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Der mieseste aller Krieger - Roman

Der mieseste aller Krieger - Roman

Titel: Der mieseste aller Krieger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Ojerosa frustriert in der Pension zurück. Während des ehelichen Zusammenlebens bemühte sich die Ojerosa, den Italiener zu bessern, und erwartete ihn nach jeder Vorstellung, aber es kostete sie viel Mühe. In nüchternem Zustand war er unleidlich und verprügelte sie mehr als einmal. War er betrunken, keifte die Ojerosa ihn an, er komme bestimmt vom Arche , und bezog am Ende auch dafür wieder Prügel. Schon wenige Monate nach derHochzeit wusste sie, dass dieser Mann ihr Verderben sein würde. Es ärgerte die Ojerosa, wenn sie im Atacameño las, die Männer hätten am Vorabend gespielt wie die Söhne des Apoll. Die Zeitung hob hervor, die Kapelle habe die Melodien von Giacomo Meyerbeer in reinsten Tönen wiedergegeben. Als der Vorhang aufgegangen sei, hätten sie die Nationalhymne angestimmt, diese Komposition von Garnicer, die eine Eingebung des Himmels gewesen sein müsse, um die Entstehung des neuen Vaterlandes auf Erden zu feiern, ach. Dergleichen Ärgernisse und viele mehr standen da geschrieben. So groß war der Hass der Ojerosa, dass sie an dem Tag, als sie schwanger wurde, mithilfe eines Kräutergemischs abtrieb, das die Lorenzona ihr vom Amazonas mitgebracht hatte. In einem kleinen Dorf wie Paitanás spricht sich alles herum, Benito. Als der Vater der Ojerosa starb, erfuhr Paolo, dass die Familie seiner Frau mehr Geld zusammengespart hatte, als er sich je hätte träumen lassen. Er begann, sich Anzüge und Hemden aus teuren, erlesenen Stoffen zu besorgen, handbemalte Seidenschals und vor allem Unmengen von alkoholischen Getränken. So wie die Ojerosa sich nie einen Bräutigam hatte auswählen können, war es Paolo nie gelungen, die Liebe eines Mädchens für sich zu gewinnen. Das erzählten sich die Musiker. Der Italiener hatte pechschwarzes, aber hässlich gewelltes Haar, eine olivfarbene Haut und schlaffe Züge, die durch die weitgehende Ausdruckslosigkeit seines Gesichts noch betont wurden. Er war ein ziemliches Nichts, aber im Vergleich zur Ojerosagewann er. Flor erzählte mir, sie ertrage ihn nur, weil er sie geheiratet habe, und weil sie keine Chance sehe, dass ein anderer es je mit ihr aushalten würde.
    Eines Tages brach Paolo mit dem Orchester für eine dreißigtägige Reise durch die Pampa auf, die Musiker begleiteten einen Soldatentrupp. Sie waren von mehreren Dörfern unter Vertrag genommen worden, um die lokalen Feste aufzupeppen, doch dann löste sich Paolo Lembos Musikgruppe plötzlich auf. Manche sagten, man habe ihnen das Gehalt gestrichen, weshalb die Musiker gezwungen seien, sich andere Orchester zu suchen. Jedenfalls lief eines Morgens ein Zug in Paitanás ein und brachte in einem der Waggons den toten Paolo Lembo heim. Ein Junge lief los, um der Ojerosa im Chanchoquín die Nachricht zu überbringen.
    »Mit was für einem Größenwahn wird er mir wohl diesmal kommen«, sagte die Ojerosa, als sie erfuhr, dass er mit einem Konvoi eingetroffen sei.
    »Nein, Señora, Ihr Mann ist tot«, verkündete der Junge atemlos.
    Die Ojerosa band sich die Schürze ab. Dann rannte sie los, um zu sehen, ob die Nachricht stimmte. Als sie vor dem Leichnam stand, soll sie ihn, wie es heißt, mit Fausthieben traktiert haben, so wie er es immer mit ihr getan hatte.
    »Wach auf, du Mistkerl!«, schrie sie. »Lass die Sauferei und wach endlich auf!«
    Das Gesicht und der Nacken des Toten waren rot undfaltig wie die Haut um die Augen der Aasgeier. Man munkelte, im Waggon habe man sich um die Habseligkeiten des Verblichenen gezankt, weshalb die Ojerosa ihn ohne seine Goldzähne, ohne sein Jackett und ohne Schuhe zurückbekommen habe. Ihr Lebtag weigerte sie sich, Witwentrauer zu tragen. Nie kleidete sie sich schwarz. Ganz im Gegenteil. Seit Paolos Tod verbrachte sie mehr Stunden vor dem Spiegel denn je. Damals fing sie an, sich mehrmals am Tag zu schminken. Die Leute sagten, die schwere Alkoholvergiftung sei vorhersehbar gewesen, und jetzt müsse sie wenigstens nicht mehr die blauen Flecken in ihrem Gesicht kaschieren. Obwohl wir zur Hochzeit nicht eingeladen waren, vergaß Flor allen Groll und erschien im Chanchoquín , um ihr ihre Zuneigung anzubieten und die alte Freundschaft wiederaufleben zu lassen. Doch zum Dank wurde ihr mit der wütenden Aufforderung, sich zum Teufel zu scheren, die Tür vor der Nase zugeschlagen. Die Ojerosa ertrug es nicht, dass Flor ihr trotz aller Gerüchte, die sie hinter ihrem Rücken in Paitanás über sie verbreitet hatte, nicht gram war.
    Der Italiener wurde auf dem Friedhof in

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