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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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Farbigen und die Armen auftrat: den Volkskardinal Martino Regazzi. Er sollte am 17. März sterben, und zwar vor den Augen von Millionen amerikanischer Fernsehzuschauer.
    King trat vom Fenster zurück und zündete sich eine Zigarette an. Mit einer raschen Handbewegung zog er den Vorhang halb vor, bis er den Baum nicht mehr sehen konnte.
    Martino Regazzis Bemerkung über den Mann, der nach seinen ersten zwanzig Millionen seine Seele zu retten versuchte, hatte die Runde in den Vereinigten Staaten gemacht. Er war bislang im Wahlkampf neutral geblieben und hatte sich nicht dazu verleiten lassen, für den liberalen katholischen Kandidaten einzutreten. Er brachte Millionen von Wählerstimmen mit, unabhängig von der Konfession. Es war niemals beabsichtigt gewesen, den Attentäter lebend aus der Kathedrale entkommen zu lassen. Dafür hatte King vorgesorgt, längst bevor Huntley Cameron einen entsprechenden Vorschlag machte. Man würde Keller tot auffinden und bei ihm ein paar versteckte Hinweise entdecken, die zusammen mit anderen Indizien auf Cameron deuteten. Das begann schon damit, daß seine Nichte Elizabeth diesen Mann in die Vereinigten Staaten gebracht und sich selbst sowie ihren Onkel unbeabsichtigt noch tiefer in die Sache verwickelt hatte, indem sie ihn in ihrer Wohnung beherbergte.
    Das war der Stachel des Skorpions, der Patrick Casey kampfunfähig und ihn genauso wirkungsvoll ausschalten würde wie eine Kugel: Sein mächtigster Befürworter würde als der Mann entlarvt werden, der hinter Regazzis Ermordung stand. Wer sollte dann noch beweisen, daß Casey keinen Anteil an der Beseitigung des einzigen Mannes in Amerika hatte, der mächtig genug war, ihm die Präsidentschaft zu rauben? – Wenn er das tat, was viele erwarteten, nämlich wenn er die Republikaner in letzter Minute unterstützte.
    Der Tod Martino Regazzis mußte Amerika schockieren und die ganze westliche Welt abstoßen. Eine Verbindung zwischen Patrick Casey und dem Mann, der die Schuld an diesem Mord trug, würde Caseys politische Karriere im Grab des Kardinals versinken lassen. Und diesmal würde niemand versuchen, die Schuld den Kommunisten zuzuschieben.
    Nach Caseys Entmachtung würde die ganze Nation in Panik und Verzweiflung John Jackson ins Weiße Haus holen.
    Das war für King das letzte Wochenende in Freemont. Er stand zum letztenmal hier in diesem Zimmer, das ihm in all den Jahren immer Unterkunft war. Es war auch das Ende der langen fünfzehn Jahre im Exil. Endlich konnte er heimkehren. Den herrlichen Schreibsekretär hatte er für seine neue Wohnung in Moskau erstanden.
    Er drückte seine Zigarette in einem Metallaschenbecher aus, dem einzigen modernen Gerät in diesem herrlichen Schlafzimmer aus dem sechzehnten Jahrhundert, das einem venezianischen Prinzen gehört hatte. Dann ging er zu Huntley Cameron und seiner Nichte hinunter.
    Elizabeth hatte den Eindruck, daß King sie aufmerksamer musterte als sonst. In seinem Blick lag eine Frage, die sie noch nie beobachtet hatte. Sie gab ihrem Onkel einen flüchtigen Kuß, reichte King die Hand und gab sich Mühe, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Irgend etwas an Ihnen ist verändert«, sagte King plötzlich. »Stimmt das nicht, Huntley? Jetzt weiß ich's: Die Frisur ist es.«
    Elizabeth stimmte in sein Lachen mit ein und fühlte, wie ein Teil ihrer Spannung von ihr wich. Das also war der Grund, warum er sie so aufmerksam angesehen hatte. Einem Mann wie ihm mußte die veränderte Frisur auffallen. In den ersten Minuten dieses Zusammentreffens hatte sie das Gefühl, als stünde ihr der Name Leary wie ein Brandmal auf der Stirn geschrieben.
    »Es steht ihr wirklich gut«, bemerkte Dallas, die wie immer nach einer freundlichen, verbindlichen Bemerkung suchte.
    »Gehen wir hinüber ins Gewächshaus. Ich möchte mir eine neue Züchtung ansehen.« Huntley ging hinaus, gefolgt von Elizabeth, King und Dallas. Dallas gab sich wie immer Mühe, das genau Richtige zu sagen. Aber wahrscheinlich sind es die Nerven, dachte Elizabeth. Ich bin selbst in einer ganz normalen Situation überempfindlich. Ihr wurde plötzlich bewußt, wie unwürdig Dallas Jayces Stellung hier war, und sie war wütend auf ihren Onkel. Kein Mensch hatte das Recht, einen anderen so zu unterdrücken und ihm so viel an eigener Persönlichkeit zu rauben. Er hatte gar nicht die Absicht, das arme Mädchen zu heiraten. Das wußten alle – bis auf Dallas selbst. Alle Frauen Huntleys waren aus den obersten Schichten der Gesellschaft

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