Der Meuchelmord
Vergangenheit genau überprüft worden war. Das machte ihm nichts aus; im Gegenteil: Es amüsierte ihn, daß seine Freundinnen listenmäßig erfaßt und zu den Akten gelegt wurden.
»Haben Sie Miß Cameron seit der Trennung damals wiedergesehen?« fragte Leary.
»Ein paarmal – bei anderen Leuten auf Partys.«
»Haben Sie sich freundschaftlich getrennt?«
»Es geht. Ich erklärte ihr, daß ich nicht an eine Ehe dächte, und sie war einverstanden. Es gab dabei keine häßlichen Szenen. Sie ist ein sehr wohlerzogenes Mädchen.«
»Sieht ganz danach aus«, sagte Leary. Es klang nicht wie ein Kompliment.
»Darf ich fragen, worum es hier überhaupt geht? Für einen Vaterschaftsprozeß ist es wohl ein bißchen zu spät.«
Leary lachte. »Sie sind ein Gauner, Pete. Noch steckt nicht viel dahinter, ich wollte mir lediglich ein Bild von diesem Mädchen machen und habe Sie gefragt, weil ich weiß, daß Sie miteinander in Verbindung standen.«
»So könnte man es ausdrücken«, sagte Matthews mit Unschuldsmiene.
»Halten Sie den Schnabel. Hat sie jemals mit Ihnen über Politik gesprochen?«
»Nein, Sir. Sie hatte zwar ein kluges Köpfchen, aber ich habe das Thema nicht angeschnitten. Ich glaube nicht, daß sie eigene Meinungen vertrat.«
»Welche Freunde hatte sie, als Sie damals mit ihr beisammen waren?« fuhr Leary fort. »Leute aus Ihrem Bekanntenkreis? Oder irgendwelche seltsamen Bekannten aus ganz anderen Schichten? Vielleicht Intellektuelle?«
»Nein, ihre Mutter hielt es mit der Kunst und lud ständig irgendwelche Maler und Musiker ein, aber Liz kümmerte sich nicht darum. Ihre Mutter war eine Art Mäzenin. Liz benahm sich genau wie die anderen Mädchen: Sie verkehrte in ihrem eigenen Gesellschaftskreis. Sie war ganz bestimmt keine Linke, falls Sie das meinen. Ein Mädchen mit so viel Geld!«
Leary nahm die Brille ab und schob sie in ein Etui. »Sie treibt sich mit jemandem herum, der uns nicht so recht paßt«, sagte er. »Wissen Sie etwas über Eddi King, den Besitzer der Zeitschrift Future?«
»Er ist ein Intellektueller, ein rechtsradikaler Republikaner. Die Zeitschrift hat einigen Einfluß und befaßt sich hauptsächlich mit Politik. Warum? Ist der Knabe nicht ganz echt?«
»Schon gut«, antwortete Leary, »er gefällt uns nicht. Deshalb interessieren wir uns für Miß Cameron. Glauben Sie, daß die beiden miteinander schlafen?«
»Sehr unwahrscheinlich«, sagte Matthews. »Ich mußte dafür all meinen Charme aufbieten. Vielleicht ist er ein sehr charmanter Mann, aber ich traue es ihr nicht zu. Sie hatte nie etwas für die älteren Semester übrig, und dieser Kerl muß doch weit über Fünfzig sein, nicht wahr? Ich weiß es natürlich nicht, aber ich kann es mir nicht denken.«
»Könnten Sie Miß Cameron einmal besuchen? Glauben Sie, daß sie mit Ihnen sprechen würde?«
»Das weiß ich nicht.« Matthews zögerte. »Aber wenn Sie wollen, kann ich es ja mal versuchen. Instruieren Sie mich.«
»Okay. Horchen Sie die Dame über King aus. Aber brechen Sie sofort ab, wenn Sie merken, daß sie irgendwie engagiert ist. Wenn nicht, soll sie mich einmal besuchen. Ich habe ihr etwas zu zeigen, was sie vielleicht interessieren wird. Aber das lassen Sie bis zuletzt. Stellen Sie zuerst den Kontakt her und erkunden Sie das Terrain.«
»Gut, Mr. Leary. Ich werde sie noch heute morgen anrufen und zum Mittagessen einladen.«
Nachdem Matthews das Büro verlassen hatte, nahm Leary eine Mappe aus der obersten Schublade. Es war ein frisch angelegtes Aktenstück mit einem grünen Aufkleber, der so viel wie ›streng geheim‹ bedeutete. Auf einem kleinen Schildchen stand der Name ›Eddi King‹. Es war noch nicht viel drin. Alles, was Leary bisher über King in Erfahrung bringen konnte, stand auf drei Seiten. Er hatte ziemlich übereilt diese Ermittlungen eingeleitet, und solche Dinge erfordern viel Zeit und Geduld. Er überflog den Bericht noch einmal. King stammte aus Minneapolis. Sein Geburtsdatum wurde mit dem 9. Dezember 1918 angegeben. Er besuchte die Oberschule in Minneapolis und studierte am Wisconsin College. Die Eltern starben Ende 1928, und King erbte als einziges Kind das gesamte Vermögen. Er arbeitete zehn Jahre lang bei einem inzwischen eingegangenen Verlag in New York, ging dann nach Europa und war während des Krieges in Frankreich interniert. 1956 kehrte er in die USA zurück. Er blieb Junggeselle und gründete 1958 die Zeitschrift. Stadtwohnung in New York, Landhaus in Vermont, eng befreundet
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