Der Metzger sieht rot
sehen, das Schwein. Freunderlwirtschaft geht am reibungslosesten in staatlich geförderten Anstalten. Bin klarerweise früher gegangen, zum Glück, sonst hätten wir uns nämlich nicht getroffen, Metzger! Hut ab, dass Sie allein bis zum Ausgang gefunden haben!“
Der Metzger registriert natürlich, mit großer Erleichterung über ihr befreiendes Erscheinen, die überraschende Vymetal-Freundlichkeit.
So freundlich kann die aber gar nicht sein, dass ihr der Willibald jetzt seine Beobachtungen aus der Dusche schildern würde, Vertrauen muss man sich hart erkämpfen, da reicht ein Lächeln nicht.
„Ich hab natürlich kein Licht mehr aufgedreht, hätte mich aber schon noch gern in der Garderobe umgesehen. Welche Kästchen befinden sich zum Beispiel gegenüber vom Owuso-Spind?“
„Na, Sie stellen Fragen. Lassen S’ mich nachdenken.“
Langsam beginnt die Vymetal, unter Zuhilfenahme ihrer Finger, aufzuzählen:
„Schuster, Binogatti, Miller, Kreuzberger, Hemmlich, Blazek, Romanov und Carelli!“
„Und wer bitte ist der Hohenecker?“
„Das ist mein Chef, Karl Hohenecker, Stadionmanager, eine ungute Person, das passt schon zu ihm, dass der am Abend einsam seine Kontrollgänge unternimmt. Mit dem ist nicht gut Kirschen essen, vor allem seit der Querelen innerhalb der Mannschaft und dem Owuso-Tod. Wie geht’s jetzt weiter, Metzger, soll ich Sie heimführen?“
„Ich würd eigentlich noch gern einen Blick in die Alte Mühle werfen!“
„Den müssen S’ allein werfen, bei aller Hilfsbereitschaft, aber die Alte Mühle tu ich mir nicht an!“
Eine Spelunke sondergleichen taucht nach der Rechtskurve auf, und nachdem sich der Metzger endlich mühevoll aus dem tief liegenden Sitz in Zusanne Vymetals Auto herausgequält hat, wäre er doch froh, wenn er da nicht allein stehen müsste, in dieser finsteren Straße zu später Stunde.
Der Willibald, zwar durchaus ein beseelter Mensch und in Anbetracht drohender Gefahren mit überraschender Risikobereitschaft ausgestattet, ist eines dabei jedoch nicht, nämlich blöd.
Durch die Risse der an der Innenseite der Glasscheibe angebrachten schwarzen Folie sieht der Metzger im diffusen Licht vorwiegend Männer mit robuster Statur und einem Null- bis Zwei-Millimeter-Haarschnitt herumstehen, die Flasche Bier in der einen, den Tschick in der anderen Hand.
Unter keinen Umständen würde er dieses Lokal allein betreten, umso größer wird sein Unverständnis der Djurkovic gegenüber – Neugierde und Blödheit protzen ja oft durch traute Zweisamkeit. Das mit dem Protzen hört sich aber ziemlich schnell auf, wenn aus diesen zweifelhaften Verbindungen die ersten Sprösslinge hervorgehen, kleine Racker namens Kreditschulden, Scheidungsverfahren, Untersuchungshaft oder Intensivstation.
Umgehend wendet sich der Metzger zum Vymetal-Schlitten, klopft an die Scheibe und springt über seinen eigenen breiten Schatten, ein großer Sprung also:
„Haben Sie ein Mobiltelefon?“
„Natürlich!“
„Könnten Sie bitte eine Nummer wählen und mich kurz telefonieren lassen?“
Ist ja nicht so leicht, ohne Handyerfahrung eine Nummer zu wählen. So diktiert der Metzger der Vymetal die Zahlenreihe und übernimmt das Telefon:
„Bist du’s Pospischill?“
„Ja Metzger! Eine Mobilnummer? Du wirst doch nicht mit der Zeit gehen und dir ein Handy angeschafft haben?“
„Wenn die Zeit abgelaufen ist, muss mit der Zeit jeder einmal gehen, wozu also zu Lebzeiten hektisch mit der Zeit gehen. Ganz abgesehen davon, die vergeht auch allein, und ich hab jetzt wirklich keine Zeit zum Plaudern, Eduard, kommst du zur Alten Mühle bitte – jetzt!“
„Jetzt? Was treibst du, Willibald, das kann aber jetzt nicht sein, oder! Ich tu wirklich mein Bestes, was die Danjela betrifft, glaub mir, aber der Owuso-Geschichte, der Djurkovic-Geschichte und zusätzlich auch noch dir auf den Fersen sein, das übersteigt bei Weitem meine Kapazität!“
„Pospischill, red dir jetzt bitte keinen Verfolgungswahn ein, aber du wirst ja nicht ernsthaft glauben, dass ich daheim tatenlos herumhock, bei dem, was passiert ist!“
„Wo bist du!“
„Na, vor der Alten Mühle!“
„Geh da ja nicht allein rein, Willibald, ich bin schon unterwegs!“
Nicht nur der Pospischill ist unterwegs. Wenn der Willibald nämlich wüsste, dass sein verborgener Zuschauer aus der Dunkelheit des Stadions immer noch als verborgener Zuschauer, nur diesmal hinter den verdunkelten Scheiben eines Autos, einen Anruf tätigt, der den
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