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Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Der Metzger kommt ins Paradies: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Wahrscheinlichkeit, ihm auf legale Weise eines auswischen zu können. Und während der Pritschenwagen davonrattert, parkt sich der Jeep ein, springt der Jungtutter eilig heraus und holt sich von Papa den Vorschuss für den nächsten Monat.
    Glücklicherweise findet sich die erste offizielle Parkmöglichkeit noch in derselben Gasse, unglücklicherweise aber jenseits der Zufahrt zur und auf derselben Straßenseite wie die Maiervilla. Das hat zwei Nachteile. Erstens wird ein Vorbeifahren oder -laufen oder -spazieren am Maiertor von einer der Überwachungskameras registriert. Und zweitens gilt dasselbe für den an die Maiermauern angrenzenden Gehsteig.

    »Also, was machen Sie hier?«, beginnt Herr Weibl, kaum steht der Pritschenwagen wieder still, das Verhör.
    »Warum soll ich Ihnen das sagen? Wegen der Pistole? Wollen Sie uns sonst erschießen? Außerdem bin ich hier derjenige, dem Erklärungen zustehen, meinen Sie nicht auch?«, erwidert der Metzger und setzt fort: »Also: Wer sind Sie, was läuft hier, warum der Drohbrief, warum haben Sie meine Werkstatt verwüstet? Mit wem stecken Sie unter einer Decke, weil getroffen hab ich Sie immer nur dann, wenn auch Eichner oder Szepansky in der Nähe waren?«
    »Getroffen ham Se mich nur, weil ich das wollte. Das kann ja schon sein, dass Ihnen ’n paar unangenehme Dinge passiert sind, trotzdem, lieber Herr Metzger, die Nase in Angelegenheiten stecken, die einen nichts angehen, das macht man schon ganz allein. Ich mein es nur gut.«
    »Toller pädagogischer Ansatz, genau das hat mein Vater auch immer gesagt, nachdem er mir eine geknallt hat!«, erwidert der Metzger forsch.
    Etwas fester presst sich im Gegenzug nun die Pistole in seine Rippen: »Jetzt fahren Se hier weg. Das is kein Spiel, verstehn Se.«
    Mit diesem Wunsch ist er beim Metzger aktuell allerdings an der falschen Adresse.
    »Nein, das versteh ich nicht, und deshalb werd ich hier auch nicht wegfahren. Ich weiß ja nicht einmal, was ich Falsches getan habe, wie ich mich verhalten soll und vor allem: Wen ich dazu befragen kann. Darum freut es mich ja jetzt direkt, dass Sie hier aufgetaucht sind.«
    »Sie sind hier aufgetaucht, Metzger, nicht ich. Und ich frag Sie jetzt noch einmal: warum?«, klingt die Stimme nun schon deutlich gemäßigter, als würde die Erleichterung im Inneren des Restaurators nach außen strahlen. Ja, Erleichterung, denn ein Phantom ist wieder aufgetaucht und somit die Hoffnung auf Klarheit. Abgesehen davon hat er diesen Wüstling Hans-Peter, egal, was dahintersteckt, einfach irgendwie gern, der Metzger. Er kann also nur in die Offensive gehen.
    »Weil ich mich nach dem Einbruch in meine Werkstatt nur an den einzigen Strohhalm klammern konnte, der mir geblieben ist: Angela Sahlbruckner und ein Termin bei Dr. Lorenz. Und weil wir ihr nachgefahren sind, nachdem sie sich dort von Gustav Eichner den gehbehinderten Noah hat abnehmen lassen, als wär er ein Stück Vieh. Und Sie: Was lungern Sie hier herum? So, wie Sie ausschauen und vor allem riechen, campieren Sie schon länger vor der Maiervilla, hab ich recht? Ist die Gegend so schön? Oder wollen Sie wissen, was Maier für Schätze geliefert bekommt?«
    »Mensch, sind Sie ne Nervensäge!«, wird nun die Pistole von Willibalds Rippen genommen, in eine der Jackentaschen gesteckt und die am Armaturenbrett liegende monströse Stanniolkugel ergriffen: »Was is da drin?«
    »Eine Schnitzelsemmel«, erwidert der Metzger.
    Ein paar Sekunden scheint jede Bewegung im Wageninneren wie eingefroren, dann wird ein alles verändernder Auftauprozess in Gang gesetzt.
    »Essen Sie ruhig. So, wie Sie ausschauen, können Sie’s brauchen«, fügt der Metzger hinzu.
    Der Rest ist Schweigen.
    So widmen sich nun alle drei, als müsse das Fleischliche die Friedenspfeife ersetzen, den kulinarischen Genüssen. Und langsam entweicht die Anspannung aus dem Gesicht des Unbekannten. Mit jedem Bissen kommt seine ganze Ermattung, seine Bedrücktheit immer mehr zur Geltung. Traurig sieht er aus, beinah verzweifelt.
    Nichts ist übrig von der Minuten zuvor noch ausgestrahlten Bedrohung. Und dass gemeinsames Schweigenkönnen in kürzester Zeit eine Form der Nähe herzustellen vermag, der kein noch so vertrautes Gelaber dieser Welt das Wasser reichen kann, ist ein altes Lied. Vor allem dann, wenn es justament drei Herren trifft, die allesamt mit der Stille kein Problem haben.
    Wie Kautabak konsumierende Westernhelden hocken sie nun im Wollnar’schen Pritschenwagen, starren

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