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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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hörs, der brüllt ›Nicht schießen‹ und rollt die Leinwand auf. Pfuah, was für ein hässlicher blauer Gaul. Wer bitte klaut so was. Kogler, glauben S’, will er aufgeben oder sich schützen? Glaubt er vielleicht, wir schießen nicht, nur weil er vor sich mit so einem grauslichen Fetzen herumwackelt …

Scheiße! Da schießt wer auf uns. Kogler?
Kogler, was ist los? Kogler! Ihr Schweine.«
    Josef Krainer muss nicht zweimal überlegen. So groß kann die Leinwand gar nicht sein, so schnell das blaue Pferd gar nicht die Straße abwärts galoppieren, dass er es nicht träfe. 17 Patronen fasst das Magazin seiner Glock, und sieben davon schickt er auf die Reise, überzeugt davon, dass keine einzige ihr Ziel verfehlen wird. Einer der beiden anderen Kollegen kniet neben Gerhard Kogler, der andere schießt in Richtung Museum, Josef Krainer läuft auf den am Boden unter der Leinwand liegenden Szepansky zu und feuert dabei zur Sicherheit noch dreimal in das sich rot färbende Blau.
»Auch wenn manche Kollegen vielleicht entbehrlich sind, abknallen lass ich sie mir nicht, du Scheißkerl.«
    Es sind dann zum Glück nur ein Blechsarg und der Notarzt, die Josef Krainer anfordern muss, denn, wie er Gerhard Kogler erklärt, der Vorteil eines unterernährten Pantoffelhelden, wie Kogler zweifelsohne einer sei, liege in der fehlenden Körpermasse, folglich der geringen Angriffsfläche. Was bei einem breiteren Exemplar ins Herz oder die Lunge gehe, hinterließe in diesem Fall nur einen gewiss schmerzhaften, brennenden, allerdings marginalen Kratzer.
»Das wäre nix, Kogler, wenn Ihr Felix junior allein erzogen wird von so einem Drachen, wie Sie ihn daheim hocken haben. Der braucht schon das Gegenstück, weil was soll sonst anderes aus ihm werden als ein Amokläufer.
Und jetzt fahren S’ heim und freun Sie sich: Morgen sind wir die Helden der Stadt.«

Das Butterkipferl und die Metamorphose
    Willibald Adrian Metzger konnte das Anbrechen des nächsten Tages gar nicht erwarten. Nicht nur, dass die Straßenrundreise mit Alois Hudetschek einer Glücksdimension entsprach, die es um kein Geld dieser Erde zu kaufen gibt, ließ ihn auch der Katalog kein bisschen zur Ruhe kommen. Die beiden Bilder nämlich gaben Grund zur Hoffnung. Außerdem ist nun endlich Dienstag.

    Es ist zwar im Grunde ein zurückgezogener Beruf, das Dasein eines Möbelrestaurators, und gerade in dieser Stille und Einsamkeit mit sich, den antiken Werkstücken und dem Stillstand der Zeit, liegt in den Augen des Willibald der große Zauber. Trotzdem ist er klug genug, sich nicht nur auf die verlockende Wirkung des Schriftzuges auf seinem Werkstattfenster zu verlassen, da könnte er zusperren. Kundenpflege ist also Teil seines Anforderungsprofils, hinausgehen und jene Menschen besuchen, hofieren, die ihm das Überleben sichern und denen er im Gegenzug gute Dienste erweist. Wobei, das muss an dieser Stelle schon gesagt sein: Nicht jeder, dem er in beruflicher Hinsicht gute Dienste erweist, sichert ihm sein Überleben. Im Fall des jungen Galeristen Niklas Teufel, der sich ja schon allein seines Nachnamens wegen unter erschwerten Bedingungen der Öffentlichkeit zu stellen hat, ist es umgekehrt. Würde er ihm all die Rahmen in Rechnung stellen, die er in Anbetracht bevorstehender Ausstellungen fünf Minuten vor zwölf noch auf Vordermann gebracht hat, es wäre deutlich mehr drinnen als eine Woche Adria.
    Punkt acht Uhr steht der Metzger also vor der entsprechenden Tür, obwohl er weiß, dass die Galerie Teufel vor zehn Uhr nicht aufsperrt, was insofern kein Problem darstellt, da das Stockwerk über den Ausstellungsräumen eine Vierzimmerwohnung beinhaltet.
    »Frühstück hab ich, aufmachen musst du.«
    »Wer, wer …«
    »Metzger.«
    Dem Surren des Türöffners folgten ein hurtig zurückgelegtes Stockwerk, eine bereits geöffnete Wohnungstür und die ziemlich schlurfend gebückte Präsentation eines Morgenmantels: »Niklas, wenn du den auf eine Leinwand tackerst, kannst du das Bild verkaufen!«
    »Um Gottes willen, bist du unverschämt gut gelaunt um diese frühe Stunde!«, kommt hinter dem ansonsten mit Haarreifen getragenen und nun über das Gesicht hängenden, kinnlangen blonden Haar so etwas wie eine Antwort heraus. Wenn es ein Schaubild des stets im Mann steckenden Kindes gibt, dann ist das Niklas Teufel. Alles an seinem Körperbau zeigt den Mann, alles in seinem Gesicht zeigt das Kind. Fröhlich, offen, ein wenig chaotisch, von einer unbändigen Neugierde

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