DER MILLIONÄR AUS MIAMI
beneidet?“
„Manchmal“, gab Nicole zu und musste daran denken, dass Tabitha Joel zur Welt gebracht hatte. Damals hatte sie sich sehnlich gewünscht, selbst schwanger zu werden. „Auf der anderen Seite schien es mir immer harte Arbeit zu sein, so ein Partyleben zu führen. Aber manchen Leuten liegt es wohl im Blut. Ihnen auch?“
Rafe zog eine Augenbraue hoch. „Nein, eigentlich nicht.“
Nicole wusste nicht, was sie erwidern sollte, und nach kurzem, unangenehmem Schweigen wechselte Rafe zu ihrer Erleichterung das Thema. „Ihre Mutter lebt in Frankreich, oder?“
„Wissen Sie das auch von Ihrem Privatdetektiv?“
Er lächelte unverfroren.
Schnell erwiderte sie: „Ja, sie lebt mit einem jüngeren Mann zusammen in Frankreich – vom Geld meines Vaters.“
„Sehen Sie sie manchmal?“
„Nur selten. Sie ist voll und ganz damit beschäftigt, alles nachzuholen, was sie in den Jahren mit meinem Vater verpasst hat.“
„Sehen Sie ihn denn häufiger?“
„Wir stehen uns nicht sonderlich nahe“, gab sie zu und wich Rafes neugierigem Blick aus. Dieser Teil ihres Lebens ging einen Fremden nun wirklich nichts an. „Ich sehe ihn nur alle paar Monate.“
„Sicherlich war er begeistert, dass er nun endlich einen Erben für sein Imperium hat! Eigentlich müsste sein Enkelsohn doch sein ganzer Stolz sein.“
„Vermutlich haben Sie recht. Mein Vater wollte immer einen Sohn haben. Aber … Sagen wir, dass er und ich sehr unterschiedliche Prioritäten haben. In den letzten Jahren hat er den internationalen Markt erobert, deswegen ist er so gut wie nie in der Stadt.“ Nach Tabithas Tod hatte ihr Vater die Vormundschaft für Joel bekommen wollen. Nicoles zweitbestes Gegenargument war gewesen, dass er nicht genug Zeit hatte, um sich um seinen Enkel zu kümmern. Ihr bestes Argument hatte alte Wunden aufgerissen und das Verhältnis zwischen ihrem Vater und ihr nachhaltig gestört.
„Aber wer unterstützt Sie denn mit Joel?“
Diese Wende des Gesprächs missfiel Nicole. „Ich habe eine Cousine, die gerade ein Baby bekommen hat. Wir stehen uns sehr nahe, und sie ist immer für mich da. Aber den Großteil der elterlichen Verantwortung trage ich allein. Ich habe einen tollen Kindergarten gefunden, und meine Arbeitszeiten sind so flexibel, dass ich immer für Joel da sein kann, wenn er mich braucht.“
„Eine wahre Superheldin“, murmelte Rafe.
„Ach, was“, erwiderte Nicole. „Ich versuche einfach nur, eine gute Ersatzmutter zu sein.“
„Ersatzmutter? Er nennt Sie Mom!“
Bei seinen Worten verspürte sie einen Stich. „Anfangs ist das schwer für mich gewesen, aber dann habe ich begriffen, dass Joel jemanden braucht, den er als Mutter betrachten kann. Und dieser Jemand bin ich.“
„Was wollen Sie sonst noch über mich wissen?“, fragte Rafe.
Nicole lachte auf. „Einfach alles eben! Wie stehen Sie beispielsweise zu körperlicher Züchtigung?“
Rafe sah sie verständnislos an.
„Kindern den Hintern versohlen“, erklärte sie.
„Oh. Ich habe als Kind selbst das eine oder andere Mal eine Tracht Prügel abbekommen, aber ich bin absolut überzeugt davon, dass das keine Lösung ist. Ich meine, es muss doch andere Möglichkeiten geben! Hausarrest, Wii-Verbot, solche Dinge. Wie stehen Sie selbst denn dazu?“
Erstaunt, dass er die Gegenfrage stellte, antwortete Nicole: „Ich sehe das genauso wie Sie, und mit Joel funktioniert das ganz hervorragend. Für Probleme habe ich ein Belohnungssystem eingeführt. Er bekommt Sternchen.“
„Sternchen …“ Rafe schien plötzlich in seinen Erinnerungen gefangen zu sein. „Ich habe damals Sternchen bekommen, wenn ich ein Buch gelesen oder aufgeräumt habe. Oder wenn ich Klassenbester war.“
„Waren Sie oft Klassenbester?“, fragte sie nach.
„Nicht sonderlich oft.“ Er lächelte. „Ich war eher der Footballtyp.“
„Ah, eine von den Sportskanonen“, rutschte es ihr heraus.
„Und Sie waren bestimmt eine Streberin“, entgegnete er. „Eine ziemlich heiße Streberin allerdings.“
„Einfach nur eine Streberin“, erwiderte sie nüchtern.
„Bestimmt hätten Sie einen Football spielenden Unterschichtentypen wir mich keines Blickes gewürdigt“, fügte er herausfordernd hinzu.
Nicole war eher der Ansicht, dass sie ihn aus der Ferne angehimmelt hätte, aber das wollte sie ihm lieber nicht verraten. „Ich weiß nicht. Ich war immer neidisch auf Leute mit sportlichem Talent.“
Sein raues Lachen ging ihr durch und durch. „Ich würde
Weitere Kostenlose Bücher