Der Meuchelmord
Gebrabbel – war er dahintergekommen, daß sie sich mit Huntley verbündet hatte, und mußte nun befürchten, daß sie in den Mordplan eingeweiht war. Er wollte sie daher zu seinem eigenen Schutz töten. Huntley wurde ihm als Komplize nicht gefährlich. Aber King hatte befürchtet, daß Elizabeth etwas sagen könnte. Er hatte gefürchtet, daß sie sowohl ihn als auch ihren eigenen Onkel verraten würde.
Deshalb also hatte er die Telefonleitung durchschnitten und sich am Morgen zum Swimmingpool geschlichen. Huntley fragte sich, wie ihm wohl zumute sein würde, wenn er erfuhr, daß er die Falsche getötet hatte. Er mußte jetzt zweierlei tun: erstens Elizabeth ausfindig machen und sie in den Schutz von Schloß Freemont zurückholen; zweitens eine Möglichkeit überlegen, wie er mit seinem lieben Freund Eddi King abrechnen konnte. Das zumindest war er Dallas schuldig.
Am Sonntag gleicht New York einer Stadt, in der die Pest ausgebrochen ist. Auf den Straßen herrscht beinahe kein Verkehr. Das Fehlen menschlicher und technischer Geräusche war beinahe unheimlich. Elizabeth lehnte sich in dem Taxi zurück und betrachtete die verlassenen Straßen und Bürgersteige. Es war ein kühler, wolkenverhangener Morgen. Bei der Abfahrt in Freemont hatte noch für kurze Zeit die Sonne geschienen, aber jetzt drohte wieder ein feuchter, unfreundlicher Märztag. Sie hatte vergessen, daß ihr Wagen noch in Freemont stand. Deshalb rief sie sofort nach der Ankunft in ihrer Wohnung ein Taxi an und überzeugte sich davon, daß der Zettel mit Kellers Adresse noch in ihrer Handtasche lag. Zehn Minuten, nachdem Peter Matthews weggefahren war, stand sie wieder am Straßenrand. Sie mußte zu Keller. Learys Leute waren ihm dicht auf der Spur. Das bewies Petes Frage, ob sie allein oder in Begleitung nach Amerika zurückgekehrt sei.
Hinzu kamen die beiden Morde in Beirut, die Erdrosselung der jungen Araberin Souha. So etwas konnte kein Zufall sein: das Geld und der verschwundene europäische Freund. Sie hatte sofort gewußt, daß es sich um Kellers Gefährtin handeln mußte.
»Sagen Sie, kennen Sie jemanden, der einen blauen Chevrolet fährt?« fragte der Fahrer. Glücklicherweise hielt er ansonsten den Mund. Sie war heilfroh, nicht einen von diesen redseligen Typen erwischt zu haben, die sich während der ganzen Fahrt mit ihren Kunden unterhalten müssen.
»Nein, eigentlich nicht. Warum?«
Der Fahrer sah sie über die Schulter an. Er hatte ein breites, düsteres Gesicht und ein stachliges Kinn.
»Weil uns ein blauer Chevy nachfährt«, sagte er. »Er war schon vorhin da, als ich Sie abholte.«
»Sind Sie ganz sicher, daß er uns verfolgt?«
»Na klar. Sehen Sie, wir haben doch so gut wie keinen Verkehr. Ich will keinen Ärger haben, steigen Sie lieber aus.«
»Nein, bitte nicht«, sagte Elizabeth rasch. »Hier sind zehn Dollar. Fahren Sie einfach weiter.« Sie drehte sich um und sah, wie der andere Wagen hinter ihnen gerade um eine Ecke bog. Wie dumm, daß sie nicht daran gedacht hatte. Natürlich ließ Matthews sie beschatten. Um ein Haar hätte sie genau das getan, was er von ihr erwartete: ihm den Weg zu Keller gezeigt. Plötzlich zitterte sie vor Wut. Er hatte sie bewußt an der Nase herumgeführt. In seinem neuen Beruf war er genauso unaufrichtig wie damals als Liebhaber.
»Lassen Sie mich an der Lexington Avenue aussteigen«, bat sie.
»Okay.«
Der Fahrer des Chevrolet folgte dem Taxi mit einer gleichbleibenden Geschwindigkeit von fünfzig Stundenkilometern und behielt es stets im Auge. Als das Taxi an einer Ampel halten mußte, lag es sechs Autos vor dem Verfolger. Elizabeth warf einen Blick durch das Rückfenster. Der Chevrolet war in der Autoschlange nicht mehr zu sehen. Ohne ein Wort zu dem Fahrer öffnete sie ihre Tür, bückte sich ein wenig und lief hinüber zum Bürgersteig. Dann blieb sie stehen und betrachtete ein Schaufenster, bis der Verkehr wieder weiterfloß und sie im Spiegelbild der Glasscheibe sehen konnte, daß der Chevrolet immer noch hinter dem Taxi herfuhr.
Sie nahm ihren Seidenschal ab und band ihn über das Haar. Es hatte ein wenig zu nieseln begonnen. Sie ging weiter und suchte nach einem freien Taxi. Es regnete bald stärker, und die Tropfen schlugen ihr ins Gesicht. Kein Taxi war zu sehen. Der Verkehr wurde dichter und staute sich vor jeder Kreuzung. Scheibenwischer surrten. Elizabeth marschierte langsam an der Bordsteinkante entlang. Sie hatte schon die Lexington Avenue erreicht und war durchnäßt,
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