Der Meuchelmord
gekommen. Was die Heirat betraf, war er ein absoluter Snob.
In das Gewächshaus zog sich Huntley Cameron am liebsten zurück. Er pflegte dabei zu bemerken, daß alte Männer viel Wärme brauchen, aber nur, damit man ihm widersprach. Wenn man hier eintrat, hatte man wirklich das Gefühl, aus dem mittelalterlichen Schloß ohne Umwege in die Tropen zu gelangen. Das Gewächshaus zog sich fast dreißig Meter lang an der einen Seite des Schlosses hin und hatte einen gemütlichen Aufenthaltsraum mit Bar, Sesseln und Tischchen. Diese Ecke war mit Kakteen und Schlinggewächsen dekoriert. Seine kostbaren Orchideen schützte Huntley vor jeder Luftveränderung und vor dem Tabakrauch, indem er sie am entgegengesetzten Ende des Gewächshauses zog. Sie hatten kaum Platz genommen, da erschien ein Diener. Er brachte Champagner für Dallas und Elizabeth, einen Whisky für King und Huntleys Privatkaraffe.
»Schön, daß du wieder da bist«, sagte Huntley zu ihr. Er hatte das Gefühl, als wäre sie hübscher geworden. Es stimmte schon: Das auf die Schultern fallende Haar machte sie jünger. Sie war auch schmaler und durchsichtiger geworden. Und irgend etwas machte sie nervös. Er warf Eddi King einen feindseligen Blick zu, der ihn eigentlich überraschen mußte. Er wußte, daß King seine Nichte attraktiv fand, und nahm es ihm nicht übel, weil es eben seine Nichte war. Ansehen durfte man sie, aber nicht anrühren. King war vielleicht Huntleys Freund, aber er gehörte ganz und gar nicht zu jener kleinen Gruppe, die sich Hoffnungen auf Elizabeth Cameron machen durfte. Wenn sie einmal heiratete – und er hoffte sehnlichst, daß sie sich damit beeilte –, dann sollte es bestimmt nicht ein schlichter Bürger aus dem Mittelstand sein, der noch dazu alt genug war, um ihr Vater sein zu können.
»Ich hab' mir schon überlegt, warum du nicht kommst«, sagte er. »Ich habe dich sehr vermißt. Dallas war auch nicht hier, weil sie sich die Sonne auf den Hintern scheinen ließ. Ich war sehr einsam.«
»Tut mir leid, Onkel«, sagte Elizabeth. »Ich wollte dich immer wieder anrufen, aber ich kam einfach nicht dazu.«
»Armer Schatz«, sagte Dallas. Sie stand auf, trat hinter Camerons Sessel und schlang ihre Arme um ihn. »So ganz allein, ohne uns. Aber jetzt sind wir ja alle hier, mein Schatz, und ich gehe nicht einmal dann weg, wenn du mich fortschickst.«
»Trink aus«, sagte Huntley. Sie kehrte zu ihrem Sessel zurück. Elizabeth wandte sich halb von ihrem Onkel ab.
»Sag mir Bescheid, Dallas, wenn du wieder nach Florida gehst, dann komme ich mal mit. Es kann nicht schaden, wenn Onkel Huntley ab und zu einmal allein ist.«
»Sehen wir uns doch die Orchideen an«, schlug King vor. Er spürte genau die Pfeile, die zwischen Onkel und Nichte hin und her flogen. So gereizt hatte er Elizabeth noch nie erlebt. Ohne es zu wissen, traf sich sein Urteil mit dem Huntleys.
Sie stand auf und ging mit den anderen durch das langgestreckte Gewächshaus. Je mehr sie sich dem heißesten Teil näherten, um so intensiver wurde der Duft. Über ihren Köpfen rankten vielfarbige Blüten. Lilienbeete sandten ihren klebrigen, etwas fauligen Geruch aus, und dann blieb Elizabeth plötzlich stehen. Die drückende Feuchtigkeit öffnete alle Poren.
»Kehren wir um, Eddi, ich halte diesen Geruch nicht aus.«
»Einen Augenblick noch«, sagte King. Sie standen dicht nebeneinander, und Schlinggewächse bildeten ein Dach über ihren Köpfen. Plötzlich erregte sie ihn. Vielleicht lag es an der Hitze, an dem Gefühl des Alleinseins, vielleicht hatte auch Elizabeth etwas an sich, was vorher nie dagewesen war – jedenfalls hätte er sie am liebsten gepackt und sie zwischen die üppig wuchernden Blätter gezogen. Aber er regte sich nicht, er sagte nur leise: »Erzählen Sie mir etwas über diesen Mann. Ich konnte am Telefon nicht viel sagen. War wirklich alles in Ordnung? Hat er Ihnen keine Schwierigkeiten gemacht?«
»Ich habe ihn kaum gesehen«, antwortete Elizabeth. »Wenn er nicht am Fernseher saß, schlief er den ganzen Tag. Er ist mir überhaupt nicht aufgefallen.«
»Ich hab' mir Sorgen gemacht«, murmelte King. »Freiwillig hätte ich Sie nicht einmal zwei Stunden mit ihm allein gelassen. Als Sie mir sagten, was geschehen war, hätte ich mir am liebsten selbst die Gurgel durchgeschnitten. Sie sind mir doch nicht mehr böse, wie?«
»Natürlich nicht.« Sie bemühte sich um einen leichten Ton. »Sie konnten ja nichts dafür. Außerdem war er keine Belastung
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