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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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setzt er fort:
    „Das ist ein Heißsporn, der Junge, aber im Grunde ungefährlich!“ Der Metzger meint lakonisch: „Ach wirklich!“
    „Das fällt bei den Burschen in die Kategorie Argumentationsnot und ist ein übliches Verständigungsmittel gegenüber überlegenen Gesprächspartnern!“
    „Na, gesagt hab ich bis zu dieser Argumentationsnot eigentlich noch gar nichts!“, meint der Metzger.
    „Reden, mein Herr, reden ist hier die durchaus schwächste Art des Kommunizierens. Ihr Lachen lieferte Argumente genug. Apropos Argumente, der Kurti hat vorgestern garantiert niemanden zur Strecke gebracht, schon gar keine Frau, der ist seit Wochen jeden Tag bis zur Sperrstunde hier herinnen. Übrigens Schneider ist mein Name, Georg Schneider, Besitzer des Lokals!“
    Mit dem Auftreten des Georg Schneider normalisiert sich die Stimmung, als wäre er der heimliche Anführer, als wäre auf die Wirkung seines Wortes Verlass. Die Stammgäste wenden sich wieder einander zu, und Kurti Blaha erweckt den Anschein, mit gezücktem Telefon in der Hand das Lokal verlassen zu wollen, worauf ihm der Pospischill nacheilt und flüsternd meint: „Wir sind noch nicht fertig! Ans Gehen brauchst du gar nicht denken, kannst froh sein, wenn ich dich heute überhaupt nachhause lass. “
    Leicht stubst er ihn in Richtung Schneider und meint:
    „Begonnen, Herr Schneider, hat alles mit der seltsamen Begrüßung, soweit ich das richtig verstanden habe, in etwa mit dem Wortlaut: ‚Was wollts da, saufen sicher nicht!‘ Da frag ich mich schon, warum Sie kein Schild am Eingang anbringen mit der Aufschrift: Geschlossene Veranstaltung, weil immerhin ist das doch ein öffentliches Lokal, oder? Wenn das nämlich ausschließlich ein In-Treff für Rechtsradikale ist, kann ich Ihnen Schwierigkeiten garantieren, die werden Sie nicht vergessen. Ganz abgesehen davon, dass sich diese Situation ja erst dann beruhigt hat, nachdem ich meine Polizeimarke aus dem Sakko heraußen hatte, ohne vorher erschossen zu werden! Was wiederum die Frage aufwirft: Wie wäre das ausgegangen, wenn ich kein Polizist wäre oder wenn mein Kollege allein hier aufgetaucht wäre? Woher weiß der Blaha eigentlich, dass wir nicht wirklich zum Saufen hier sind, und warum haben Sie nicht früher eingegriffen, Herr Schneider?“
    Da weiß er natürlich keiner Antwort, der Schneider, trotz Eloquenz, und erwidert ausweichend:
    „Vor ein paar Tagen war ziemlich spät am Abend wirklich eine Ausländerin bei uns, unüberhörbar durch ihr mangelhaftes Deutsch, ist da allein im Eck gesessen und hat geglaubt, sie kann hier herumspitzeln und irgendwas heraushorchen über den Kreuzberger-Owuso-Konflikt, grad dass sie nicht behauptet hätte, beim Owuso-Tod wäre nachgeholfen worden, vielleicht sogar von der Ultras-Seite. Schon ungeschickt, oder?
    Ich mein, jeder weiß, welcher Gesinnung die Burschen da herinnen sind, ist auch nicht mein Ding, aber ich lass sie, solang sie Frieden geben, bin froh über jeden Umsatz. Und glauben Sie mir, die wirklichen Schläger sitzen nicht um diese Uhrzeit im Lokal. Die haben ab 21 Uhr ihren Pegel und sind in der Stadt unterwegs, auf der Suche nach Konflikten, Schlägereien oder anderen Möglichkeiten, das Leben spontan Auserwählter so ungemütlich wie möglich zu gestalten. Abgesehen davon, dass die schweren Jungs bei mir mittlerweile alle Lokalverbot haben!“
    „Jetzt passen Sie gut auf, Schneider!“, beginnt der Pospischill in eindringlichem Tonfall und schaut dem Schneider dabei dermaßen intensiv in seine dunklen Augen, als würde darin unübersehbar der Grund zu lesen sein, warum ihm der Lokalbesitzer auf Anhieb so unsympathisch ist:
    „Ich glaub, Sie haben’s nicht ganz verstanden! Wir sind hier, weil die Kroatin kurz nach Verlassen Ihres gemütlichen Etablissements mit einem Holzprügel oder Baseballschläger Bekanntschaft gemacht hat und noch immer im Koma liegt. Ich brauch da jetzt nicht von Ihnen die ganze Litanei an Ausreden, Erklärungen oder anderen Firlefanz serviert bekommen wie ein abgestandenes Bier, sondern ich erwarte mir ein Entgegenkommen und eine Hilfe, als wären Sie ein Kollege, verstanden, sonst können S’ demnächst zusperren. Es wäre also in Anbetracht der Ereignisse für Sie äußerst empfehlenswert, wenn da bald Bewegung zu registrieren wäre, sowohl bei der Kroatin als auch der notwendigen Festnahme. Apropos Festnahme, wir gehen jetzt, und du da, du kommst mit!“
    Widerwillig, aber doch folgt Kurti Blaha, der nach der

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