polizei. Hat alles Hand und Fuß, auch weil in den Wohnungen von Szepansky und Hivela mittlerweile detaillierte Ablaufpläne und höchst vertrauliche Unterlagen über Dr. Maier sichergestellt werden konnten. Du hattest also recht mit deinen Beobachtungen, es ging um einen Kunstraub!«
»Ja, aber Eichner selbst hat am Strand die vertraulichen Unterlagen über Maier in der Hand gehabt, Hivela heimlich getroffen und ihm Geld zugesteckt, das hab ich sogar fotografiert«, zeigt sich der Metzger keineswegs beruhigt.
»Vielleicht wusste er dadurch, was Szepansky vorhat. Vielleicht hat Hivela Szepansky verraten und wurde deshalb gleich im Museum umgebracht«, entgegnet Irene Moritz.
»Und wer ist der Dritte?«, will der Metzger wissen.
»Keine Ahnung, aber laut Eichner hat Szepansky einen Illegalen namens Noah mitgenommen, nach dem wird jedenfalls gerade gefahndet.«
»Aber der hat ein kaputtes Knie, wie hätte der aus dem Museum entkommen sollen?«
»Zeit genug hat er gehabt, weil Krainer ist ja nicht ins Museum rein, sondern hat sozusagen den Haupteingang bewacht. Und bis die von ihm angeforderte Verstärkung da war, hätt sich der dritte Täter beim Hintertürchen locker ein Taxi bestellen können.«
»Und was heißt das jetzt für mich?«, wundert sich der Metzger nur noch: »Was ist, wenn der dritte Hans-Peter Weibl war? Ist die Gefahr jetzt vorbei?«
»Ich nehme es zumindest an. Denn warum sonst hätte man deine Werkstatt verwüstet, wenn nicht aus Sorge, du könntest zu viel wissen.«
»Nur: Der Einbruch im Museum war kein Erfolg!«
»Neues Spiel, neues Glück. Ich glaub, du bist aus dem Schneider.«
»Und die Toten? Was ist mit Heinrich Albrecht und Pepe?«
»Das weiß ich nicht, Willibald. Schau jetzt, dass du ein wenig zur Ruhe kommst. Ich muss wieder zu Gerhard ins Spital und rühr mich später«, verabschiedet sich Irene Moritz, und er erspart sich auch zur Schonung Danjelas, von seinen in puncto Maier recht aufschlussreichen Besuchen im Auktionshaus und bei Niklas Teufel zu erzählen.
Weitaus länger als Irene Moritz bleibt dann der zweite, gegen Mittag eintreffende Gast.
Vorbei an den Trümmern, die Petar Wollnar vor dem Geschäftseingang deponiert hat, um sie mit dem Pritschenwagen auf die Mülldeponie fahren zu können, betritt der Besuch die Werkstatt durch die Vordertür. Wobei es eher einem zögerlichen Heranschleichen, einem Anpirschen als einem festen Auftreten gleicht.
»Darf ich bitte ein bisschen bei euch sein?«, lauten die ersten geflüsterten Worte. »Ich, ich weiß nicht, wo ich sonst hin soll.«
Ein Häufchen Elend, dagegen war der Metzger am gestrigen Abend ein Schaubild des blühenden Lebens, steht auf der in den Gewölbekeller hinabführenden Treppe, eine monströse Tasche an der Schulter hängend, eine rote Tasche in der Hand.
»Dolly«, stürmt ihr Danjela entgegen, »bin ich so froh!«
Dann fallen sie zu Boden, die beiden Gepäckstücke, rutschen weiter die Stiegen hinunter, Dolly sinkt in die Knie und nimmt Platz, auf dem harten kühlen Stein.
»Er, er ist tot, ich hab es in den Nachrichten gehört, er …«, bricht ihr die Stimme weg.
Tränen hat die Werkstatt die letzte Zeit genug gesehen, Sehen durchaus im leibhaftigen Sinn. Für Willibald Adrian Metzger ist sein kleines, mit erhabenen, hölzernen Körpern gefülltes Reich ein Ort voll Lebendigkeit. Es atmet, es kommuniziert, vermag sich mit ihm auszutauschen, besitzt die Fähigkeit, ihn im Zustand großer Getriebenheit Zerstreuung, Ruhe einzuflößen, als stünde er irgendwo abseits, weit weg vom Trubel. Und manchmal hört er ihn, den Seufzer der Erleichterung seiner Möbel, als wären sie froh, endlich die durch Wohnzimmer, Schlafzimmer, Küchen, ja ganze Wohnungen verlaufenden Demarkationslinien hinter sich gelassen zu haben. Den Frieden, den sie oft inmitten der Menschen nicht finden, verströmen und präsentieren sie in der Werkstatt, vorausgesetzt, diese ist kein Trümmerhaufen.
»Was ist hier passiert?«, ringt sich Dolly, nachdem sie ein Weilchen in die mittlerweile neben ihr sitzende, üppige Djurkovic-Schulter geweint hat, ein paar Worte ab.
»Das hättest du gestern sehen sollen«, kann sich der Metzger nun nicht verkneifen, dem eine
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