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Der Metzger sieht rot

Der Metzger sieht rot

Titel: Der Metzger sieht rot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Raab
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Kurti Blaha der Zorn in den Schädel steigt, verirren sich auch ein paar Tröpferl Blut in seine Leistengegend.
    Und wie der Metzger in Begleitung des Kommissars, dem keiner ansieht, dass er Kommissar ist, die Schank erreicht, hat auch dem Kurti Blaha sein Kopf endlich die angestrebte Lieblingsfärbung rot angenommen, ganz im Sinne der heiß geliebten Vereinsfarbe. Wenn diese Nummer auf dem Display aufleuchtet, unüberhörbar begleitet von dem speziell zugewiesenen vibrierenden Rufton und er um einen Gefallen gebeten wird, kennt er nichts, der Kurti Blaha, auch genannt der kleine Blaha. Das hat allerdings wenig mit seiner Größe oder seiner Erektion zu tun, sondern ausschließlich mit dem Grad seiner Gefährlichkeit im Vergleich zu andern Familienmitgliedern, was natürlich keineswegs bedeutet, der kleine Blaha wäre ungefährlich.
    Jetzt ist das so beim Willibald, für gewöhnlich ist er ja ein ernsthafter Mensch, wenn allerdings ein, die Muskulatur betreffend deutlich überproportionierter Kahlgeschorener in hautengen Jeans, Schnürstiefeln und Bomberjacke, die Augen so eng beisammenstehend wie bei einer Flunder, mit hochrotem Schädel, als wäre er den ganzen Tag kopfüber auf der Wäscheleine gehangen, vor ihm auftaucht, da muss er sich schon sehr zusammenreißen, dass ihm kein Lachen auskommt. Und wie dann der Kurti Blaha mit für sein Erscheinungsbild eindeutig zu hoher Stimme und einem S-Fehler, da braucht das Gegenüber gar nicht mehr Duschen gehen, den Metzger anpfaucht: „Wa(th) wollt(th) da, (th)aufen (th)icher nicht!“, ist es um den Willibald geschehen.
    Dem kommt ein Lacher aus, so einen Lacher hat der Kurti Blaha in seiner Gegenwart garantiert noch nie erlebt. Der Pospischill zuckt zusammen, nicht nur wegen der besorgniserregenden Tatsache, dass natürlich, so wie meistens, seine Dienstwaffe in der Lade seines Schreibtisches ihr langweiliges Dasein fristet, sondern vor allem, weil mit einem Schlag ein beängstigender Lärmpegel die Stille im Lokal durchschneidet, hervorgerufen durch lautstarkes Sessel-nach-hinten-Schieben. Dann gräbt sich die Faust vom kleinen Blaha mit großer Wirkung in Willibalds Magengrube, so widerstandslos, als wäre da gar kein Magen, sondern nur die Grube, kommentiert mit einem zischenden „Na dir wird da(th) Lachen noch vergehen, du (Th)autrottel!“
    Willibald Adrian Metzger klappt zusammen und wäre garantiert ganz nach vor gekippt, wäre da nicht die Schank gewesen. So fällt er rückwärts, mit aufgeschlagener blutender Nase, direkt vor die Füße seines bis jetzt tatenlosen Begleiters.
    Eduard Pospischill greift in seine Innentasche, worauf dies auch einige der anwesenden Stammgäste tun, die ganz im Gegensatz zum Kommissar ihre Waffe nicht in irgendeiner Lade liegen haben.
    „Das würd ich euch nicht raten, ihr Idioten!“, sagt der Kommissar mit forscher Stimme, zieht seine Marke heraus und ändert dermaßen schlagartig die Tonart, das hätten der sich aufrappelnde Metzger samt Kurti Blaha und Bande dem Pospischill nicht zugetraut.
    „Einen Polizisten abknallen, das trauts nicht einmal ihr euch. Steckts die Waffen ein und ich würd euch raten, die nächste Zeit damit zu verbringen, den Waffenschein zu suchen, weil eines kann ich euch Fetzenschädeln jetzt schon garantieren: Hausbesuche. Und finden werd ich euch auch alle, das könnts mir glauben, weil ich trau mich wetten, dass mehr als die Hälfte von euch noch bei der Mama wohnt!“
    Inzwischen steht der Metzger wieder, holt tief Luft, eine schmerzhafte Angelegenheit nach einem Schlag in den Magen, und meint ächzend, dem Kurti Blaha zugewandt: „Guter Schlag!“
    Ein leichter Hauch von Stolz schleicht sich über dessen Visage, zeitlich gesehen aber nicht der Rede wert, denn der Metzger setzt in nüchternem Tonfall fort:
    „Aber nicht gut genug. Weil bei der Kroatin vorgestern habt ihr das besser hingekriegt. Die ist nämlich nicht mehr aufgestanden!“
    Der Stolz im Gesicht vom kleinen Blaha weicht einer abermals aufkeimenden Röte, deren Ursache er gleich selbst kommentiert:
    „Tschuschen und andere Au(th)länder, die nicht mehr auf(th)tehn, kann(th) gar nicht genug geben!“
    Ein breites zustimmendes Gemurmel wird im Lokal angestimmt, bis ein groß gewachsener, etwa 40-jähriger schlanker Mann vortritt, mit charismatischer Ausstrahlung, großen dunklen Augen und in gebildet wirkendem Deutsch meint:
    „Jetzt mach keinen Blödsinn und red dich nicht in einen Schlamassel, Kurti!“
    Zum Pospischill gewandt

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