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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Wahl blieb, als zu López-Cuervo II zu eilen und mit ihm zu reden. Die Aussicht, dass ich womöglich diese beiden Mädchen einstellte, bereitete ihm Panik. Was der Priester am meisten fürchtete, war, dass die Trini erzählen könnte, was für ein schlechter Liebhaber er sei, denn dann stand nicht nur sein Ruf als Priester, sondern auch als Mann auf dem Spiel, also musste er in den sauren Apfel beißen und López-Cuervo II bremsen.
    »Erzähl mir keinen Mist, Alzamora, Huren sind Huren, und die müssen für die Männer da sein«, beharrte López-Cuervo II.
    Der Pfaffe war zwar ganz seiner Meinung, erwiderte jedoch: »Sag so was nicht, zunächst einmal sind es Frauen.«
    »Nein, Alzamora, nein. Sie müssen ihren Dienst an der Gesellschaft tun. Sie schlafen mit jedem, der sie dafür bezahlt. Ich verstehe nicht, warum sie sich auf einmal so zieren! Das muss wohl diese Trinidad sein, die, seit sie mit deinem Priesterrock ins Bett geht, fromm geworden ist, diese Närrin!«
    Der Bibelverdreher wurde weiß wie die Wand und wäre ob dieser Antwort beinahe in Ohnmacht gefallen, doch dann schluckte er die Kröte tapfer und schlug einen neuen Weg ein.
    »Vergiss nicht, dass Maria Magdalena auch eine Hure war, und bedenke, wie Jesus sich für sie einsetzte«, führte er ins Feld. Er blickte López-Cuervo II fest an und zogdann sein As aus dem Ärmel. »Das Gleiche könnten wir auch von der Chola, der Ela oder der Cufina sagen, und mal sehen, was deine Frau davon hält, dass du nichts für diese Mädchen tust, die dich so viel gelehrt haben …«
    Nun war es López-Cuervo II, dem die Argumente ausgingen, weshalb er schließlich versprach, die Angelegenheit zu regeln. Obwohl die Militärverwaltung noch nicht auf sein Telegramm reagiert habe, wolle er die Sache persönlich in die Hand nehmen und den wilden Kerlen den Besuch im Arche Noah untersagen. Niemand weiß, wie es ihm gelang, dass man die Infanteristen an einen anderen Ort versetzte, bei dem es sich offensichtlich um Copiapó handelte. Der Sohn des Satans war ein listiger Taktierer, das hatte er von seinem Vater geerbt. Jedenfalls öffneten wir noch am selben Abend wieder die Tore des Arche Noah . Und erneut fuhren die Karren über die Brasil-Brücke, in ihrem Gefolge ein Haufen lärmender Jungs, die scharf darauf waren, die Berge bluten zu lassen, um sich ein paar Münzen zu verdienen, oder sich zur Weinlese ins Tal begaben. Es wurde getanzt und Staub aufgewirbelt vor lauter Luftsprüngen, und die Musik der Becken, Trommeln und Trompeten brachte alles in Aufruhr.
    Ich spüre immer noch den Taumel jener Tage. Ich erinnerte mich plötzlich daran, wie ich die Tita als kleines Kind auf meinen Karren geladen hatte. Sie hielt an einer Schnur ihren Papierdrachen, der zum Himmel aufstieg, während sie bei jedem Hüpfer unseres primitiven Gefährts laut auflachte. Ich sah die Jahrmarktszelte vor mir,dachte an die Verkäufer, die ihre Waren mit unverhofftem Geschrei anpriesen, hatte den stechenden Geruch des Ziegendungs und den frischen Duft der Blumen in der Nase. Die Papierdrachen vollführten am Himmel in bunten Farben Kunststücke – es sind die kleinen Dinge des Lebens, die uns binden oder zerstreuen, wie der Wecker, den ich so lange in einem Lederranzen aufbewahrt habe, bis er in Sofanors Händen landete. So ist es wohl, Benito, mein geliebter Enkel, nie weiß man, warum die einen Erinnerungen andere nach sich ziehen, und das so oft gegen unseren Willen, denn lieber würden wir uns nicht an all die Toten unter der Salpetererde erinnern, an all die heulenden Geister in der Wüstenlandschaft. Für mich ist inzwischen alles ein Durcheinander und Neuanfang, denn wenngleich es nicht so erscheinen mag, fällt es mir bisweilen schwer, den Faden nicht zu verlieren.
    Es tauchten immer mehr Kumpel und Frauen in den benachbarten Straßen auf, um zu tanzen. Nicht nur die Bewohner von Paitanás hatten den Verstand verloren, Benito, sondern, wie es scheint, die gesamte Menschheit. Es war, als hätte die Sonne aufgehört, mit ihren spitzen Dornen zu stechen, und wir fühlten uns kriegerischer denn je. Ich war zufrieden, denn nun würde wieder Normalität einkehren. Im Arche spielte das Grammophon wieder Musik ab, und die Trini ging aufgekratzter denn je ihrer Arbeit nach.
    Doch dann sah ich durch den Zigarettendunst eines Kumpels, der auf die Theke gestützt dasaß und Rauchwolkenausstieß wie eine Lokomotive, die Tita das Lokal betreten. Ich erschrak bei dem Gedanken, dass sie vielleicht

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