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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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niedergeschlagen hatte. Aber sein Chef hörte gar nicht zu. Auch sein Captain hatte ihn einfach abgeschoben, und Gehör hatte er nur bei einem abgehetzten CIA-Mann gefunden, der ihm Anweisung erteilt hatte, den Überfall zu melden. Niemand wollte etwas von dem Meßdiener wissen, der ihn niedergeschlagen und nach den zwei Morden die Flucht ergriffen hatte.
    Erst am Nachmittag gelang es dem Beamten, sich Gehör zu verschaffen. Erst zu diesem Zeitpunkt ging den Behörden auf, daß sich in der Kathedrale nicht nur ein Mörder aufgehalten hatte.
    »Sagen Sie, Mr. King: Seit wann kennen Sie Huntley Cameron?«
    Das war schon wieder ein neuer Mann. Die Beamten hatten sich bei der Vernehmung so häufig abgelöst, daß King sich bereits Sorgen machte. Dieser neue Gegner saß schlank und selbstbewußt hinter dem Tisch, vor sich eine Kanne mit frischem Kaffee. Aber auch seine triumphierende Miene war ein uralter Trick: Man tut so, als wüßte man bereits alles, und spielt vor der gehetzten Maus die zufriedene satte Katze.
    King hob überrascht den Kopf. »Seit ein paar Jahren. Wir sind gut befreundet. Er wird nicht sehr erfreut sein, wenn er das alles erfährt.«
    »Das glaub' ich auch nicht«, sagte Leary. »Er wird sich bestimmt fragen, wie lange Sie dichthalten. Wenn Sie stur bleiben, wird er natürlich ins Ausland fliehen. Ein Mann mit seinem Geld findet immer irgendwo ein Versteck. Sie werden also für ihn mit büßen müssen.«
    »Ich weiß gar nicht, wovon Sie reden«, sagte King.
    »Dann versuchen wir es einmal anders: Seit wann planen Sie, Jackson ermorden zu lassen?«
    King hatte eine gründliche Ausbildung genossen. Seine Selbstdisziplin ließ ihn auch jetzt nicht im Stich. Er wurde weder blaß, noch ließ er sich in irgendeiner Weise den furchtbaren Schrecken anmerken. Elizabeth Cameron hatte also doch geredet. Hoffentlich war sie jetzt tot, damit sie wenigstens nicht als Zeugin auftreten konnte. Aber sie hatte den ganzen Plan verraten – deshalb war er verhaftet worden. Er konnte nur hoffen, daß der Mann, der sie beseitigen sollte, ihr möglichst viel Schmerzen zufügte, daß sie irgendwo allein und langsam elend zugrunde ging.
    Oder hatte man das Mädchen in Schutzhaft genommen? Dieser Gedanke jagte ihm oberhalb des Haaransatzes ein paar kalte Schweißtropfen auf die Stirn. Er sah Leary an, und aus seinem Blick sprach die eiserne Entschlossenheit, nicht nachzugeben. Er wußte immer noch nicht, wie spät es war.
    »Ich möchte meinen Anwalt sprechen. Ich bestehe auf meinen verfassungsmäßigen Rechten. Sie können mich nicht einfach festhalten und mir verrückte Anschuldigungen ins Gesicht schleudern.«
    »Das ist gar nicht meine Absicht«, sagte Leary. »Ich weiß, daß Sie nicht Edward King aus Minnesota sind. Sie besitzen keine verfassungsmäßigen Rechte, weil Sie kein Amerikaner sind. Sie sind ein russischer Agent, und Sie wissen genau, daß ich es auch weiß.«
    Die Tür ging auf. Alle drehten sich um, auch King. Eine Frau betrat das Büro, ohne ihn anzusehen. Sie ging zu Leary hinüber und raunte ihm etwas ins Ohr. Er wurde kreidebleich und sprang auf. Wie eine Schlange fuhr er auf King los.
    »Also hast du's doch geschafft, du Schweinehund. Während du uns hier hinhältst, hast du es geschafft!« Jetzt sahen alle King an. Er betrachtete nacheinander ihre Gesichter, und sein Blick blieb an dem Mann hängen, der ihm noch vor ein paar Sekunden mit seiner Selbstsicherheit so zugesetzt hatte. Jetzt war King an der Reihe. In seinen Augen blitzte ein Triumph auf, der sich mit Worten nicht beschreiben ließ.
    »Was ist denn los?« fragte er. »Schlechte Nachrichten?«
    Leary bebte. Das viele Koffein ließ seine Nerven schwingen wie eine Violinsaite beim Stakkato. Dicht vor sich hatte er das Gesicht dieses gutaussehenden Mannes mit dem leichten Bartanflug und den hellen Augen unter der slawischen Stirn – er hätte sich selbst ohrfeigen können. Zu spät, er war nicht schnell genug gewesen. Er hatte nicht auf das Datum geachtet, das ihm vom Kalender ins Gesicht sprang. Wenn er King sofort nach seiner Verhaftung durch die Mangel gedreht hätte, wäre der Mord in der St.-Patricks-Kathedrale vielleicht vermeidbar gewesen. In diesem Augenblick haßte er seinen Feind mit einer Leidenschaft, die schon an Mordlust grenzte, aber noch mehr haßte er sich selbst.
    »Sie haben ihn erwischt«, sagte er langsam und schwerfällig. »Mitten in der Messe. Sie Schweinehund!« Er trat plötzlich vor und schlug King die Faust ins

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