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Der Meuchelmord

Titel: Der Meuchelmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Evelyn
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für mich. Ich sagte Ihnen ja, daß ich ihn kaum zu sehen bekam. Er war immer mit sich selbst beschäftigt.«
    Genau das hatte sich King auch gesagt, seit er wußte, daß Keller bei ihr geblieben war. Keller hatte nicht mit ihr gesprochen. Als Profi kannte er die Spielregeln. Kings Lächeln drückte seine Erleichterung aus, und dann kam er, solange noch Gelegenheit dazu war, zum zweitwichtigsten Thema.
    »Elizabeth, Sie müssen mir etwas versprechen, es ist sehr wichtig.«
    »Und was wäre das?« Sie streckte die Hand aus und betastete die leuchtendgelben Blütenblätter einer südamerikanischen Orchidee. Wenn Huntley gesehen hätte, wie sie an der zarten Blüte herumdrückte, hätte er ihr bestimmt das Haus verboten. Aber sie befahl sich, ruhig zu bleiben, ganz ruhig, und die aufsteigende Angst zu unterdrücken; Angst vor diesem Mann, nicht vor seinen Worten, sondern auch vor den verlangenden Blicken, die sie genau spürte.
    »Was soll ich Ihnen versprechen, Eddi?«
    »Sie dürfen nie erwähnen, daß Sie irgend etwas mit der Reise dieses Mannes in die Vereinigten Staaten zu tun hatten«, sagte King. »Ich habe Sie um Ihre Hilfe gebeten, weil ich glaubte, ich würde es ohne Sie nicht schaffen. Huntley weißt nichts davon, daß Sie damit zu tun hatten. Wenn er erführe, daß ich Sie auch nur unfreiwillig mit hineingezogen habe, würde er mich zusammenschlagen. Sie kennen ihn doch, Elizabeth.«
    »Ja, ich kenne ihn«, murmelte sie. »Er ist ebenso mächtig wie rücksichtslos. Wenn Sie ihn ärgern, Eddi, wird er Sie vernichten. Meine Mutter sagte immer schon, daß es gefährlich ist, ihn zum Freund zu haben, weil leicht ein Feind daraus werden könnte. Schön, wenn ich Ihnen verspreche, daß er nichts davon erfahren soll, müssen Sie mir etwas sagen.«
    »Bitte«, antwortete King. Er war auf die Frage vorbereitet. Er war überhaupt immer auf alles vorbereitet.
    »Wer ist dieser Mann, und was macht er hier?«
    »Er wird als Zeuge gebraucht«, erwiderte King. »Als Zeuge in einem der größten Unternehmen, das Ihr Onkel jemals gegen die verbrecherischen Elemente in den Vereinigten Staaten eingeleitet hat. Deshalb mußte er heimlich hergeschafft werden: unter Ihrem Schutz; damit die Leute, die es angeht, nichts ahnten. Deshalb bin ich Ihnen so dankbar, daß Sie den Mann versteckt haben. Sein Leben wäre nämlich keinen roten Heller wert, wenn sie wüßten, daß er hier ist und wer dahintersteckt.«
    »Soll das heißen, daß mein Onkel es wieder auf die Maffia abgesehen hat?«
    Er nickte. »Genau: Rauschgift, Prostitution, Glücksspiele, Racketts. Und die Korruption in der Regierung. Tut mir leid, meine Liebe, ich hätte Sie darauf aufmerksam machen müssen, wie gefährlich die Sache ist, aber ich hatte einfach Angst, daß Sie dann einen Rückzieher machen würden. Viele Frauen hätten das an Ihrer Stelle getan.«
    »Dann ist er also eine Art Gangster«, sagte Elizabeth. »Ein Galgenvogel, der singen soll – oder wie man das im Kino ausdrückt.«
    »Das stimmt«, bestätigte King. »Er ist gut dafür bezahlt. Ist damit ihre Frage beantwortet? Versprechen Sie mir nun, Huntley niemals wissen zu lassen, daß Sie etwas damit zu tun haben?«
    »Das muß ich wohl, nicht wahr?« Zu seiner Überraschung lachte sie auf. Für eine Sekunde hatte sie eine große Ähnlichkeit mit Huntley Cameron. Doch dasselbe Blut! dachte King. Trotz der vornehmen Mutter und der gründlichen Erziehung waren dieses Mädchen und der alte Mann aus demselben Holz geschnitzt.
    »Ich kann mir genau vorstellen, was Huntley sich für Sie einfallen ließe, wenn er erführe, daß Sie mich in so etwas mit hineingezogen haben. Ich weiß zwar nicht, was er machen würde, aber keine Sorge: Ich sag' ihm nichts. Sie können sich darauf verlassen.«
    Er griff nach ihrer Hand. Für einen Augenblick spürte sie seine Lippen dicht über ihrem Handrücken und zog mit einem Ruck ihren Arm zurück.
    »Hier drin wird mir schlecht«, murmelte sie. »Ich muß 'raus.«
    Die Zurückweisung schien ihm nichts auszumachen. Höflich und lächelnd trat er beiseite, ließ sie vorbei und folgte ihr dann ganz langsam zurück zum Sitzplatz und zu ihrem Onkel.
    Elizabeth wußte vom ersten Augenblick an, daß King ihr in dem Gewächshaus einen Bären aufgebunden hatte, was Keller betraf. Das war schon bei den ersten Worten klar. Maffia, Rauschgift, Prostitution, Korruption in Regierungskreisen; das ging ihm ganz glatt über die Lippen, ein Klischee nach dem anderen, eine Lüge nach der

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