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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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einer gelben Lampe standen auf einem Tischchen Flaschen, Eis und drei Gläser. In einem Kühler daneben wartete eine Flasche Champagner. Das Zimmer war warm und duftete nach den frischen Blumen in den Vasen. Ein Mann saß da und wartete auf King. Er hatte sich bereits mit einem großen Dubonnet bedient und las im Paris Match. Wie eine Gloriole hing in dem gelblichen Lampenlicht eine bläuliche Wolke von Gaulloise in der Luft. Er war älter als King, dick und derb, ein Mann mit einem bläulichen Kinn und tiefliegenden Augen, unter denen dunkle Ringe zu sehen waren. Er wirkte wie ein Metzger aus den Markthallen im Sonntagsanzug.
    Sein Name war Drouet. Er war nicht mit diesem Namen zur Welt gekommen, aber den anderen hatte er längst vergessen. Er stand auch nicht auf, als King eintrat, sondern er ließ nur langsam die Zeitung sinken und hob den Kopf. In ganz Europa gab es keinen Menschen, vor dem sich Drouet hätte erheben müssen.
    »Guten Abend«, sagte er mit deutlichem Marseiller Akzent, »besorgen Sie sich etwas zu trinken und kommen Sie zur Sache. Sie hätten sich gestern schon melden sollen.«
    »Ich war müde«, entschuldigte sich King. Er überlegte, ob Drouet etwas von seiner Expedition ins Quartier Lebrun wußte. Er war Drouet schon einige Male begegnet und kannte ihn. Er mochte ihn nicht, diesen vulgären Mann mit den ungehobelten Sitten. Aber auf seinem Gebiet war er hervorragend, und deshalb respektierte ihn King. Er beschloß, so zu beginnen, wie er nach der Besprechung fortzufahren gedachte: Er öffnete zunächst die Champagnerflasche.
    »Los, 'raus damit«, sagte Drouet. »Beginnen Sie mit Ihrer Abreise vom Libanon.«
    »Ich habe den Mann selbst ausgesucht«, berichtete King. »Er wird genau das tun, was wir von ihm verlangen. Er hat vor meinen Augen eine Probe abgelegt – ein Meisterschütze! Ich habe dafür gesorgt, daß ihn Camerons Nichte einschleust, und habe von meinem Kontaktmann in Beirut gehört, daß sie zusammen abgereist sind. Aus New York liegt mir bereits die Nachricht vor, daß sie in der Passagierliste als angekommen gemeldet sind. Alles verläuft planmäßig.«
    »Wo hält sich der Mann jetzt auf?« fragte Drouet.
    »Er wartet in einem Zimmer, das wir für ihn bestellt haben. Sobald ich zurück bin, werde ich mich telefonisch mit ihm in Verbindung setzen.«
    Drouet zündete sich eine Zigarette an. Er hatte einen rauhen Raucherhusten.
    »Auf der anderen Seite läuft auch alles zufriedenstellend. Casey hat Camerons Unterstützung für die Präsidentschaftskandidatur offiziell akzeptiert. Alles müßte vorzüglich klappen.« Er gebrauchte schwierige Worte mit der Sorgfalt des Autodidakten.
    »Dieser Mord wird großes Aufsehen erregen«, sagte King. »Die Öffentlichkeit wird sich mehr aufregen als nach den Attentaten auf John F. Kennedy, Bobby oder Martin Luther King. Bei den religiös denkenden und den rassisch bewußten Wählern wird es einen einzigen Aufschrei der Empörung geben. Diesmal wird sich die Öffentlichkeit nicht mit einem Warren-Bericht abspeisen lassen. Diesmal wird man die Wahrheit fordern – wer und warum und noch einmal warum?«
    »Eine doppelte Frage, und auf beide Fragen werden Sie eine befriedigende Antwort geben.« Drouet hustete trocken. Er haßte aufdringlich-elegante Typen wie diesen Eddi King. Er wußte selbst, daß er als einzigen Vorzug seinen scharfen Verstand vorzuweisen hatte: Er war dick und häßlich und regierte seine Untergebenen durch Angst, während King es mit Charme schaffte. Er ärgerte ihn ganz bewußt.
    »Ich habe meine Aufgabe bisher noch immer erfüllt«, stellte King fest. Er überhörte die Herausforderung. »Oder habe ich Sie jemals enttäuscht?«
    »Bis jetzt noch nicht«, antwortete der Franzose, »aber es gibt überall ein erstes Mal. Haben Sie auch die Spur richtig gelegt? Die Hinweise so angebracht, daß unsere Freunde sie finden können?«
    »Huntley Camerons Nichte hat unseren Mann aus Beirut herübergebracht. Sie wird mich natürlich belasten, aber bis dahin bin ich längst fort. Und Cameron selbst steckt bis hierhin mit drin.« Er hob die flache Hand bis an die Augenbrauen. »Er hat die ganze Operation finanziert. Ich sage Ihnen, alles wird einwandfrei klappen.«
    »Hoffentlich.« Drouet richtete sich in seinem Sessel auf, goß Gin in sein Glas und tat einen Spritzer Dubonnet hinzu. »Ein Liberaler von Caseys Format könnte uns auf dem ganzen nordamerikanischen Kontinent um hundert Jahre zurückwerfen. Und noch etwas: Die kleine

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